Freitag, 9. Januar 2015

Krimskrams am Freitag: Das Limeskastell Pohl | Näharbeiten | Verschleudert Wikimedia Spendengelder? | Buchbesprechungen





Buchbesprechungen

Das Weihnachtsfest hat mir ein paar interessante Bücher beschert, die hier im kommenden Monat vorgestellt werden. Mit Nero bin ich fast fertig, Paulys bzw. Metzlers Historischer Atlas der antiken Welt wird nebenbei durchstöbert und Karfunkelstein und Seide ist in ca. einer Woche dran. Notiz am Rande: Der Atlas passt in keines meiner Bücherregale *grummel*
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Das authentische(!?) Limeskastell Pohl

Das Wiesbadener Tagblatt schreibt in einem aktuellen Artikel:
"Das Limeskastell Pohl ist ein nach heutigem Forschungsstand authentischer Nachbau eines Kleinkastells mit Wachturm."
In Wirklichkeit handelt es sich beim sogenannten Limeskastell Pohl um eine ahistorische Attrappe (Blogbeitrag, Impressionen). Von authentisch, im Sinne einer wissenschaftlich seriösen Definition, kann überhaupt keine Rede sein, da bei der Errichtung im großen Stil moderne Baumaterialien und -Methoden zum Einsatz kamen.
Es ist daher durchaus ärgerlich, wenn ein Journalist (aus Recherchefaulheit?) hier frech das Gegenteil behauptet. Andererseits steht auch bei Wikipedia - des Journalisten liebste Informationsquelle - nur äußerst vage, das Kastell Pohl sei...
 "als spekulative Rekonstruktion auf Grundlage der Befundpläne"
... errichtet worden.
Der Arglose kann hier ohne weiteres zu dem falschen Schluss kommen, es handele sich um ein zumindest halbwegs detailgetreues Bauwerk, wie man es von experimentalarchäologischen Projekten her kennt. 
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Verschleudert Wikimedia Spendengelder?

Bedauerlicherweise ist mir im vergangenen Dezember nachfolgender Blog-Beitrag von Wikiwatch unter den Tisch gefallen. Es geht darin um den fragwürdigen Umgang von Wikimedia Deutschland mit Spendengeldern: Klick mich
Ich persönlich würde für diesen Verein ohnehin nichts spenden - auch nicht für das österreichische Gegenstück, da hier einige "Projekte" finanziell unterstützt" werden, die meiner Einschätzung nach wenig bis keinen direkten Nutzen für das beliebte Online-Lexikon erbringen. Besser wäre es, die Verantwortlichen von Wikimedia würden sich dazu aufraffen, die gesamte Benutzeroberfläche von der IT-Steinzeit in die Gegenwart zu transferieren. Das bisher Geleistete empfinden nämlich nicht wenige Autoren als unbefriedigend.
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Eine Thorsberghose reicht wohl doch nicht

Aus aktuellem Anlass kam ich zu der Erkenntnis, dass im Winter - neben meiner wollenen Thorsberghose - auch eine zusätzliche Variante aus Leinen recht praktisch sein könnte - und zwar als Unterwäsche.
Obwohl ich im Sommer kaum den Ottonen mime, so wäre eine solche Leinenhose auch für diese Jahreszeit nicht völlig verkehrt. Freilich, in diesem Fall würde sie nicht zusätzlich zur wollenen getragen werden, sondern stattdessen.

Es müsste gegebenenfalls noch eine geschickte Schneiderin ausfindig gemacht werden, die sich mit solchen Kleidungsstücken auskennt, denn gerade bei der passenden Anfertigung von Hosen scheint es verhältnismäßig oft zu knirschen. Die Hose als handwerkliche Königsdisziplin, sozusagen.
Ein Vorteil ist jedenfalls, dass ich mich bei den Maßen einfach an der alten Wollhose orientieren kann, die, nachdem sie einst korrigiert wurde, halbwegs gut sitzt. Vom Hosenbund abgesehen, der bei der leinen Ausführung ruhig enger sein darf, da ich 2014 rund 13 kg abgenommen habe (wer hätte gedacht, dass täglich 2 Stunden Sport so viel bewirken können...)
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Gezuckerte Wolle

Für eine kleine Näharbeit benötigte ich einfädiges Garn - das ich allerdings nicht besitze und mir auch nicht extra kaufen wollte. Also wurde von mir kurzerhand ein Gobelin-Stickgarn (Schurwolle), das aus vier einzelnen Fäden besteht, aufgedröselt.
Leider zerfaserten und rissen diese Fäden beim Nähen ziemlich leicht. Was also damit tun? Nun, ich betupfte sie mit Zuckerwasser und verzwirbelte sie zwischen Daumen und Zeigefinger. Danach waren sie spürbar belastbarer. Allerdings funktioniert diese Methode nur mit relativ kurzen Exemplaren (20 cm), da der getrocknete Zucker im Laufe des Nähvorgangs - also bei jedem Durchziehen des Fadens durch den Stoff - nach und nach wieder herausbröselt.
Ich hoffe, die Textil-Fachfrauen (und -Männer) sind nach dieser Geschichte nicht alle geschockt und schreiend aus dem Raum gelaufen, aber ich habe mir leider wirklich nicht anders zu helfen gewusst ;)



15 Kommentare:

  1. Die einzelnen Fäden waren vermutlich sehr locker gedreht, deshalb sind sie zerfasert. Oft hilft es, den Faden einfach etwas zu filzen, also das Garn einfach anfeuchten und mit Druck zwischen den Händen rollen, bis es wieder trocken ist.

    - Exilwikingerin -

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    1. Nur mit Wasser habe ich es noch nicht probiert (lediglich mit ein wenig Spucke), Werde das auch einmal ausprobieren.

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    2. Du kannst auch Spucke nehmen, aber bei einem langen Faden brauchst Du ziemlich viel davon. Der Filzeffekt entsteht durch Wärme, Feuchtigkeit, Reibung und Druck. Dann verhaken sich die kleinen Schuppen an der Außenseite der Haare ineinander. Aber Achtung, manche Garne sind so aufbereitet, daß sie nicht mehr filzen.

      - Exilwikingerin -

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    3. Du kannst auch während des Nähens immer wieder der Faden drehen. Je stärker der Drall ist , desto besser hält sich das Einfachgarn auch . Ich mache das auch immer mit meinem Wollzwirn, denn auch der zeigt beim Arbeiten immer wieder Auflösungstendenzen .
      Eventuell funktioniert auch etwas Lanolin oder Hautcreme anstatt der Spucke.

      Die Handwerkerin

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    4. Hautcreme zu verwende ist ein sehr interessanter Vorschlag und auf jeden Fall einen Versuch wert!

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  2. Bezüglich des Limeskastells Pohl würde mich schon sehr interessieren, ob hinter dem irreführenden Bewerben als "authentisch" nur die regionalen Touristiker stecken oder auch Geschichtswissenschaftler (respektive Archäologen) mit ihrem Namen dafür gerade stehen
    P.T.

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    1. Freilich, denn ohne wissenschaftliche Beratung hätte selbst dieser seltsame Bau nicht errichtet werden können.
      Im Vorstand sitzt dann auch ein gewisser Jens Dolata, der als "archäologischer Kurator" fungiert.

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  3. Die Frage ist doch was mit "autentisch" gemeint ist..... Ich glaube hier wird nicht der Bau mit gemeint sein, da dieser ja mit Mitteln unsere Zeit errichte wurde, ich glaube viel mehr hier geht es wie auch bei der Saalburg, nur um das Optische "autentische" darstellen des Kastells.

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    1. Genau, es sieht (aus der Ferne) so aus als ob. Daher meine Charakterisierung als "Attrappe".
      Wenn so etwas aber bereits als "authentisch" durchgeht, dann gilt das auch für einen Mittelaltermarktbesucher in maschinengenähter Polyester-Tunika, die nach einem archäologischen Fund zugeschnitten wurde.
      Mir persönlich bereitet so eine Interpretation schon gehörige Bauchschmerzen.

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    2. Mein Tunika ist zwar maschinengenäht aber nicht aus Polyester :-)
      Ich finde dass das Kastell zeigen kann wie es vor 2000 Jahren ausgesehen haben kann, sicher müsste man ggf. Daraufhinweisen dass das Erscheinungsbild "autentisch" ist.

      Nun mal kurz eine Lanze für die MAMler brechen von denen ich auch einer bin, nicht jeder MAMler läuft im Fantasie Gewand rum, ich habe erst vor 6 Monaten Kontakt mit dem MAM bekommen, habe mein Gewand erst im Dez. Zusammengestellt nach dem nicht deine und andere Seiten wie die des ffc von oben bis unten durchgelesen habe.
      Ich glaube ich komme mit meinen zusammenen gekauften Gewand dich an die Zeit 1050-1100 heran.
      Mir ist aber klar das dass nicht LH ist, da nicht selbst gebastelt nach autentischen Vorlagen.

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    3. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Nichts gegen Mittelaltermarkt-Hobbyisten, denn die wissen ohnehin, dass sie nicht als authentisch durchgehen und behaupten es ehrlicherweise auch nicht. Aber genau hierin liegt dann auch der gravierende Unterschied zu Pohl.

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  4. Da stimme ich dir zu, würde ich auch nicht machen.
    Sicher wenn ich gefragt werde, würde ich schon erklären, das der Schnitt der Hose aus dem Frühmittelalter stamt, aber der Farbton nicht, gleiches Trift auf die Tunika zu.
    Aber wer weis, ggf. Bin ich in ein paar Jahren ja schon "authentischer" :-)

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  5. Es gibt leider nur sehr wenige Freilichtmuseen, die sozusagen maximal authentisch sind, aber das Pohler Kastell, mit seiner Stahlbrücke und den Unmengen an Stahlbeton befindet sich sicher im untersten Bereich der Qualitätsskale. Solche Projekte werden leider zumeist unter touristischen Gesichtspunkten geplant und gebaut, nicht unter wissenschaftlichen. Wenn man sich durch die Fotos von den Bauarbeiten klickt, fragt man sich schon, was für Zeug man rauchen muss, um so etwas als authentisch zu bezeichen ;-)
    http://www.limeskastell-pohl.de/new/index.php?option=com_content&task=view&id=122&Itemid=160
    http://www.limeskastell-pohl.de/new/index.php?option=com_limes_gallery&image_id=1426&content_id=123&gallery_id=35&content_link_id=161&Itemid=161
    Meiner persönlichen Ansicht nach werden beim Limeskastell Pohl absichtlich falsche Erwartungshaltungen erzeugt. Das gehört sich nicht, für ein seriöses Freilichtmuseum.

    Beste Grüße,
    Dietmar Schulte

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  6. Wie schade, das niemand sich die Mühe gemacht hat mal ein Interview mit Dr. Dolata, oder Bürgermeister Steffen aus Pohl zu führen, und hier zu veröffentlichen, um über die Hintergründe und die Aufgaben des Limeskastell In Pohl zu berichten. Aber wen interessieren schon Fakten, wenn man mit herablassenden Formulierungen nörgeln kann?

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    1. Ich lehne historische Gebäuderekonstruktionen aus modernen Baumaterialien grundsätzlich ab. Ein Interview mit den Verantwortlichen hätte meine Meinung bezüglich dieses Baus demnach allerhöchstens peripher geändert.
      Man kann immer alles wolkig begründen (Kosten, didaktisches Konzept, usw.), aber das was hinten rauskommt, wirkt dadurch nicht zwingend ansprechender.

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