Sonntag, 8. Januar 2017

Buch: Aquädukte - Wasser für Roms Städte

Wenn man die Frage stellt, was für das Alte Rom besonders charakteristisch ist, dann lautet fast immer eine der Antworten: Aquädukte.
Überraschend ist das nicht, denn die römischen Bauwerke zum Transport von Wasser zählen nicht nur zu den technischen Meisterleistungen der Antike, sondern haben auch vielerorts die Jahrtausende überdauert und werden teilweise sogar heute noch genutzt.

Im Buch Aquädukte - Wasser für Roms Städte (Regionalia Verlag) erläutert der Archäologe Klaus Grewe sehr detailliert sämtliche Aspekte der römischen Wasserversorgung bzw. des Wasserleitungsbaus. So war man beispielsweise bereits bei der Wahl des anzuzapfenden Wasservokommens überaus pingelig und zog dementsprechend Quellwasser dem Wasser aus Flüssen vor. Ja man ging sogar soweit, gemauerte Wasserleitungen an der Außenseite zu verputzen, um das Eindringen von Fremdwasser zu verhindern. Gleichzeitig wurden aber auch ausgeklügelte "Sickergalerien" betrieben, in denen man das Einsickern von Grundwasser gezielt zur Wassergewinnung nutzte.
Weiters erläutert Klaus Grewe, wie die Leitungstrassen geplant wurden und mit welchen Hilfsmitteln man die Vermessung vornahm; erstaunlicherweise schaften es nämlich die antiken Baumeister Leitungen mit einem Gefälle von 0,14 Promille zu realisieren - das sind 14 cm Höhenunterschied auf einer Länge von einem Kilometer! Selbst mit den heutigen technischen Mitteln ist das Erreichen einer solchen Genauigkeit kein leichtes Unterfangen. Ähnliches gilt für den von den Römern in Holzverschalungen gegossenen/gestampften Beton (opus caementitium); dieser lässt sich bezüglich seiner Druckfestigkeit sogar mit den Methoden und Materialien des 21. Jahrhunderts kaum übertreffen.
Auch auf die Baustellenorganisation wird ein genauer Blick geworfen. Dabei zeigt der Autor auf, dass römische Wasserleitungen häufig in mehrere Baulose aufgeteilt waren. Das bedeutet, verschiedene Bautrupps begann an unterschiedlichen Stellen gleichzeitig mit der Arbeit, was zwar einerseits den für die Errichtung nötigen Zeitraum drastisch verkürzte, andererseits aber auch eine äußerst präzises Arbeiten voraussetzte, damit die einzelnen Teilabschnitte z.B. bezüglich des Gefälles perfekt aufeinander abgestimmt waren (was oft, aber nicht immer gelang).

Man könnte die Liste der im Buch behandelten Aspekte des römischen Aquäduktbaus noch lange fortführen, denn der auf dieses Thema seit vielen Jahren spezialisierte Autor Klaus Grewe hat hier außerordentlich viele Informationen zusammengetragen. Mitunter überforderte/ermüdete mich dieser Detailreichtum aber offen gestanden. Außerdem wäre es sinnvoll gewesen, Fachbegriffe nicht nur sporadisch, sondern immer zu erläutern. Da diese Publikation sicher eine relativ breite Leserschaft ansprechen soll, sind derlei Auslassungen nicht ganz nachvollziehbar. Die Bebilderung mit Grafiken und Fotos wiederum ist außerordentlich reichhaltig und erleichtert das Verständnis der Texte doch sehr. Einziger kleiner Kritikpunkt hierbei: Vereinzelt sind die Fotos etwas grobkörnig oder unscharf, was speziell bei den großen ausklappbaren Panoramaaufnahmen auffällt.

Fazit:  Aquädukte - Wasser für Roms Städte ist eine im Großen und Ganzen durchaus gelungene Monographie. Für knapp 30 Euro erhält der Leser rund 400 dicht mit Informationen vollgepackte Seiten.

PS: Auf das Buch stieß ich durch einen interessanten Zufall; der Autor Klaus Grewe sitzt nämlich im Wissenschaftsbeirat des von mir so innig geliebten Campus Galli :)


Inhaltsverzeichnis (gekürzt):

Glossar
Vowort

Teil A: Aquäduktbau als Zeugnis großartiger römischer Ingenieurkunst
  1. Über Baumeister und Bauherren und den Schutz der Aquädukte
  2. Die Planungsprinzipien der römischen Ingenieure
  3. Die Vermessungsgeräte der römischen Ingenieure
  4. Die Einteilung der Baulose und die Gefälleabsteckung
  5. Die Wassergewinnung
  6. Gefälleleitungen - Rinnen und Rohre
  7. Aquäduktbrücken
  8. Tunnelbautenb
  9. Druckleitungsstrecken
10. Kleinbauwerke
11. Die Wassernutzung und Abwasser
12. Wasserkraftnutzung
13. Beispiele römischer Wasserleitungen
14. Die Nutzung römischer Wasserleitungen in nachrömischer Zeit

Teil B: Die Eifelwasserleitung - Aquädukt für das römische Köln und Steinbruch für die romanischen Bauten
  1. Der Römerkanal - Aquädukt für das römische Köln
  2. Der Römerkanal - Steinbruch des Mittelalters
  3. Die Translozierung des Römerknals in unserer Zeit

Literaturverzeichnis
Aquäduktmarmorkatalog (Fundorte in alphabetischer Reihenfolge)

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Weiterführende Informationen:

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3 Kommentare:

  1. Grewe ist ein sehr kompetenter Mann. Ich frage mich, wie ausgerechnet er im Beirat des Campus Galli gelandet ist ....
    QX

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    1. Er wird vermutlich den pompöse Ankündigungen des Projektinitiators auf den Leim gegangen sein, wie so viele andere Menschen auch. Meine Wendigkeit eingeschlossen.

      @ Hilti: Frage zum Buch: Liegt der Schwerpunkt auf den Provinzen nördlich der Alpen?

      L. Cassius

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    2. Nein, die angeführten Beispiele stammen aus allen möglichen Ecken des Reichs.

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