Montag, 9. September 2013

Die Abfallentsorgung im antiken Rom


Das antike Rom als "übelriechenden Schweinestall" zu bezeichnen, mag etwas überzogen erscheinen, doch völlig falsch ist der Vergleich nicht. Aquädukte hin, Kanalsystem her, größere Teile des täglich anfallenden Unrats landeten unweigerlich auf der Straße. Viele Römer verspürten beispielsweise einfach keine Lust, ihren Nachttopf an den dafür vorgesehen Plätzen zu entleeren; lieber schüttete man den Inhalt aus Bequemlichkeit in eine dunkle Ecke oder aus dem Fenster (Juvenal, Satiren III). Der Jurist Papinian erwähnt in einem ähnlichen Zusammenhang sogar Aufseher (astynomoi), die darauf achteten sollten, dass kein Müll auf die Straße geworfen wird (Digesten 43,10).
Ob es in Rom so etwas wie eine offizielle Müllabfuhr gab, ist ungewiss. Höchstwahrscheinlich dürften jedoch städtische Beamte wie die Aedilen  bzw. die Viermännerkomission für Straßenbelange (quattuorviri viis in urbe purgandis, später quattuorviri viis viarum curandarum) zumindest die Entfernung des gröbsten Abfalls organisiert haben (Plautus, Stichus 2.2).
In der lex Iulia municipalis werden vom in Rom geltenden Tagfahrverbot ausgenommene Fuhrwerke erwähnt, die der Müllbeseitigung dienten: "plostra stercoris exportandi caussa" (CIL I 593). Überliefert wurde uns die betreffende stadtrömische Regelung auf einer in Heraclea gefundenen Bronzetafel (ca 80-45 v. Chr.). Unklar ist hierbei allerdings, ob die beschriebenen Wägen jeglichen Müll abtransportierten, oder nur Exkremente.
Desweiteren ist davon die Rede, dass die Anrainer für die Reinhaltung des vor ihrem Haus befindlichen Straßenabschnittes verantwortlich waren (Digesten 43,10). Wohin diese den Müll entsorgten, ist recht einfach zu erraten: In die Kanalisation, deren Tunnel direkt zum Tiber führten. Viele dürften ihren Abfall auch direkt in den Fluss gekippt haben.
Im Falle eines Hochwassers, wurde die übelriechende Pampe freilich wieder in das Abwassersystem zurückgespült und anschließend an die Oberfläche gedrückt. Der Autor John Maddox Roberts schildert solch ein Ereignis in seinem Roman "Die Rache der Flussgötter" (SPQR 8) überaus anschaulich; vermutlich in Anlehnung an einen Bericht des Plinius (Naturalis Historia 36,105).

Die Überreste der omnipräsenten Gebrauchskeramik nehmen im Rahmen der stadtrömischen Müllentsorgung eine gewisse Sonderstellung ein, wie der Monte Testaccio (monte = Berg, testa = Scherbe) zeigt. Der bis zu 45 Meter hohe Hügel, besteht aus den Scherben von rund 50 Millionen Keramikgefäßen, welche an dieser antiken Müllkippe im Laufe von 300 Jahren abgeladen wurden. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Amphoren und ähnliche Behälter, die vornehmlich importierte Massenware wie z.B. Öl, Getreide oder Wein enthielten.
In den Provinzen wurde mit ausrangierter Keramik ähnlich verfahren wie in Rom. So beträgt etwa das Volumen jenes Schutthügels, der sich in der Nähe des Legionslagers Vindonissa (Schweiz) auftürmt, rund 50 000 Kubikmeter.

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Weiterführende Literatur:


4 Kommentare:

  1. Wow, das ist mal ein toller Artikel - sogar mit entsprechenden Literaturangaben bei antiken Autoren :D

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    1. War auch dementsprechend zeitaufwändig; alleine das Überprüfen der Primärquellen ist ein Graus. Ich wills mir deshalb auch nicht zur ständigen Gewohnheit machen, da ich sonst zu überhaupt nichts mehr komme ;)

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  2. Kommentar zu Müll-Beitrag:
    Aus archäologischer Sicht ist interessant, dass stark verschmutzte Böden und Wege mitunter einfach mit einer frischen Schicht Kies bedeckt wurden. Die alten Römer waren eben sehr praktisch veranlagt
    :-D

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    1. So verfahren manche auch heute noch ;)


      PS:Diesmal ist dein Kommentar unter dem richtigen Blogbeitrag gelandet (das letzte Mal lag es unter anderem an den Capchas, denke ich)

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