Donnerstag, 8. Juni 2017

Krimskrams: Die faszinierende Prioritätensetzung à la Campus Galli -- Archäologe als Sozialversicherungsbetrüger -- usw.

Prioritätensetzung à la Campus Galli: Die Mauer für den Obstgarten geht vor!

Beim quasi im Frühmittelalter angesiedelten Klosterbauprojekt Campus Galli wird gerne der Eindruck erweckt, man würde sich sehr an den historischen Fakten orientieren. Geradezu gebetsmühlenartig weisen deshalb die Verantwortlichen darauf hin, dass Mönche, die im 9. Jahrhundert ein neues Kloster gründeten, zuerst rasch eine kleine provisorische Kirche errichteten, bevor sie für sich selbst feste Wohnquartiere bauten. Und genau aufgrund dieses Sachverhaltes (für den freilich die Quellenlage eher dünn ist) handhabe man es auch beim Campus Galli so. 

Nach mehreren Jahren (von wegen 'rasch') ist nun besagte Holzkirche zumindest äußerlich fertig. Es scheint daher naheliegend, dass jetzt endlich der Zeitpunkt gekommen ist, Schlafsaal, Toiletten und andere essentielle Einrichtungen eines mittelalterlichen Klosters zu bauen - nicht wahr? 
Falsch gedacht! Beim Campus Galli lässt man sozusagen die Mönche weiterhin in zugigen Zelten hausen und errichtet stattdessen eine Mauer für den Obstgarten   😂 

Eine solche Prioritätensetzung ist besonders in Hinblick auf die ständig insinuierte historisch korrekte Baureihenfolge reichlich absurd. Dementsprechend setzte es kürzlich auf der Facebook-Seite des Campus Galli wieder einmal Kritik an diesem projekt-inhärenten Bullshit Nonsen. Und wie so oft reagieren die Betreiber (bzw. der hier anonym agierende Geschäftsführer Hannes Napierala) wenig glaubwürdig bzw. souverän. Wer kritisch nachfragt, wird sofort als Meckerer abgestempelt - selbst wenn es sich um jemanden vom Fach - wie etwa eine Archäologin - handelt.



Quelle: Facebook-Seite des Campus Galli

Ich dokumentiere derlei Facebook-Diskussionen übrigens deshalb immer wieder hier im Blog, weil sie von den Verantwortlichen des Campus Galli schon mal gerne im Nachhinein gelöscht werden, um nicht allzu blöd in der Öffentlichkeit dazustehen. In dem Zusammenhang darf man auch die absurde Aufforderung sehen, kritische Fragen höchstens in E-Mail-Form an den Campus Galli zu richten.

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Archäologe als Sozialversicherungsbetrüger

Der Donaukurier berichtet vom Prozess rund um eine archäologische Grabungsfirma, deren beide Geschäftsführer, einer davon ein Archäologe, die Öffentliche Hand laut erstinstanzlichem Urteil um Sozialversicherungsabgaben in der Höhe von 500.000 Euro betrogen. Eine Mitarbeiterin, die wohl von den Vorgängen wussten, wurden gegen eine vergleichsweise geringe Zahlung von 2500 Euro vom Haken gelassen, während die Hauptangeklagten jeweils eine über zweijährige Haftstrafe ausfassten: Klick mich

Was lernen wir daraus? Auch in der Archäologie gehts schon mal um persönliche Bereicherung - und nicht immer nur im Milieu der bösen "Raubgräber "...

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Woah ...

... sind hier aber aufmerksame Leser und Kunstexperten unterwegs! Da hat doch tatsächlich jemand bemerkt, dass ich der betenden Ägypterin auf dem Header-Bild eine Nasen-OP spendiert habe. 😊


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15 Kommentare:

  1. Das Ausmaß des Abgabenbetruges ist im geschilderten Fall extrem, aber im kleineren Maßstab findet das meiner Erfahrung nach bei vielen Grabungsfirmen statt. Ich habe selbst im Laufe des Studiums und später als Grabungstechniker für insgesamt drei archäologische Dienstleister gearbeitet, und keiner davon hat zu 100 Prozent sauber abgerechnet.
    Robert

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    1. Dahingehend und zu den Arbeitsbedingungen bei Grabungsfirmen habe ich auch schon so einiges gehört! Die DGUF und ähnliche Heuchler in der Archäologie sollte endlich einmal vor der eigenen Tür kehren, anstatt immer nur nach dem Motto "Haltet den Dieb" pauschal auf den Antikenhandel hinzudreschen.

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  2. Hehe, ein großformatiger Kunstdruck von diesem Weguelin-Gemälde hängt bei mir im Badezimmer, deshalb ist mir die veränderte Nase gleich aufgefallen :-)

    Liebe Grüße,
    Britta

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    1. Das ist aber auch ein ziemlicher einen Zinken!
      Dabei muss ich an "Asterix und Kleopatra" denken. Die hatte in dem Comic ja auch eine viel zierlichere Nase als in Natura :-)

      LG,
      Erwin

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  3. Im FMA wäre vorübergehend ein Flechtzaun errichtet worden. Für Flechtzäune als Begrenzung von Gärten und landwirtschafltichen Flächen gibt es einige archäologische Belege. Außerdem sind sie mit weniger Arbeitsaufwand verbunden als eine Mauer mit Mörtel.

    Soviel ich hier bei Hiltibold gelesen habe, werden aber bei der Campus Galli Baustelle die Steine im gebrochenen Zustand mit dem Laster angeliefert. In dem Fall wundert es mich nicht, wenn man lieber eine Mauer baut. :-))

    Der Wanderschmied

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  4. Auf dem Campus Galli ist jetzt Hochsaison, die Besucher erwarten dass gebaut wird ! Mit dem Bau der groß angekündigten Scheune kann nicht begonnen werden , da die Finanzierung allen Anschein nach ( noch?? ) nicht steht. Kleine Innenarbeiten an der laut Chronik angeblich längst fertiggestellten Holzkirche dürfte für die große Masse der Touristen nicht gerade ein Highlight sein... also muss man improvisieren und werkelt am Obstgarten.
    Anstatt das fair zu kommunizieren , erklärt man pampig all das hätte schon seinen Sinn. Erstaunlich , dass so viele Menschen zum CG stürmen um solch unspektakuläre Arbeiten zu beobachteten - für beachtliches Eintrittsgeld. Gute Vermarktung ist eben alles.

    LG
    Cassandra

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    1. "Gute Vermarktung ist eben alles."

      Genau. Es gibt deshalb auch jede Menge Leute, die für eine Handy 700 Euro bezahlen, obwohl es in der Herstellung nur 200 kostet. Dagegen ist ein Besuch beim Campus Galli ja geradezu vernachlässigbar harmlos ;)

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    2. Der Dialog geht weiter : nun unterstellt Campus Galli der Schreiberin mangelndes Wissen was die Nennung von Quellen betrifft. "Mit der Nennung von ein oder zwei Quellen sei es nicht getan , dazu sei die Fragestellung viel zu komplex!" , aber das könne die Dame im Gegensatz zu den Fachleuten vom CC ja schließlich nicht wissen.
      Ganz schön arrogant kommt das rüber. Wie immer.

      LG
      Cassandra

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    3. Der Aufwand der Quellerecherche dürfte jedem, der sich ernsthaft mit einer Fragestellung beschäftigt, klar sein. Aber die Nennung nur einer einzigen Quelle wäre ein riesiger Fortschritt gegenüber der​ momentanen Informationspolitik.
      Eine gewisse Überheblichkeit leistet man sich als Akademiker hin und wieder gerne mal. Wenn wir in diesem Fall aber nichts dahinter ist, ist es doch ziemlich peinlich für den Betreffenden.

      Ma Nü 😉

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    4. Sie verraten öffentlich nichts, weil auf Facebook angeblich kaum jemand mehr als ein paar Sätze liest, behaupten sie zum Schluss.

      Aber wenn man dem ursprünglichen Vorschlag des CG folgt und per E-Mail nach den Quellen fragt, dann können mehr Menschen mitlesen und erreicht werden???

      Die Museumsbetreiber widersprechen sich selbst und merken es nicht einmal.....

      Der Wanderschmied

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  5. Ich möchte die Quellen-Diskussion hier zum Anlass nehmen, um darauf hinzuweisen, dass die mir schon im Vergangenen Herbst in einer Facebook-Message angekündigte Publikation zur Holzkirche noch immer nicht erschienen ist. Ich finde das sehr bedauerlich, weil mir erklärt worden ist, darin würde man neben verschiedensten Punkten auch auf die als gerechtfertigt bezeichnete Kritik eingehen, dass das Kirchdach für das 9. Jahrhundert eigentlich zu steil ist, was aber dem Historiker des Campus Galli zum Zeitpunkt der Planung noch nicht klar war, weil er damals noch keine Kontakte zu Bauhistorikern hatte.
    TB

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    1. Wenn die Dokumentation der Kirche der derzeitige Haushistoriker schreibt, dann würde ich mich auf eine längere Wartezeit einstellen ;)

      Interessant ist aber, dass man dir zufolge entgegen den bisherigen öffentlichen Aussagen durchaus weiß, dass die Dachneigung zu steil und damit anachronistisch ist. Bleibt die Frage, warum sie das nicht endlich auch auf Ihrer Homepage erwähnen.

      Dass der Haushistoriker den Fehler mit mangelnden Kontakten zu Bauhistorikern rechtfertigt ist ziemlich absurd. Jeder Laie kann im Netz problemlos recherchieren, dass im 9. Jahrhundert Dächer mit flacher Neigung bei gemauerten Bauten allgemein üblich waren. Man denke nur an die Darstellung des alten Köllner Doms. Und dass flache Dächer hervorragend mit hohen Schneelasten zurechtkommen, kann man auch heute noch in den Alpen sehen, wo dies sogar die bevorzugte Bauweise ist.

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    2. Sämtliche gängigen Rekonstruktionen - ob zeichnerisch oder im Modell - zeigen für die Zeit relativ flache Dachneigungen.
      Man orientiert sich eben lieber an "Hexenhäuschen" was demjenigen des Drechslers, das auch die stilgerechte Inschrift trägt.
      Leser

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  6. Da hat sich jetzt aber jemand ganz schön blamiert. Zuerst unterstellt man ohne Grundlage in arroganter Weise einer Kommentatorin fachliche Unkenntnis in Fragen des Mittelalters, nur um dann feststellen zu müssen, dass es sich um eine Mittelalterarchäologin handelt.
    Schickt bitte endlich einmal jemand Napierala, der sich bestimmt hinter dem Facebook-Account versteckt, zu einem Kommunikationskurs für Social Media?

    Grüßle,
    Maria

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