Sonntag, 13. März 2016

Schöpfer, Schale, Ösfass und Handschaufel: Hölzerne Objekte aus der Wikingersiedlung Haithabu und einige Überlegungen zu Funktionsweise bzw. Verwendungszweck

Holz war im Frühmittelalter - und somit auch zur Zeit der Wikinger - einer der bedeutendsten Rohstoffe. Die Forschung geht davon aus, dass beispielsweise hölzernes Geschirr mindestens ebenso weit verbreitet war wie keramisches. Lediglich aufgrund der leichten Vergänglichkeit von Holz überwiege Keramik im archäologischen Fundgut, heißt es. Und doch haben sich an einigen wenigen Plätzen, wo der Boden sehr feucht ist, ausnahmsweise besonders viele Holzgegenstände erhalten; so etwa in der wiederentdeckten Wikingersiedlung Haithabu / Hedeby (Busdorf, Schleswig-Holstein).
Meine nachfolgenden Skizzen sollen einen Überblick über diverse interessante Schöpfgefäße bzw. Schaufeln geben, deren photographische Vorlagen ich in dem Buch Spurensuche Haithabu entdeckte. Aufgrund der dort angegebenen Maßstäbe war es mir möglich, die Abmessungen der Funde ungefähr (!) wiederzugeben. 
Zu den verwendeten Holzarten liegen hier - bis auf eine Ausnahme - leider keine Informationen vor, allerdings zeigen viele andere Beispiele, wie etwa die Funde des alamannischen Gräberfeldes von Oberflacht, dass wohl vor allem Laubhölzer für Geschirr und ähnliche Objekte herangezogen wurden.

(Für alle folgenden Abbildungen gilt: Keine Rechte vorbehalten, ausgenommen die Nennung der Quelle: HILTIBOLD.Blogspot.com)


1. Schöpfgefäß zum Trinken und/oder Portionieren: Aufgrund der abgewinkelten Handhabe wird vermutet, dass es nicht abgestellt, sondern aufgehängt wurde. Wie die meisten anderen Holzgefäße wurde es nicht (von einem Profi) gedrechselt, sondern geschnitzt - was darauf hindeuten könnte, dass man Holzgeschirr häufig in Eigenregie bzw. im eigenen Haushalt herstellte. | Zum hochauflösenden Bild



2. Trinkschale mit Griff: Auffällig ist hier der erhöhte Schalenrand oberhalb des Griffs. Hakte man möglicherweise an ihm den Daumen ein, während die restlichen vier Finger den Griff umklammerten? Natürlich wäre es möglich, den Daumen auch ohne diesen Fortsatz einzuhacken, allerdings würde er dann eher in den (eventuell heißen) Inhalt der Schale getaucht werden. | Zum hochauflösenden Bild



3. Ösfass mit durchbrochenem Griff: Dieser Begriff bezeichnet kein typisches Fass, sondern eine Art Schöpf-Schaufel, mit der eventuell Feuer gelöscht, vor allem aber gelenzt wurde; soll heißen, noch nicht allzu hoch stehendes Wasser wurde damit aus einem Schiffsrumpf geschöpft. Der Durchbrochene Griff schafft nicht nur Stabilität, sondern schützt hierbei auch die Handknöchel. Für das Abschöpfen von bereits hoch stehendem Wasser eignen sich Pützen (Eimer) besser. | Zum hochauflösenden Bild


4. Ösfass mit aufgestecktem Griff: Im Vergleich zur vorangegangenen Variante wurde dieses Ösfass nicht aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt, sondern besitzt einein aufgesteckten Griff. Ösfässern stark ähnelnde Schöpf-Schaufeln wurden übrigens auch abseits der Schifffahrt verwendet, so etwa zum Entnehmen von Getreide. | Zum hochauflösenden Bild



5. Kleine Handschaufel: Über den Verwendungszweck einer solchen kurzstieligen Schaufel kann nur spekuliert werde. Eventuell wurde sie für spezielle Gartenarbeiten oder in beengten Verhältnissen, etwa beim Graben einer Erdhöhle oder eines Brunnens, eingesetzt. Auf jeden Fall dürfte der Besitzer bei der Arbeit gekniet haben. Gefertigt wurde das Objekt aus beständigem Eichenholz. | Zum hochauflösenden Bild



Weiterführende Literatur:


3 Kommentare:

  1. Hallo,

    ein vollgelaufenes Boot mit einem Össfass leer zubekommen, dauert einfach zu lange.

    https://www.flickr.com/photos/kai-erik/3733599734/

    Dann doch lieber mit einem Eimer, geht schneller. :-)

    https://www.flickr.com/photos/kai-erik/3746892092/in/album-72157621154953443/

    Grüße aus dem Norden,

    Kai-Erik

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    1. Da hat es wohl zu viel geregnet?
      Der Eimer ist hier aber in der Tat sinnvoller gewesen :)

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  2. Ja, gelegentlich regnet das hier oben im Norden ordentlich. Aber das Boot war unsinkbar. ;-) Liegt nun wohl für immer auf dem Land. :-(

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