Mittwoch, 19. April 2017

Krimskrams: "Intellektuelle Prostituierte"

"Intellektuelle Prostituierte"

Jemand hat meinen Blogbeitrag über das Medienmärchen Campus Galli gelesen und gemeint, ich täusche mich darin in einem Punkt: Die Massenmedien wurden nicht erst in den letzten Jahrzehnten schlechter, sondern waren schon immer für die Tonne. So sprach laut Leser der einstige Chefredakteur der New York Times - John Swinton - bereits 1880 die folgenden bemerkenswert offenen Worte:

"Bis zum heutigen Tag gibt es so etwas wie eine unabhängige Presse in der Weltgeschichte nicht. Ich werde jede Woche dafür bezahlt, meine ehrliche Meinung aus der Zeitung, bei der ich angestellt bin, herauszuhalten. Wenn ich meine ehrliche Meinung in einer Ausgabe meiner Zeitung veröffentlichen würde, wäre ich meine Stellung innerhalb von 24 Stunden los. Es ist das Geschäft des Journalismus, die Wahrheit zu zerstören, unumwunden zu lügen, zu pervertieren, zu verleumden, die Füße des Mammons zu lecken und das Land zu verkaufen für Ihr täglich' Brot. Wir sind die Werkzeuge und Vasallen der reichen Männer hinter der Szene. Wir sind intellektuelle Prostituierte..."

In unserer Gegenwart sind die meisten Journalisten nicht einmal mehr intellektuell - und schon gar nicht intelligent -, sondern vor allem Schwätzer, die sich vornehmlich aus den Laberfächern rekrutieren. 
Es heißt oft überspitzt: Wer nichts wird, der wird Wirt. Mittlerweile könnte man auch sagen: Wer nichts kann, der macht "irgendwas mit Medien". ^^

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9 Kommentare:

  1. Das ist ganz richtig, doch darf man nicht außer Acht lassen, dass es zu Swintons Zeiten zumindest in Deutschland eine größere ideologische Bandbreite an Zeitungen gegeben hat. Es hatte doch jedes Milieu, jede Partei, eine oder mehrere, auf ihre Anhängerschaft zugeschnittene Zeitungen. Das änderte sich radikal mit der Diktatur Adolf Hitlers. Auch die Lizenzierungspolitik der Besatzungsmächte nach dem Krieg war nicht geeignet, die frühere Bandbreite wiederherzustellen. Man lese nur bei Schrenck-Notzing, welche haarsträubenden, von Psychologen aufgestellten Kriterien die Amerikaner bei der Lizenzvergabe kannten: Da musste alles Persönliche angegeben werden, wobei ein Negativ-Kriterium war, wenn der Kandidat ein unproblematisches Verhältnis zu seinem Vater hatte! Im Gegenzug kamen solche zum Zug, die in irgendeiner Weise mit ihren Eltern verkracht waren. Im Ergebnis erwuchs daraus eine linksliberalistische Presse. Wandlungen der amerikanischen Innenpolitik hatten dann freilich Korrekturen zur Folge, und der Lizenzzwang wurde 1949 aufgehoben. Trotzdem waren die ersten Lizenzträger von 1945/1946 oft genug so etabliert, dass sie gerade im Bereich der regionalen Zeitungen als Platzhirsche geradezu ein Monopol besaßen, ganz im Gegensatz zur Zeitungslandschaft vor 1933.
    Leser

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  2. http://katehon.com/de/article/john-swintons-luegenpresse-die-wahre-geschichte-eines-zitats

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  3. Wir haben unsere Zeitung, den Südkurier, schon vor vier Jahren abbestellt. Das Blatt hat sich zu einer reinen Zumutung entwickelt. Die ständige Katzbuckelei vor bestimmten Parteien und Politikern war unübersehbar. Außerdem hat man den veröffentlichten Leserbrief eines Bekannten so zusammengekürzt, dass dieser völlig sinnentstellt und die ursprüngliche Kernaussage fast ins komplette Gegenteil verkehrt war. Erst nachdem mit dem Anwalt gedroht wurde, hat der SK das Schreiben vollständig und richtig veröffentlicht. Das digitale Abo der Zeit, das mein Mann sich vor ein paar Jahren zugelegt hat, wird auch nicht weiter verlängert. Deren heuchlerisches Trommeln für Internetzensur wollen wir nicht mit unserem sauer verdienten Geld unterstützen. Alleine die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Stasi-Spitzel Anetta Kahane verdeutlicht, dass die Zeit bestenfalls als Unterlage für den Hamsterkäfig taugt.

    Grüßle,
    Maria

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    1. Ich konnte mich einmal mit dem Chef einer regionalen Tageszeitung unterhalten. Leserbriefe sind dort immer Chefsache, während die Angestellten das übrige Geschäft erledigen. Durch die Auswahl und Gewichtung der Leserbriefe wird wesentliche Meinungsarbeit geleistet, da naturgemäß die Stimme Vieler die Leserschaft stärker interessiert als die unverhüllte Meinung der Redaktion. Namentliche Leserbriefe stoßen auf lebhaftes Interesse - das ist eine allgemeine Erfahrung. Und psychologische Studien haben Ergeben, dass eine Meinung, die (scheinbar) von Vielen vorgetragen wird, eine größere Überzeugungskraft hat, als die von Einzelnen.
      Selbstredend muss am Ende immer die (wenn auch verhüllte) Meinung der Redaktion überzeugen. Dazu dient nicht nur die Auswahl, sondern auch das Kürzen. Ein Weiteres weiß ich aus eigener Erfahrung: Bei Leserbriefschlachten ist auch entscheidend, wer das letzte Wort hat, und das bestimmt die Redaktion. Sie entscheidet, wann das Schlusswort gesprochen wird.
      Dergleichen Gebaren gab es natürlich schon immer, sogar die "Lügenpresse", mehr noch die "Lückenpresse". Was aber seit einigen Jahrzehnten auffällt ist die einseitige Ausrichtung der Presse (im politisch-ideologischen Sinn), anstelle der früheren breiterern Auffächerung ohne Monopol einer einzigen regionalen Tageszeitung. Und selbst wo es zwei Tageszeitungen gibt - Stuttgarter Nachrichten und Stuttgarter Zeitung, die erstere rechts, die andere links - haben diese beiden Zeitungen den selben Eigentümer!
      Leser

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    2. Dass Leserbriefe Chefsache sind, kann ich auch von einer anderen Zeitung bestätigen.
      Viele Herausgeber und Chefredakteure haben es außerdem nie ganz verkraftet, dass die Kommentarmöglichkeit unter Artikeln im Internet diese traditionelle Gatekeeper-Funktion umging. Deshalb werden Kommentarspalten seit ein paar Jahren zu Tode moderiert oder gleich ganz geschlossen. Das rächt sich aber mit wegbrechenden Klickzahlen und als Folge daraus auch mit wegbrechenden Werbeeinnahmen. Sie schafft sich gerade selbst ab, die vierte Gewalt!

      Grüßle,
      Maria

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  4. Hiltibold, meine Erfahrungen mit Journalisten sind auch nicht so gut. Z.B. war einmal bei einer Veranstaltung des Freilichtmuseums "Villa Borg" die Frage an mich, was für einen Römer ich darstelle. Darauf ich: Ich bin kein Römer, sondern ein Germane. Geschrieben hat man dann in der Zeitung unter einem Foto von mir trotzdem, ich wäre ein Römer-Darsteller!
    Ich verlange nicht, dass Journalisten einen Römer von einem Germanen unterscheiden können (obwohl das nicht so schwer ist). Aber dass die nicht einmal das richtig wiedergeben können, was ich in ihr Mikro reingesprochen habe?????
    Ein anderes Mal war ich im RGZM in Mainz. Mehrere Medienvertreter waren auch dort, sogar Fernsehen. Plötzlich hält mir so ein junges Ding ein Mikro ins Gesicht und fragt, ob ich auch ein germanischer Krieger bin (die konnte zumindest Römer von Germanen unterscheiden). Ich sage darauf, ja, ich bin als Krieger hier, aber normalerweise stelle ich einen Schmied dar. Darauf fragt sie mich ein bisschen übers Schmieden aus und ich erzähle ihr, dass ich immer wieder mal auf Museumsveranstaltungen bin, weil ich gerne die Menschen über den Alltag unserer Vorfahren informieren möchte. Im Fernsehbericht hat das Mädel dann daraus gemacht, ich wäre in meiner Freizeit auf Mittelaltermärkten unterwegs, um die Menschen zu unterhalten!
    Ich gebe Journalisten auf Veranstaltungen keine Interviews mehr, sondern verweise die höflich auf andere Darsteller.

    Der Wanderschmied

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    1. Ähnliche Erfahrubngen musste ich auch schon machen.
      Manchmal habe ich den Eindruck, man schickt die unerfahrensten Journalisten, weil für viele Chefredakteure Living History kein ernstzunehmendes Thema ist und wir sowieso nur kostümierte Spinner sind.

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    2. Also meine Erfahrungen als Darstellerin sind nicht so negativ. Bisher hat man in den wesentlichen Punkten meine Aussagen immer zutreffend wiedergegeben. Ich stimme aber zu, dass das Thema Lebendige Geschichte teilweise noch immer nicht so ganz ernst genommen wird. Das sehe ich an Formulierungen wie "spielen Ritter und Burgfräulein".
      Liegen wird das auch an den vielen Mittelaltermärkten. Deretwegen verschwimmen in der Wahrnehmung der Medien die Grenzen zwischen gut fundierter Darstellung und reinen Spaßveranstaltungen.

      Guinevere

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    3. 9 von 10 Journalisten können einen "Living-Historian" nicht von einem Gromi unterscheiden. Das ist in den letzten 20 Jahren, in denen ich dabei bin, nicht besser geworden.

      Was kann man dagegen machen? Nicht viel mehr als es ihnen immer wieder erklären, erklären und nochmals erklären. Und schlussendlich hoffen, dass sie es verstanden haben und mit gebotener Sorgfalt berichten.

      Ich muss aber gleichzeitig kritisieren, dass unter den Darstellern nicht wenige dabei sind, denen es am nötigen Wissen fehlt, um kompetent Auskunft zu geben. Was ich als Gast auf Veranstaltungen selbst schon erzählt bekommen habe... da rollt es mir heute noch die Zehennägel auf!

      Grüße vom Alpenwikinger

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