Freitag, 30. November 2012

Video: Ein Sondengänger, seine Funde und das Schatzregal

Im nachfolgenden Video stellt ein bayrischer Sondengänger, der natürlich mit dem Denkmalamt zusammenarbeitet,  seine wichtigsten Funde vor, die er in verhältnismäßig kurzer Zeit (15 Stunden) gemacht hat. Einige interessante Stücke finden sich darunter. Wer kein Boarisch versteht, bitte nicht auf das Video klicken ;)



Bayern ist übrigens eines jener zwei deutschen Bundesländer, in denen das Schatzregal klugerweise nicht gilt. Denn was hörte ich da kürzlich im Radio? In jenen europäischen Ländern in denen es ein Schatzregal gibt (oder eine ähnliche Bestimmungen zur Quasi-Enteignung von Findern), werden wertvolle Funde seltener gemeldet, als in Ländern mit liberaler Gesetzgebung.
Wobei man ein Gesetz wie das Schatzregal, wenn es denn vernünftig formuliert wird, durchaus dazu nutzen könnte, die Anzahl der gemeldeten Funde zu erhöhen - wie etwa der britische Treasure Act beweist. Es müssen dabei jedoch zwei Punkte beachtet werden:  1. Die Zusammenarbeit zwischen Sondengängern und zuständigen Archäologen muss flächendeckend und professionell erfolgen. Das ist, dem Vernehmen nach, in vielen europäischen Ländern oft nicht der Fall.  2. Der Finder eines Schatzes muss erwarten können, dass er voll entschädigt und nicht mit einem Almosen abgespeist wird. Auch in dieser Frage ist der Treasure Act vorbildlich.
Auf die Arbeit von engagierten und hilfsbereiten Sondengängern zu verzichten, wäre wohl schlicht und ergreifend katastrophal. Die immer intensiver betriebene Landwirtschaft, mit all ihren aggressiven Düngemitteln (dazu zählt auch normal Gülle!) und schweren Landmaschinen, zerstört schließlich jedes Jahr wahre Unmengen an im Boden schlummernden, unentdeckten Artefakten.

Donnerstag, 29. November 2012

Die frühesten Belege für das christliche Kreuz-Symbol

Ruinen von Bethsaida, Israel  (Foto: Chmee2 / Wikimedia.org)

In einschlägigen Büchern steht meist, dass das christliche Symbol schlechthin, nämlich das lateinisches Kreuz, erst ab dem 4. Jahrhundert in Gebrauch kam.

Jedoch gibt es Hinweise, wonach es eventuell auch schon früher eine gewisse Bedeutung besaß. Beispielsweise haben Archäologen in Bethsaida, dem Geburtsort von Petrus, in den Überreste eines antiken Hauses eine Tonscherbe entdeckt, in die ein Kreuzzeichen eingeritzt worden war; von einem Kreis gehen vier Balken aus, wobei der untere ein wenig länger ist als die anderen. Das betreffende Gebäude ist wahrscheinlich zu Beginn des Jüdischen Krieges - um 66 n. Chr. - fluchtartig verlassen und danach nie wieder bewohnt worden; die Scherbe stammt also wahrscheinlich aus der Zeit der allerersten Christen. Da bei diesen frühen Christen die Gottesdienste bzw. religiösen Zusammenkünfte in Privathäusern stattfanden, wäre es denkbar, dass hier ein Weinkrug für eine religiöse Feierlichkeit markiert worden war.

In Herculaneum fand man im Obergeschoss eines 79 n. Chr. vom Vesuvausbruch verschütteten Hauses an einer Wand ebenfalls die Spuren eines Kreuzes. Es ist gut möglich, dass auch diese Räumlichkeiten als eine Art Hauskirche Verwendung fanden.

Dass das Kreuz, wenn auch in eher kleinem Umfang, schon recht früh von Christen benutzt wurde, halte ich im Angesicht obiger Erkenntnisse für nicht unwahrscheinlich (auch wenn man diese archäologischen Funde und Befunde natürlich immer ein wenig kritisch betrachten muss). Es ist jedenfalls kein Dekret bekannt, demzufolge das Kreuz von einem Tag auf den anderen offiziellen Charakter erlangte. Viel eher handelt es sich hier wohl um einen relativ langen, zögerlichen Prozess.

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Literatur-Tipp:

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Mittwoch, 28. November 2012

Luftbildarchäologie, Bewuchsmerkmale und mehr - Teil 1

Die Vogelperspektive bzw. Luftbildarchäologie, kann beim Auffinden größerer Überbleibseln unserer Vorfahren überaus hilfreich sein. Die Grafik veranschaulicht, was ich damit meine; Gräben und Mauerreste können sich positiv oder negativ auf den Wuchs von Nutzpflanzen auswirken. 
In Gräben sammelt sich im Laufe der Jahrhunderte mit Nährstoffen angereicherter Humus; auch ist die Erde dort feuchter. Pflanzen mögen diese Bedingungen naturgemäß, entwickeln längere Wurzeln und wachsen in diesen Bereichen deshalb besser.
Das Gegenteil ist der Fall, wenn sich beispielsweise unter der Erdoberfläche die Reste von steinernen Bauwerken befinden. Diese behindern die Pflanzen dabei, aus den tieferen Erdschichten Nährstoffe und Wasser aufzunehmen. Daraus resultiert eine unterdurchschnittliche Wuchshöhe und eine Färbung die eher blass ausfällt. 

Bewuchsmerkmale
Bewuchsmerkmale (Grafik: Hiltibold - No rights reserved.)





Nun zum konkreten Anlass für diesen kurzen Ausflug in die Theorie der Luftbildarchäologie: Vor einiger Zeit habe ich in der Gemeinde Dietersdorf (bei Graz), ein wie oben beschriebenes, positives Bewuchsmerkmal entdeckt - siehe das nachfolgende Bild.

Ein positives Bewuchsmerkmal in der Gemeinde Dietersdorf (Foto: Google)



Schön an Google Earth ist ja, dass man Aufnahmen von mehreren Jahren miteinander vergleichen kann. Auf allen zur Verfügung stehenden Fotos, die vom betreffenden Gebiet innerhalb der letzten 10 Jahre gemacht wurden, ist eine auffällige, rechteckige Verfärbung zu erkennen. Jetzt frage ich mich natürlich, was genau das einst gewesen sein könnte? Eventuell ein Graben? Aber von wem angelegt? 
Nachdem ich einige alte Karten durchgegangen bin - die älteste stammt aus dem Jahr 1790 - steht fest, dass sich dort in den letzten 200 Jahren wohl nur großflächige Äcker und Wiesen befanden. Die auffällige Struktur sollte also älter sein - möglicherweise viel älter.
Der Ortsname "Dietersdorf", und vor allem die sich in der unmittelbaren Umgebung massiv häufenden Ortsnamen mit der Endung "ing" (Preding, Fading, Zettling Zwaring), deuten jedenfalls darauf hin, dass in der Gegend große Gruppen von Bajuwaren/Franken siedelten; aber das sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt, denn diese nicht sehrt große Struktur kann durchaus weiter zurückreichen, als ins 9./10. Jahrhundert. In dem betreffenden Landstrich lebten ja ursprünglich auch Kelten. Dazu, und zu zwei unerwarteten "Entdeckungen", kommenden Montag mehr.

Hier geht es zu Teil 2

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Dienstag, 27. November 2012

Römische Torsionsgeschütze und die Schlacht am Harzhorn

Torsionsgeschütz - Legio XV Apollinaris
Die österreichische Römergruppe Legio XV Apollinaris mit einem vergleichsweise kleinen Torsionsgeschütz
(Foto: MatthiasKabel / Wikimedia.org)

Im Online-Standard sowie bei Archäologie Online wird über einen Feldversuch mit römischen Torsionsgeschützen berichtet. Man möchte auf diesem Weg offensichtlich die Praxistauglichkeit dieser Waffen testen; vor allem im Zusammenhang mit der im 3. Jahrhundert zwischen Römern und Germanen ausgefochtenen Schlacht am Harzhorn (Niedersachsen). Dort haben Sondengänger - von den Medien auch gerne als Hobbyarchäologen bezeichnet ;) - ja vor wenigen Jahren überraschenderweise etliche Pfeilspitzen bzw. Bolzen entdeckt, die von solchen Geschützen verschossen wurden. Überraschend ist dies deshalb, weil man annahm, im 3. Jahhundert wäre die römische Armee nicht mehr dermaßen tief ins unbesetzte Germanien (Germania Magna) vorgestoßen.

Wie auch immer, ich bin ja der Meinung, dass diese größtenteils doch recht sperrigen Waffen wohl nur selten bei Gefechten in unwegsamen Gelände, wie eben dem Harzhorn, eingesetzt wurden, da ich mir die Aufstellung etwas problematisch vorstelle; auch wenn es Exemplare gab, die auf Wägen montiert waren - siehe die carrobalista.
Außerdem halte ich es für eine Fehler, wie in den Artikeln davon auszugehen, dass es sich bei diesen Geschützen um Waffen handelte, die man in erster Linie ihrer Präzision wegen nutzte. In Wirklichkeit konnte man durch eine hohe Stückzahl - in der frühen Kaiserzeit führte jede Legion rund 60 Exemplare des scorpio (Bild) mit sich - den Feind mit einem dichten, relativ weitreichenden und durchschlagskräftigen Sperrfeuer eindecken, unter dessen Schutz beispielsweise die eigenen Truppen vorrücken konnten. Mit Scharfschützen hat das eher wenig zu tun.
Folgende Stelle in Caesars "Der Gallische Krieg", dürfte demnach wohl des öfteren arg missinterpretiert worden sein:
"Vor dem Stadttor und einem der Wandeltürme gegenüberstehend, warf ein Gallier aus Talg und Pech gefertigte Kugeln, die man ihm von Hand zu Hand reichte, in den Brand des Dammes. Da wurde er vom Pfeil eines Skorpions in die rechte Seite getroffen und fiel tot zu Boden. Also schritt ein anderer von den Zunächststehenden über den Gefallenen hinweg und übernahm dessen Aufgabe. Als er ebenfalls von einem Skorpion niedergestreckt worden war, trat ein Dritter an dessen Stelle. Ein Vierter ersetzte schließlich den Dritten..."
Commentarii de Bello Gallico, Buch 7 (25)
Aus obigem Zitat kann man nicht herauslesen, dass die Gallier mit gezielten Schüssen eines einzelnen "Skorpions" getötet wurden. Viel wahrscheinlicher war ein stetig aufrechterhaltener Geschosshagel dafür verantwortlich, den eine Vielzahl von Geschützen verursachte. Meine ich ;)

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Montag, 26. November 2012

Frühmittelalterlicher Schildbuckel: Konstruktionsmöglichkeiten

Schild mit eisernem Schildbuckel
(Foto: Rept0n1x / Wikimedia.org)
Der Schildbuckel ist in allen nur erdenklichen Formen seit der Antike ein wichtiger Bestandteil vieler Schilde und kam erst im Hochmittelalter langsam aus der Mode. Er bietet einen zusätzlichen Schutz für die Hand (siehe rechtes Bild), sollte das Holz des Schildes beim Kampf in die Brüche gehen.

Das Bild unten (aus meinen Unterlagen abgezeichnet und dann angepasst) zeigt, wie man im frühen Mittelalter einen Schildbuckel herstellte:
Bei Methode A wird er mit dem Hammer aus einem einzigen Stück Metall getrieben.
Angelsächsischer Schildbuckel,
wie in der Zeichnung links.
(Foto: Simon Speed / Wikimedia.org)
Methode B wiederum sieht so aus, dass man den Schildbuckel aus zwei Teilen zusammensetzt: Zuerst formt man aus einem rechteckigen Stück Blech eine kurze Röhre, die man an der Nahtstelle feuerverschweißt. Dann wird am unteren Ende ein Flansch herausgehämmert. Zum Schluss schweißt man die aus einem zweiten Stück Metall getriebene Spitze auf.

Literatur-Tipp:
Das fränkische Heer der Merowingerzeit Teil 2 (Schilde, Schwerter,...) | Meine Rezension | Infos bei Amazon


Schildbuckel
Zwei Baumöglichkeiten eines frühmittelalterlichen Schildbuckels
(Zeichnung: Hiltibold - No rights reserved)

























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Samstag, 24. November 2012

Dreifelderwirtschaft und Co., zur Zeit Karls des Großen

Sinn und Zweck der sogenannten Dreifelderwirtschaft war es, ein Auslaugen des Ackerbodens zu verhindern. Da man im frühen - wie auch im späteren Mittelalter - den Boden verhältnismäßig wenig düngte (z.B. mit Mist, Mergel,..), war es wichtig, einem Teil der Nutzfläche Zeit zu geben, sich zu erholen. Deshalb wurde die verfügbare Fläche in drei gleich große Bereiche unterteilt. Jeweils einer davon lag ein Jahr lang mehr oder weniger brach; soll heißen, von Jänner bis September wurde der Acker als Weide für das Vieh genutzt und außerdem ca. zweimal umgepflügt. Ab Oktober begann man dann mit der Aussaat des sogenannten Wintergetreides, das erst Ende Juli des folgenden Jahres geerntet wurde. Die Grafik unten zeigt die Fruchtfolge der Dreifelderwirtschaft, wie sie zumindest im nördlicheren Teil des Fränkischen Reichs üblich war. Allerdings muss eingeräumt werden, dass diese Methode der Ackernutzung sich wohl nur relativ langsam durchsetzte.

Dreifelderwirtschaft
(Grafik: Hiltibold - No rights reserved.)
Aus handschriftlichen Überlieferungen lässt sich der allgemeine landwirtschaftliche Jahreszyklus für die nördlicheren Gebieten des Reichs (ungefähr!) wie folgt ableiten:

Im Jänner erstarrt alles in der Kälte.
Im Februar macht sich der Frühling bereits zaghaft bemerkbar.
Im März beschneidet man die Reben.
Im April beginnt man mit dem Jäten des Unkrauts und lässt die Tiere wieder auf die Weide.
Im Mai werden die Weinreben an die Stöcke gebunden und das erste frische Pferdefutter wird
     geschnitten (wichtig für die Kriegsführung)
Im Juni pflügt man.
Im Juli wird geheut.
Im August wird geerntet
Im September findet die Weinlese statt
Im Oktober findet auch die Weinlese statt, außerdem sät man das Wintergetreide aus.
Im November wird das Getreide gedroschen, der Wein in Fässer gefüllt; außerdem treibt man die
     Schweine in den Wald zur Eichelmast.
Im Dezember werden die Schweine geschlachtet.

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Weiterführende Literatur:
  • Pierre Riché  | Die Welt der Karolinger | Reclam | 2009 | Infos bei Amazon

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Freitag, 23. November 2012

Das typisches Werkzeug eines römischen Weinbauern

Hippe, Falx
Bei einem Schmied, der auf römerzeitliches Werkzeug spezialisiert ist, bin ich kürzlich auf ein sehr schönes Rebmesser (Hippe, Falx) gestoßen, das ich mir sofort gekauft hätte, wenn ich erstens gerdade zu viel Geld übrig gehabt hätte (380 €) und mir zweitens dafür auch nur irgend ein praktischer Verwendungszweck eingefallen wäre ;)
Jedenfalls erinnerte ich mich, dass sich irgendwo in einem meiner Bücher eine Auswahl von teils recht interessanten Rebmessern aus der Römerzeit findet; gesucht, gefunden, abgezeichnet - und das Ergebnis sieht man oben. Die ersten vier Messer sind genau so dargestellt, wie sie die Archäologen in der Erde vorfanden, also ohne den hölzerne Griffe, die bereits verrottet waren. Bei den letzen beiden ist die quasi integrierte Axt interessant, die die Nutzungsmöglichkeiten dieses Werkzeugs deutlich steigerte. Die Form des ersten und dritten Messers, also eine nahezu rechtwinkelig umgebogene Klinge, soll eher für das Gebiet an Rhein und Mosel typisch gewesen sein.

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Donnerstag, 22. November 2012

Ein paar Anmerkungen zu antiker Bronze

Fragment eines bronzenen Porträts Marc Aurels
(Foto: Marie-Lan Nguyen / Wikimedia.org)
Unter dem modernen Begriff Bronze verstehen wir heute eigentlich nur Kupfer-Zinn-Legierungen. Als Bronze im historisch-archäologischen Sinn, werden jedoch alle nur denkbaren Kupferverbindungen bezeichnet; sogar reines Kupfer. 
Wie man weiß, können unterschiedliche Legierungsbestandteile die mechanischen Eigenschaften eines Metalls verändern. Dementsprechend wurde bereits in den Schmelztiegeln der Antike Kupfer mit den verschiedensten Stoffen vermengt. Man verwendete, um beispielsweise der Kupferlegierung eine höhere Härte zu geben, Zinn; das allerdings verhältnismäßig teuer war, da man es oft von mehr oder weniger weit her in die griechisch-römische Welt importierte, z.B. aus Spanien, Portugal oder Britannien. Ein billigeres Legierungsmetall war hingegen das beim Silberbergbau als "Abfallprodukt" anfallende Blei. Dieses macht das erhitzte Kupfer dünnflüssiger, was wiederum beim Giesen ein Vorteil ist, da die Feinheiten der Form so leichter angenommen werden können. Der Aufwand für die Nachbearbeitung des Gusses ist dadurch deutlich geringer. In hellenistischer, vor allem aber in römischer Zeit, fand Kupfer-Blei-Bronze eine besonders hohe Verbreitung. Auch Arsen oder Zink wurde dem Kupfer beigemengt, wobei letzteres eine Legierung ergibt, die wir heute als Messing bezeichnen. Sogar recht schwer gießbare Kupfer-Eisen-Legierungen fanden offenbar Verwendung.
Was die Mischungsverhältnisse der einzelnen Legierungsbestandteile betrifft, so scheint es keine allzu festen Regeln gegeben zu haben; im Gegenteil, etliche archäologische Funde von Fehlgüssen legen eine hohe Experimentierfreudigkeit nahe. Wobei interessant ist, dass diese Fehlgüsse, beispielsweise von kleinen Statuetten, oft nicht wieder eingeschmolzen wurden, sondern als Opfergaben in den Tempeln Verwendung fanden. Alleine der Wert des Materials wurde wohl so hoch eingeschätzt, dass auch ein mangelhaftes Stück als würdige Gabe an die Götter galt.

Mittwoch, 21. November 2012

Archäologen und Innen

Ein sprachlicher Eiertanz findet sich in der Kleinen ZeitungKlick mich
In der Artikelüberschrift ist von "Archäologen" die Rede. Im ersten Absatz wird dann allerdings plötzlich die "geschlechtergerechte" Formulierung "Archäologinnen und Archäologen" verwendet. Ein paar Zeilen weiter unten ist dann von einem "Archäologen-Team" die Rede. Die "Innen" sind also wieder verschwunden; das Team besteht, so wie bereits die Überschrift nahe legt, also nur noch aus Männern - zumindest wenn man einer radikal-emanzipatorischen Deutungsweise folgt ^^

Besonders skurrile Wege bezüglich sprachlicher Geschlechtergerechtigkeit habe ich vor einiger Zeit im Uni Taschenbuch "Klassische Archäologie" von Franziska Lang entdeckt. Die Autorin benutzte männliche und weibliche Form bewusst abwechselnd; soll heißen, einmal spricht sie vom Archäologen, dann wiederum von der Archäologin, dann kommt wieder der Archäologe an die Reihe, usw. usf... Dieses Konzept, wird auf alle im Buch vorkommenden Berufsbezeichnungen angewendet. Auch eine Möglichkeit, um größtmögliche Verwirrung zu stiften...

Dienstag, 20. November 2012

Ein frühmittelalterliches Messer: Teil 1

Griffplättchenmesser
Griffplättchenmesser; oft gesehen, aber  fürs frühe Mittelalter eher falsch (Zeichnung: Hiltibold - No rights reserved)

Ein ottonenzeitliches Messer sollte in Auftrag gegeben werden. Mein spezielles Interesse galt nun der Frage, ob es im 10. Jahrhundert sogenannte Griffplättchenmesser gab; also Messer, bei denen der Griff an den beiden Enden mit oft mehreren bündig angebrachten, dünnen Plättchen aus Metall, Knochen, Elfenbein usw. zwingenartig eingefasst wurde - siehe Zeichnung.
Im Ottonik-Kittguide von Wilhaim.de fand ich dazu erst einmal nichts, was diese Bauart für die betreffende Zeit belegt; genauso wenig wie in irgend einem meiner Bücher. Das brachte mich wieder einmal schwer ins Grübeln, denn bei Darstellern des 10. - 11. Jh. (dazu zählen übrigens auch Wikinger) habe ich solche Messer schon oft gesehen. Nachdem mir dann auch noch der Schmied Schorsch, sowie Torsten von der Ottonenzeit erklärten, sie kennen keine einschlägigen, archäologischen Belege, stand für mich fest, dass hier mehr Nachforschung nötig ist, um absolute Gewissheit zu erlangen.

Also zog ich die reich bebilderte Dissertation von Gerhard Folke Wulf Holtmann zurate, die den bezeichnenden Titel "Untersuchung zu mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Messern" trägt und als rund 47 MB große PDF-Datei vom Internetportal der Georg August Universität kostenlos heruntergeladen werden kann: Klick mich
In erster Linie wird in dieser durchaus verständlich geschriebenen Arbeit die Zeit vom 8. bis ins 17./18. Jahrhundert behandelt; dabei werden die Messer-Charakteristika einzelner Zeitabschnitte hauptsächlich  anhand von Statistiken, die wiederum auf unzähligen Einzelfunden beruhen, detailliert herausgearbeitet.

Aber um zu meiner ursprünglichen Fragestellung zurückzukehren: In der Holtmann-Arbeit wird dargelegt, dass Griffplättchenmesser erst im 12. Jh. aufkamen. Zwar gibt es ganz wenige Funde, die eventuell etwas früher einzuordnen sind, aber das ist mir als Grundlage für eine zeittypische Rekonstruktion viel zu unsicher.
Deshalb soll das von mit in Auftrag gegebene Messer einen auf die Griffangel aufgesteckten Holzgriff erhalten, ohne Metall- oder Hornscheiben an den beiden Enden.
Wenn es samt Lederscheide bei mir eintrudelt, was hoffentlich noch vor dem Jahreswechsel der Fall sein wird, werde ich es selbstverständlich im Blog präsentieren und auf die typischen Merkmale eingehen, die ein Messer des 10. Jahrhunderts kennzeichnen. (Hier geht es zu Teil 2)

Wer übrigens sehen will, wie so ein Griffplättchenmesser in Natura aussieht, der findet beim interessanten Blog Neues aus der Gotik einige erhellende Bilder: Klick mich
(Und in die Gotik gehört das Messer ja auch eher)

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Montag, 19. November 2012

Video: Der keltische Hirsch 2.0

In diesem kurzen Video kann man dem Archäotechniker Wulf Hein dabei zusehen, wie er einen in Fellbach-Schmiden (BW) gefundenen, hölzernen Hirsch der Keltenzeit (laut Dendrochronologie 127 v. Chr) nachschnitzt. Das bei dem Versuch verwendete Werkzeug, entspricht archäologischen Funden aus Manching. Zu guter Letzt wird das fertige Stück noch mit leuchtender Eitempera bemalt. 



Samstag, 17. November 2012

Wann wurde das Buch erfunden?

(Foto: Wikimedia.org / William Andrews / Liftarn)
Man weiß heute natürlich nicht mehr, wann das Buch bzw. der sogenannte Codex genau erfunden wurde. Allerdings verdichten sich ab dem 1. Jh. v. Chr. in der römischen Welt die Hinweise darauf:
Sueton berichtet beispielsweise, dass Caesar von der Gepflogenheit für Memoranden Papyrusrollen zu verwenden abwich und stattdessen miteinander verbundenen Einzelblätter benutzte.
Auch der berühmte Dichter Horaz, ein Zeitgenosse von Caesar und Augustus, erwähnt die Verwendung solcher Notizbücher, die man nun statt den recht beliebten Wachstafeln verwendete (besagte Wachstafeln blieben trotzdem weiter in Gebrauch).
Um 55 n. Chr. beschreibt der Satiriker Persius  in seiner 3. Satire ebenfalls eindeutig ein aus Blättern bestehendes Notizbuch.
Und letztendlich steht sogar im 2. Brief des Paulus an Timotheus etwas über membranas, alsPergamentnotizbücher. Warum Pergament? Nun, im Gegensatz zu Papyrus lässt sich die noch feuchte Tinte davon wieder abwischen; Fehler können also noch korrigiert werden.

Fazit: Wahrscheinlich waren Bücher spätestens im 1. Jahrhundert n. Chr. ein alltäglicher Gebrauchsgegenstand. Ob punkto Beschreibstoff Pergament oder Papyrus überwog, ist allerdings schwer zu sagen. 

Update (März 2017): Möglicherweise waren gebundene Bücher wesentlich älter, als üblicherweise verlautbart wird. Zumindest nährt diesbezüglich folgende Entdeckung auf einem Relief aus dem 8. Jahrhundert meinen Verdacht: Klick mich

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Freitag, 16. November 2012

Video: Fünf mal die Kelten

Im Youtube-Kanal des SWR finden sich einige interessante Videos zu den Kelten; das Nachschmieden von Schwertern, die bekannte Keltenfestung am Glauberg, Experimentelle Archäologie und diverse andere Themen werden darin behandelt.

Das Schmieden eines keltischen Schwerts:

Und hier die Links zu den restlichen Videos:  Video 2   Video 3   Video 4   Video 5

Donnerstag, 15. November 2012

Wo waren eigentlich die Frauen beim "Letzten Abendmahl"?

"Das Abendmahl", von Leonardo da Vinci (Foto: Wikimedia.org)
Aus dem Neuen Testament wissen wir, dass Jesus auf seiner Wanderschaft auch von einigen Frauen begleitet wurde (siehe z.B. Mk, 15,40). Doch wo waren diese Frauen, als Jesus das sogenannte "Letzte Abendmahl" feierte?
Um diese Frage zu beantworten ist es wichtig zu wissen, an welchem Ort man dieses Abendmahl höchstwahrscheinlich feierte. Den entscheidenden Hinweis darauf liefert uns das Evangelium nach Markus; denn in diesem heißt es: 
"Da schickte er (Jesus) zwei seiner Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in die Stadt, dort wird euch ein Mann begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm, [...]. Der Hausherr wird euch einen grossen Raum im Obergeschoss zeigen, der schon für das Festmahl vorbereitet ist. Dort bereitet alles für uns vor." (Mk 14,13-14)
Auffällig in diesem Zitat erscheint jener Mann, der einen Wasserkrug trägt; denn das Holen von Wasser war in dieser Weltgegend damals eine reine Frauenangelegenheit (und ist es auch heute noch). Eine Ausnahme bildeten jedoch Männer, die in zölibatären Gemeinschaften lebten und deshalb notgedrungen auch Frauenarbeit verrichten mussten. So eine Gruppe waren die sagenumwobenen Essener, die damals einen ganzen Stadtteil Jerusalems bewohnten. Der Wasser holende Mann war also höchstwahrscheinlich ein Essener. Das Haus zu dem er gehörte, und in dem das Abendmahl stattfinden sollte, war demnach ein essenisches Haus.
Und dies dürfte gegebenenfalls auch der Grund für das Fehlen der Frauen beim Letzten Abendmahl sein; bei den Essenern war es dem weiblichen Geschlecht nämlich verboten, an Gemeinschaftsmahlen teilzunehmen. Wohl deshalb blieben Jesus und seine männliche Entourage diesmal unter sich.
Stellt sich nur noch die Frage, warum Jesus ausgerechnet bei einem Essener seine Henkersmahlzeit einnahm. Gehörte er womöglich selbst dieser religiösen Gruppe an? Kaum, denn seine Ansichten unterschieden sich in zentralen Punkten von jenen der Essener. Andererseits ist es möglich, dass die Essener, die ja sehnsüchtig auf den Messias warteten, ein gewisses Interesse an diesem Jesus hatten. Auch manch einen Jünger des Jesus verdächtigt man, den Essenern nahe gestanden zu sein.
Freilich, das sind alles Spekulationen von Bibel-Exegeten. Aber eine interessantere Erklärung für die reine Männerrunde beim Letzten Abendmahl ist mir noch nicht untergekommen ;)

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Literatur-Tipp:

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Mittwoch, 14. November 2012

Etwas zum Hören: Auch für das Mittelalter war die Erde rund

(Foto: NASA / Wikimedia.org)
Bei DRadio Wissen findet sich ein aktueller Hörbeitrag, in dem der Romanist Reinhard Krüger davon berichtet, jenen angeblichen Mythos widerlegt zu haben, wonach die Menschen im Mittelalter meinten, dass die Erde eine Scheibe sei. In Wirklichkeit, so sagt er, war zumindest die von antikem Wissen geprägte Geisteselite davon überzeugt, dass die Erde eine Kugelgestalt habe. 
(Kolumbus hat demnach wohl einen Beweis erbracht, nach dem niemand verlangte...)



Dienstag, 13. November 2012

Veranstaltungshinweis: Bunte Götter

Rekonstruktion des Bogenschütze aus dem Westgiebel des
Aphaia-Tempels in Ägina (Foto: G.dallorto / Wikimedia.org)
Vom 13. November 2012, bis zum 17. März 2013, kann der Interessierte im Kunsthistorischen Museum Wien die Ausstellung "Bunte Götter" besuchen. Anhand von Rekonstruktionsversuchen wird die teils extreme (erschreckende) Farbigkeit antiker Skulpturen veranschaulicht. 

Bei Wikipedia findet sich ein Artikel zu dieser Ausstellung: Klick mich

Montag, 12. November 2012

Meine Kleidung des frühen Mittelalters - Teil 4: Mantel, Halstuch, Mütze

So, im 4. und letzten Teil möchte ich nun den Rechteckmantel, die Phrygische Mütze, das Halstuch und die Fibel einer etwas näheren Betrachtung unterziehen (hier findet man Teil 1, Teil 2 und Teil 3).


Der Mantel hat einen rechteckigen Zuschnitt. Aufgrund der Länge wurde er oben umgeklappt (wie es bereits beim römischen sagum üblich war). Mäntel jener Zeit (10. Jh.) berührten, wenn man die überlieferten Bildquellen betrachtet, den Boden nämlich nicht.
Ein langer Mantel wie dieser hat den Vorteil, dass man sich damit beispielsweise auf Reisen von den Füßen bis zur Nasenspitze zudecken kann; kurz gesagt, er ist alltagstauglich.
Das Futter  besteht aus leichter, die Außenseite  aus schwerer bzw. fast lodenartiger Schurwolle (= leicht wasserabweisend). 
Wird mehr Bewegungsfreiheit benötigt, kann der Mantel einfach über der Schulter zurückgeschlagen werden - man muss also nicht immer mit angewinkeltem Arm dastehen, wie ein römischer Redner in seiner Toga ;)
Mein Plutzer ist leider nicht mehr auf das Bild gegangen ;)

Mithilfe eines Brustgurts lässt sich der Mantel auch recht kommod transportieren: Klick mich

Rechteckmantel
Der Mantel wird an der Schulter mit zwei Bändern zusammengebunden. Eines dieser Bänder, das an der Innenseite befestigt wurde, ist hier zu sehen. In Darstellungen des 10. Jahrhunderts, aber auch schon davor, sieht man unter den Fibeln Bänder hervorlugen, die diesem ähneln: Beispiel
Die Fibel diente also weniger der Fixierung des Mantels, sondern wurde eher als Schmuck verwendet; zumindest in einigen Fällen. Eine allgemein gültige Regelhaftigkeit lässt sich aus Darstellungen in Handschriften, die sich meist auf den hohe Adel beschränken, allerdings nicht ableiten. Aufgrund einschlägiger Erfahrungen sei betont, dass die Nadel einer Fibel - ohne die Verwendung von Bändern - bei einem schweren Mantel im Laufe der Zeit aufgrund der Zugbelastung hässliche Löcher hinterlassen kann.
Zwecks besserer Verständlichkeit ist der Mantel hier auch noch symbolisch im ausgebreiteten Zustand abgebildet: Die gelbe Linie begrenzt bzw. markiert jenen oberen Teil der Innenseite, der nach außen geklappt wird. Die beiden Befestigungsbänder befinden sich demnach auch in genau in diesem Bereich.
Da man auf dem ersten Bild die bronzene Scheibenfibel kaum erkennt, hier noch ein Bild von ihr. Die Vorlage für dieses Stück im Borrestil, datiert ins 10. Jh. (Anmerkung: In einer Grafik des deutschen Wikipedia-Artikels wir der Eindruck erweckt, dieser Stil wurde nur bis in die Mitte des 10. Jahrhunderts verwendet - das ist allerdings falsch. Vielmehr gab es ihn bis ins späte 10. Jh., wenn auch seine Beliebtheit spürbar abnahm.)
Scheibenfibel
Halstuch aus mit Nussschalen gefärbtem Leinen.
Ausgeschnitten wurde es aus einem alten Leintuch (="Bettlaken"). Dieses Material ist durch den jahrelangen Gebrauch in der Regel schön weich und daher sehr gut für diesen Zweck geeignet.
Die sogenannte Phrygische Mütze ist seit der Antike in Verwendung und sowohl archäologisch belegt (hallstattzeitliches Bergwerk, wikingerzeitliches York) wie auch in überlieferten Bildquellen des frühen Mittelalters nachweisbar (z.B. Utrechter Psalter).
Als Material wurde naturbraune Schurwolle gewählt.

Die Mütze kann auch mit einem Band eingesäumt werden - wie hier gezeigt.

Phrygische Mütze
Um nicht mit einem Schlumpf verwechselt zu werden, kann man die Mütze eventuell auch so tragen ;) 
Wie "authentisch" diese Trageweise ist, ist freilich eine andere Frage. Allerdings klappt der Zipfel bei mir immer automatisch um...
Phrygische Mütze

Abschließend möchte ich noch einmal auf die Internetseite Wikingerkleidung.de hinweisen. 
Gerade Anfänger, die sich erst ein wenig in die Materie einlesen müssen, findet dort bezüglich frühmittelalterlicher Kleidung (vor allem 9. u. 10. Jh.) eine Vielzahl an sehr schön aufbereiteten Informationen.


Literaturtipps zu frühmittelalterlicher Kleidung:
  • Carola Adler | Kleidung des Mittelalters selbst anfertigen - Gewandungen der Wikinger | Zauberfeder Verlag | Meine Rezension | Infos bei Amazon
  • Katrin Kania | Kleidung im Mittelalter: Materialien - Konstruktion - Nähtechnik | Böhlau | Infos bei Amazon
  • Christoph Lauwigi | Wikinger selbst erleben! Kleidung, Schmuck und Speisen - selbst gemacht und ausprobiert | Theiss | Infos bei Amazon
  • A. Strassmeir, A. Gagelmann | Das fränkische Heer der Merowingerzeit - Teil I (Bekleidung,...) | Zeughaus Verlag | 2014 | Meine Rezension | Infos bei Amazon (Anmerkung: Enthält z.T. auch wertvolle Informationen zu frühmittelalterlicher Kleidung der karolingischen bzw. wikingerzeitlichen Epoche.)

Samstag, 10. November 2012

Linktipp: Erderwärmung und Hochwasserereignisse in den letzten 1600 Jahren

Mondsee, Oberösterreich - wie ein Gemälde von Bob Ross ;) (Foto: Ondřej Koníček / Wikimedia.org)
Die unter einigen Klimaforschern beliebte Milchmädchenrechnung ist bekannt: 
Wärmeres Klima = stärkere Wasserverdungstung = höhere Luftfeuchtigkeit = mehr Regen bzw. Unwetter. 
Da ist es doch interessant, dass ein Forscherteam rund um Tina Swierczynski vom Geoforschungszentrum Potsdam, in einem Artikel für die Fachzeitschrift Geology gravierende Widersprüche aufzeigt. Anhand der untersuchten Sedimentschichten des österreichischen Mondsees stellte man nämlich fest, dass es ausgerechnet in Phasen der Abkühlung vermehrt zu Hochwässern im betreffenden Gebiet kam; beispielsweise während der Völkerwanderungszeit und dem Frühmittelalter (450–480, 590–640, 700–750) oder der Kleinen Eiszeit (1300–1330, 1480–1520)

Hier eine ganz kurze Zusammenfassung der Forschungsergebnisse: Klick mich

Man sieht, die Welt ist eben nicht so einfach gestrickt, wie der kleine Maxi sich das vorstellt ;)
An anderer Stelle habe ich ja schon einmal darauf aufmerksam gemacht: Klick mich

Freitag, 9. November 2012

Viel los, in römischen Bädern

Rekonstruktion eines Apodyteriums
Rekonstruierter Umkleideraum einer Therme,
Archäologischer Park Xanten
(Foto: Hartmann Linge /Wikimedia.org)
Zweifellos gehörten die unzähligen Badeanstalten der Römer zu den wichtigsten Arbeitgebern im Reich - auch wenn wohl die meisten Beschäftigten Sklaven waren; die allerdings oftmals entlohnt wurden, denn die Römer gestatteten ihren Sklaven auch persönlichen Besitz (peculium).

Tagsüber herrschte in den Thermen ein geschäftiger Betrieb. In und vor den Säulenhallen tummelten sich, wie wir aus den Überlieferungen wissen, Garköche, Kuppler, Prostituierte, Quacksalber, Taschendiebe usw. Man schwatzte, fädelte Geschäfte ein, betrieb Sport oder schlug sich den Bauch voll. Senecas launiger Bericht über seinen Aufenthalt im noblen Badeort Baiae, wird in dem Zusammenhang besonders gerne zitiert.

Reiche Badebesucher brachten ihre eigenen Sklaven mit und ließen sich von diesen einölen, massieren und mit dem strigilis abschaben. Nicht ganz so wohlhabenden Römer konnten sich, zumindest in den größeren Badeanstalten, gegen ein Entgelt von den hauseigenen Sklaven versorgen lassen. Passend dazu, überlieferte uns Plutarch folgende Anekdote: 
Kaiser Hadrian besuchte häufig öffentlicher Thermen und entdeckte dabei eines schönen Tages einen alten Soldaten, den er noch von einem vergangenen Feldzug her kannte. Der Alte rieb gerade seinen Rücken an der marmornen Innenverkleidung des Baderaums und Hadrian fragte ihn nach dem Grund dafür. Er antwortete, er könne es sich leider nicht leisten, einen Sklaven zu bezahlen, der ihm den Rücken schrubbt. Der Kaiser mietete ihm daraufhin sofort einen Sklaven und schenkte ihm auch Geld. Als Hadrian am nächsten Tag wieder das Bad betrat, scheuerten mehrere Alte ihre Rücken an den Wänden :D
Hadrian ließ sie jedoch wissen, sie sollen sich doch gegenseitig die Rücken abreiben. Von da an soll sich dieses gegenseitige Abreiben, in den Bädern zu einem beliebten Zeitvertreib entwickelt haben :) Ich denke mir allerdings, dass arme und sparsame Römer dies wohl schon lange so praktizierten ;)

Während der Nacht ruhte der Badebetrieb - wobei man die Feuer, welche man zum Erhitzen des Wassers und zur Beheizung der Räume benötigte, trotzdem nie ganz erlöschen ließ. Die Heizräume befanden sich meist im Kellergeschoss und waren durch Versorgungsgänge zu erreichen, in denen auch die Wasserleitungen frostfrei verlegt waren. Da im Dunkeln bekanntlich gut Munkeln ist, waren diese unterirdischen Gewölbe oft Treffpunkte für Anhänger des Mithraskultes...


Weiterführende Literatur:
Erika Brödner | Römische Thermen und das antike Badewesen | Primus | 2011 | Infos bei Amazon

Donnerstag, 8. November 2012

Die Kaufkraft des Geldes zur Zeit Karls des Großen

Münze Karl der Große
Karolingischer Denar
(Foto: Wikimedia.org / PHGCOM)
Es ist leider so, dass wenn in Geschichtsbüchern irgendwelche Geldbeträge genannt werden, der Leser oft nicht einordnen kann, welchen Wert die genannten Summen nun wirklich darstellten. Anhaltspunkte, die etwas über die Kaufkraft aussagen, fehlen schlicht und ergreifend in den meisten Fällen.
Zumindest für die Zeit Karls des Großen, möchte ich hier allerdings ein wenig Abhilfe schaffen. In Pierre Richés Buch Die Welt der Karolinger (Reclam), findet sich nämlich eine interessante Auflistung von Preisen, die uns aus jenen Tagen überliefert wurden. Da der aus Silber bestehende Denar (die deutsche Bezeichnung dafür war Pfennig), damals die mit Abstand gebräuchlichste Münze im Fränkischen Reich war, wurden er natürlich auch für die in der nachfolgenden Liste genannten Preise verwendet.

Karl der Große führte eine Münzreform durch, deren Ergebnis letztendlich so aussah: Das Pfund Silber (ca 406 Gramm) wurde in 20 Schillinge unterteilt (Schillinge waren eine rein fiktive Recheneinheit), und jeder Schilling in 12 Denare. Das bedeutete, ein Pfund Silber ergab 240 Denare.
Goldmünzen existierten natürlich auch, sie waren jedoch vergleichsweise selten in Gebrauch; beispielsweise im Fernhandel, oder bei Geldgeschäften unter den fränkischen Großen. Diese Münzen stammten beispielsweise aus dem Oströmischen Reich, in Form des Solidus, oder aus dem Langobardischen Reich, in Form des Tremissis. Obwohl die Karolinger selbst höchstwahrscheinlich keine Goldmünzen prägten (von wenigen Sonderprägungen abgesehen), so wurde Gold doch auf dem freien Markt gehandelt; Beispielsweise verfügte Karl der Kahle 864, dass ein Pfund Gold nicht mehr als 12 Pfund Silber kosten dürfe. Das Verhältnis von Gold zu Silber war also ca 1:12.

Es folgt eine Auflistung von schriftlich überlieferten Warenpreisen aus karolingischer Zeit:

Die vom König aufgrund einer Hungersnot festgeschriebenen Richtpreise für Getreide (man wollte so Wucher unterbinden) lauteten im Jahr 794; pro Scheffel (modius):
Hafer: 1 Denar
Gerste: 2 Denar
Roggen: 3 Denar
Weizen: 4 Denare

Die für das Jahr 806 neuerlich festgelegten Preise für Getreide, lassen eine deutliche Preissteigerung erkennen; pro Scheffel (modius):
Hafer: 2 Denar
Gerste: 3 Denar
Roggen: 4 Denar
Weizen: 6 Denare

Festgelegter Brotpreis 794; Mit einem Denar, konnte man folgende Anzahl an zweipfündigen Brotleiben kaufen:
25 Haferbrote
 oder
20 Gerstenbrote
 oder
15 Roggenbrote
 oder
12 Weißbrote

Viehpreise:
1 Widder: 4-12 Denare
1 Schwein: 12-15 Denare
1 Kuh: 14 Denare
1 Ochse: 24-108 Denare (Anm.: Bei dieser enormen Preisspanne, müssen die Unterschiede zwischen
   den einzelnen Ochsen mitunter enorm gewesen sein.)
1 Stier: 72 Denare
1 Pferd: 240-360 Denare

Kleiderpreise:
1 Stück Leinen: 4 Denare (Anm.: Was auch immer man unter einem "Stück" exakt versteht...)
1 Stück Serge: 12 Denare
1 Überrock aus Schaffell: 12 Denare
1 Pelzmantel aus Zobel: 120 Denare
1 kurzer Mantel: 120 Denare (Fixpreis von 808) (Anm.: Unter kurz dürfte man verstanden haben,
   dass er nicht lang genug war, um sich damit von den Füßen bis zum Kopf zudecken zu können.
1 gefütterter Mantel: 140 Denare
1 Pelzmantel aus Marder oder Otter: 360 Denare
1 Mönchskutte: 60 Denare

Waffenpreise: 
1 Schwert: 60 Denare; mit Scheide: 84 Denare
1 Helm: 72 Denare
1 Brustpanzer: 144 Denare
1 Lanze und 1 Schild: 14 Denare

Sklavenpreise:
im Jahr 725: 144 Denare
im Jahr 807: 170 Denare
(Bischof Agobard von Lyon spricht allerdings in einem Beschwerdeschreiben auch von Sklaven-Preisen zwischen 240 und 360 Denaren)
---


Quelle / weiterführende Literatur:
  • Die Welt der Karolinger | Pierre Riché | Reclam | 1999/2009 | Infos bei Amazon

Verwandte Themen:


Mittwoch, 7. November 2012

Was trug ein Römer unter seiner Toga?

Römer in Toga und Tunika
 (Foto: sailko / Wikimedia.org)
Was trug der römische Bürger unter der Toga, diesem mehr oder weniger kunstvoll um den Körper geschlungenen Wolltuch?

Nun, in der frühen Römischen Republik, trug man unter der Toga meist nur einen Schurz (subligaculum oder cinctus - eine Art Badehose oder kurzes Röckchen). 
Später kleidete man sich mit der tunica - ein zuerst ärmelloses, später meist kurzärmliges, maximal knielanges, gegürtetes "Hemd" aus Leinen oder Wolle. Trug man zwei Tuniken übereinander, nannte man das Unterhemd subucula. (Aus der tunica bzw. der langärmeligen tunica manicata, entwickelte sich später übrigens die dalamtica, die typische Kleidung der christlichen Priester.)

In kälteren Gegenden trugen die Römer durchaus auch lange Hosen, z.B: aus Leder. Über die hatte man vor allem in der Zeit der späten Republik allerdings noch gerne gespottet. Sie wurde als typisches Merkmal barbarischer Völker angesehen.
Am schottischen Hadrianswall fand man auch Reste von wollenen "Strümpfen". Zumindest in den Tagen Ciceros und Caesars galt man jedoch der Überlieferung nach als verweichlicht, wenn man die Beine z.B. mit Stoffbinden umwickelte. Lediglich alten oder kranken Leuten gestand man dies kommentarlos zu. Der oft kränkelnde Augustus, soll im Winter so seine Unterschenkel vor der Kälte geschützt haben.



Quellen / Literaturempfehlungen:

Dienstag, 6. November 2012

Verräterisches im Neuen Testament

Bibel
Bibel (Foto: Wikimedia.org)
Das Neue Testament (NT) besteht heute aus 27 Schriften. Ursprünglich gab es deutlich mehr. Doch hat sich letztendlich eine im 4. Jahrhundert getroffene Auswahl durchgesetzt. Dieses Aussortieren mag an sich durchaus berechtigt gewesen sein, da wohl ein ziemlicher Wildwuchs an Schriften zum Leben Jesu entstanden war. Trotzdem kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Auswahl teils recht willkürlich ausfiel; also eher dem theologischen Geschmack der Entscheider entsprach, und weniger dem, was die allerersten Christen im Sinn hatten. 
Besonders deutlich sieht man dies an der erstaunlichen Tatsache, dass sogar in den ins NT aufgenommenen Texten, auf christliche Schriften  hingewiesen wird, die man dann im 4. Jahrhundert aus der Bibel verbannte. Beispielsweise liest man im Brief des Judas von einer "Himmelfahrt des Mose".
Schriften wie diese, scheinen für die Urchristen von großer Bedeutung gewesen zu sein. Ihr Ausschluss aus dem NT 200 Jahre später, hat deshalb meiner Meinung nach einen etwas seltsamen Beigeschmack.

Montag, 5. November 2012

Linkipp: Archäologie als Installationskunst?

Die Märkische Allgemeine berichtet von der Grabung auf dem Lebuser-Burgberg: Klick mich

Die von Archäologen ergrabenen Mauerreste einer Burg, sollen also wieder zugeschüttet werden, da das nötige Geld für eine Konservierung fehlt. Das ist zwar schade, aber sicher verschmerzbar. Apropos Schmerz: Man beabsichtigt nun, die Umrisse der Burg mit aus dem Boden herausragenden, kniehohen Stahlplatten zu markieren... Wer sehen möchte, wie überaus "stimmig" so etwas auf den Betrachter wirkt, der richte seinen Blick auf das Varusschlacht-Museum von Kalkriese.

Das "Varusschlacht-Museum" in Kalkriese: DDR-Todesstreifen, verlassene Baustelle, oder Museumspark?
(Foto: Corradox / Wikimedia.org)
Unwillkürlich fühlt man sich hier an die Überreste des Eisernen Vorhangs erinnert. Beim Anblick dieser vor sich hin rostenden Stahlstangen und Platten, möchte man deshalb weniger "Vae Victis!" rufen, sondern eher "Die Mauer muss weg!"  :)

Sonntag, 4. November 2012

Das sogenannte Verursacherprinzip

Mit gemischten Gefühlen beobachte ich seit geraumer Zeit jene in NRW vor sich hinbrodelnde Diskussion, bei der es, flapsig formuliert, darum geht, wem man beispielsweise im Falle einer archäologischen Notgrabungen die Kosten aufbrummen kann.
Den nachfolgenden Link verstehe man bitte ja nicht als politisches Statement meinerseits ;) Klick mich

Was in dem Artikel ein wenig missverständlich rüberkommt: Natürlich sind nicht nur Kiesgrubenbesitzer, Großinvestoren und sonstige Geldsäcke von Kostenbeteiligungen betroffen, sondern auch einfache Häuslbauer, die einfach das Pech haben, dass sich unter ihrem Grund und Boden irgendwelche historischen Überbleibsel befinden.
Zusätzliche Kosten und Bauverzögerungen, können hier rasch existenzgefährdend werden.

Samstag, 3. November 2012

Video: Die archäologische Freilegung eines Skeletts - Teil 4

Archäologie Utzenhofen
Im letzten Teil der Videoreihe zur Grabung in Utzenhofen, gibt es eine kleine Überraschung: In jener Grube, in der sich ein hochmittelalterliches Grab befand, lagen auch etliche Pfeilspitzen die wahrscheinlich ungarischen Ursprung sind und demnach aus den Ungarn-Kriegen der ottonischen Zeit stammen dürften. Weiters fand man Scherben eines spät-karolingischen Trichterbechers. Damit datiert der älteste Teil der Anlage mindestens ins späte 9. Jahrhundert; er ist also deutlich älter, als bisher angenommen. Die näheren Details erläutert Mathias Hensch, von Schauhuette.de

(Um zum Video zu gelangen, bitte auf den Screenshot klicken)

Hier geht es zu Teil 1, Teil 2 und Teil 3

Außerdem gibt es zu der Grabung mittlerweile auch einen TV-Beitrag von Oberpfalz-TV: Klick mich

Freitag, 2. November 2012

Karl der Große und Tassilo III.: Lügen haben lange Beine.

Kremsmünster
Tassilokelch, gestiftet von Herzog Tassilo; Stift Kremsmünster
(Foto: SCHREIBMAYR / Wikimedia.org)
Als Karl der Große, dem man eine stattliche Körpergröße nachsagt, den bayrischen Herzog Tassilo III. im Jahre 788 nach Ingelheim bestellte und ihn dort per Schauprozess aburteilen bzw. wegsperren ließ, muss die Suppe der Anklage reichlich dünn gewesen sein. Denn wie sonst lässt es sich erklären, dass man Tassilo, neben diversen aktuellen Delikten, angeblich auch eines vorwarf, das damals bereits 25 Jahre zurück lag? Die fränkischen Quellen behaupten sogar selbst, dass es dieses spezielle Delikt war, das den Ausschlag für die Verurteilung gab. 
Konkret handelte es sich dabei um jene "Fahnenflucht", derer sich Tassilo 763 gegenüber Karls Vater Pippin schuldig gemacht haben soll. Tassilo, der damals aufgrund eines Eides verpflichtet war, den König der Franken militärisch zu unterstützen, verließ während des Feldzuges gegen die Aquitanier das Heer und kehrte mit seinen Männern nach Bayern zurück. Als Begründung wurden von ihm gesundheitliche Probleme angegeben. 
Dieser Entschuldigungsgrund war nach dem vorherrschenden Recht völlig in Ordnung. Und offensichtlich fand auch mindestens 25 Jahre lang niemand etwas an den Vorgängen von damals auszusetzen. Bis man eben den allzu selbstständigen Herzog Tassilo in Ingelheim abservieren wollte und triftige Vorwände dafür gesucht wurden. Von diesem Zeitpunkt an verdrehen fränkische Chronisten, sozusagen mit flockigem Schaum vor dem Mund, die Tatsachen in Karls Sinn. 
Interessant ist aber auch: Erst im Jahre 801 ist verlässlich von einer königlichen Erlaubnis die Rede, welche man einholen musste um das Heer, egal aus welchem Grund, verlassen zu dürfen. Wobei dieser späte Zeitpunkt der Erwähnung, 13 Jahre nach dem Prozess(!), auch den Schluss zulässt, dass es überhaupt eine späterer Erfindung war, wonach man Tassilo vor allem wegen dieser Fahnenflucht verurteilte. Sozusagen um in Form einer Rückprojektion, die juristische Schmierenkomödie von 788 im Nachhinein zu rechtfertigen. 

Im Lichte dessen ist es doch vergleichsweise unerheblich, ob Tassilo, wie manche Historiker glauben, sich möglicherweise 763 doch unter einem falschen Vorwand vom Aquitanien-Feldzug zurückzog. (Schon Tassilos Vater Odilo I., pflegte ja zum Teil intensive Beziehungen mit den Aquitaniern. Beispielsweise wurde die Mission um 700 in Bayern von aquitanischen Priestern durchgeführt.) Fakt ist und bleibt also: Tassilo musste für die Erklärung, er wäre krank, kein ärztliches Attest vorlegen. Seine Verurteilung war daher Rechtsbeugung.


Weiterführende Literatur: 
Wilhelm Störmer | Die Bajuwaren - von der Völkerwanderung bis Tassilo III. | C. H. Beck | 2002 | Meine RezensionInfos bei Amazon