Donnerstag, 12. September 2013

Die Reliquie für unterwegs - das Kapselreliquiar bzw. die Amulettkapsel

Im Mittelalter waren Reliquien für gläubige Christen von großer Bedeutung. Meist wurden diese von verstorbenen Heiligen stammenden Überbleibsel in Schreinen bzw. Kästen aufbewahrt - jedoch nicht ausschließlich.
So finden sich beispielsweise in etlichen frühmittelalterlichen Frauengräbern der Oberschicht sogenannte Kapselreliquiare bzw. Amulettkapseln (Bild). Diese verschließbaren Behälter wurden meist um den Hals getragen - manchmal auch am Gürtel - und waren von rundlich-kugelförmiger oder zylindrischer Gestalt. Sie enthielten unter anderem Knochensplitter, Stoffreste oder bei Heiligengräbern eingesammelte Erde. Darüber hinaus fanden Archäologen allerdings auch Mineralien, Heilpflanzen und Pergamentstücke mit kurzen Texten. Hierbei handelt es sich demnach nicht immer um klassische Reliquien, sondern zum Teil auch um Talismane, deren Wurzeln eher im Heidentum zu verorten sein dürften. Ein Umstand, der wenig verwundert, denn bereits die Behälter (capsaebullae) an sich, sind nicht rein christlich-frühmittelalterlichen Ursprungs, sondern reichen in ihrer Tradition bis weit in die Antike zurück (Bild).
Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die Amulettkapseln im Frühmittelalter bei Franken, Alamannen und Angelsachsen. Und es war auch ein Angelsachse, nämlich der berühmte Beda Venerabilis, der in seiner "Kirchengeschichte des Englischen Volkes" auf solch ein Behälter Bezug nimmt. So soll im 5. Jh. der Bischof Germanus von Auxerre in Britannien ein blindes Mädchen geheilt haben, indem er "eine Kapsel mit Heiligenreliquien, die um seinen Hals geschlungen war", verwendete; weiters ist davon die Rede, dass Königin Osthryda von Mercien in einer kleinen Kapsel Erde aufbewahrte, die einst mit Waschwasser des Hl. Oswald in Berührung gekommen war (^^).
Die heute noch erhaltenen Kapselreliquiare stammen vor allem aus dem 7. Jahrhundert; einer Zeit, in der Grabbeigaben vielerorts noch in keinem Widerspruch zum christlichen Glauben standen.


2 Kommentare:

  1. Diese Kapseln gab es glaube auch noch im späten Mittelalter, wenn ich mich nicht irre?

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    1. Ich denke du irrst nicht. Mir ist der Gebrauch solcher Kapseln sogar noch aus dem 17. Jahrhundert bekannt. Wobei man in dieser Zeit wohl besonders gerne Gewürze darin aufbewahrte, deren intensiver Geruch vor Krankheiten wie der Pest schützen sollte (von der man ja meinte, sie würde sich über die Luft ausbreiten).

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