Donnerstag, 13. Februar 2014

Ein kleiner Denkfehler bei Schwertrekonstuktionen?


Wer heute die exakte Rekonstruktion eines vorgeschichtlichen oder frühmittelalterlichen Schwertes in Auftrag gibt, wird bemerken, dass die auf archäologischen Funden beruhenden Vorlagen häufig einen relativ kurzen Griff (Heft) aufweisen. Das Fassen mit der Hand, geschweige denn die Handhabung im (Schau-)Kampf, stellt bei solchen Nachbauten deshalb zum Teil eine gewisse Herausforderung dar; vor allem, wenn man Handschuhe trägt - ein "Accessoire", dass zumindest in der kalten Jahreszeit auch früher nicht unüblich gewesen sein dürfte; zumindest aber wird man sich wohl Teile der Hände mit Stoffstreifen umwickelt haben.
Interessanterweise wird bezüglich der bescheidenen Länge der Griffe gerne so argumentiert, dass diese vermutlich auf der einstigen Kampfweise fußt. Soll heißen, ein Teil der Hand ruhte ursprünglich absichtlich auf dem Knauf bzw. ragte über das eigentliche Griffstück hinaus (eine gewagte Behauptung, denn bezüglich der alten Schwertkampftechniken weiß man kaum etwas). 
Viel wahrscheinlicher erscheint mir in vielen Fällen jedoch, dass der vorgeschichtliche Mensch mit seinen kleineren Händen (er war ja auch insgesamt von deutlich kleinerem Wuchs) sehr wohl in der Lage war den Griff ganz zu fassen und nur wir, die wir heute um einiges größer sind, mit den ursprünglichen Maßen Probleme haben. Dies würde aber bedeuten, dass moderne Rekonstruktionen bezüglich ihrer Abmessungen grundsätzlich angepasst werden müssen. Und zwar nicht nur der Griff, sondern freilich auch die Klinge. So mag z.B. ein Gladius mit einer Klingenlänge von 60 cm gut zu einem knapp 1,60 Meter großen Römer gepasst haben; für einen rund 20 cm größeren Menschen der Gegenwart trifft dies allerdings kaum noch zu. Dass sich bereits in vorgeschichtlicher Zeit die Länge der Schwerter an der Körpergröße (Armlänge) ihrer Besitzer orientierte, sieht man übrigens an jenen Funden, die vom Durchschnitt mitunter deutlich abweichen und auf einen für die damalige Verhältnisse außergewöhnlich großen Besitzer schließen lassen.


Literaturtipps:


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