Von den alten Römern, Griechen, Ägyptern und Babyloniern haben die meisten 'Bildungsbürger' schon einmal etwas gehört oder gelesen. Aber wer bitteschön sind denn die Luwier?
Diese Frage bildet sozusagen das Rahmenwerk für die jüngste Publikation des deutschen Geoarchäologen Eberhard Zangger. In Die Luwier und der Trojanische Krieg (Verlag Orell Füssli) geht er der Frage nach der geschichtlichen Bedeutung dieses Volks auf den Grund, das ca. ab 2300 v. Chr. nach West-Kleinasien einwanderte, eine indoeuropäische Sprache verwendete und wahrscheinlich in der ausgehenden Bronzezeit maßgeblich am Niedergang der heute ungleich bekannteren Hethiter beteiligt war. Mehr noch, hinter den Luwiern dürften sich außerdem die mysteriösen "Seevölker" verbergen, denen die Forschung eine Mitschuld am plötzlichen Untergang weiterer Hochkulturen bzw. Staatengebilde um 1200 v. Chr. gibt. Und auch die Einwohner der legendären Stadt Troja waren wohl luwischer Herkunft. Überhaupt hinterließen die Angehörigen dieses Volks in großen Teilen des östlichen Mittelmeerraums unverkennbare kulturelle Spuren, sodass es erklärungsbedürftig ist, warum die Forschung von ihnen lange Zeit keine rechte Notiz nahm oder zumindest ihre Bedeutung weit unterschätzte. Der Buchautor hat dafür durchaus plausibel klingende Antworten gefunden.
Die hier nachgezeichnete Geschichte der Luwier - unter besonderer Berücksichtigung der luwischen Hieroglyphenschrift - wurde eng mit den Biographien ihrer bedeutendsten Erforscher verknüpft, welche auffällig oft eine Gemeinsamkeit aufweisen: Sie stießen in den Netzwerken der arrivierten Wissenschaft an allen Ecken und Enden auf Gegenwind. Selbst wenn sich die von ihnen zutage geförderten Erkenntnisse als bedeutend herausstellten, versagte man ihnen nicht selten die akademische Anerkennung. Dass sich daran bis heute kaum etwas geändert hat, musste der Buchautor Eberhard Zangger am eigenen Leib erfahren. Solange er sich als Geoarchäologe in Griechenland und Kreta betätigte, lief seine Karriere wie am Schnürchen. Das änderte sich jedoch schlagartig, als er begann, das bronzezeitliche Kleinasien und Troja unter die Lupe zu nehmen.
Dieses Buch ist viel mehr als nur der x-te Aufguss des 'Troja-Rätsels' - das übrigens, anders als der Buchtitel suggeriert, ohnehin nicht im Zentrum der Betrachtungen steht. Nein, vielmehr zeichnet Eberhard Zangger anhand mehrerer Forscherschicksale - inklusive seines eigenen - auch ein Sittenbild des Wissenschaftsbetriebes. Eitelkeiten und Missgunst scheinen weit verbreitet Charaktereigenschaften in diesen Kreisen zu sein. Querdenker schweigen häufig aus Karriereangst - oder werden anderenfalls gezielt verleumdet, um ihnen die berufliche und wirtschaftliche Existenz für weitere Forschungsarbeiten zu entziehen. Nicht der, mit den besseren Argumenten behält die Oberhand, sondern jener, mit den besseren Beziehungen.
Äußerst anschaulich wird das anhand einer Begebenheit illustriert, die sich Ende der 1990er zutrug; der Buchautor hatte damals vor, mittels Hubschrauber - also nichtinvasiv (!) - die Landschaft rund um die Troja-Ruinen geoarchäologisch zu untersuchen. Die private Finanzierung war bereits sichergestellt, ebenso wie die Zustimmung der türkischen Behörden. Doch kurz vor Start der Unternehmung, die wissenschaftlich wertvolle Daten hätte erbringen können, erfuhr der damalige deutsche Grabungsleiter Trojas davon. Wie vom wilden Affen gebissen setzte er Himmel und Hölle in Bewegung, um die Forschung seines als lästig empfundenen 'Konkurrenten' zu unterbinden. Leider mit Erfolg. Dieser mittlerweile verstorbene Ausgräber, der sich über Jahrzehnte als engstirniger Oberintrigant geriert hat, wird freilich bis heute von einem Häufchen seiner in die Jahre gekommenen Groupies beweihräuchert.
Übrigens, in diesem Zusammenhang absolut zu empfehlen ist auch das vom Althistoriker Frank Kolb verfasste Buch Tatort Troja.
Fazit: Sehr geschickt und kurzweilig verwebt der Autor Forschungsergebnisse mit Forscherbiographien. Angereichert wird das alles mit einer großen Portion farbig geschilderten Intrigantentums aus der Troja- bzw. Luwier-Forschung. Ein rundum gelungenes Buch, das am Ende noch mit einer kleinen Sensation aufwartet: Nämlich der erstmaligen Veröffentlichung eines lange Zeit verschollen geglaubten luwischen Hieroglyphentextes, der die extremen politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen am Ende der Bronzezeit - welche schließlich ins "Dunkle Zeitalter" führten - in einem z.T. völlig neuen Licht erscheinen lässt!
Diese Frage bildet sozusagen das Rahmenwerk für die jüngste Publikation des deutschen Geoarchäologen Eberhard Zangger. In Die Luwier und der Trojanische Krieg (Verlag Orell Füssli) geht er der Frage nach der geschichtlichen Bedeutung dieses Volks auf den Grund, das ca. ab 2300 v. Chr. nach West-Kleinasien einwanderte, eine indoeuropäische Sprache verwendete und wahrscheinlich in der ausgehenden Bronzezeit maßgeblich am Niedergang der heute ungleich bekannteren Hethiter beteiligt war. Mehr noch, hinter den Luwiern dürften sich außerdem die mysteriösen "Seevölker" verbergen, denen die Forschung eine Mitschuld am plötzlichen Untergang weiterer Hochkulturen bzw. Staatengebilde um 1200 v. Chr. gibt. Und auch die Einwohner der legendären Stadt Troja waren wohl luwischer Herkunft. Überhaupt hinterließen die Angehörigen dieses Volks in großen Teilen des östlichen Mittelmeerraums unverkennbare kulturelle Spuren, sodass es erklärungsbedürftig ist, warum die Forschung von ihnen lange Zeit keine rechte Notiz nahm oder zumindest ihre Bedeutung weit unterschätzte. Der Buchautor hat dafür durchaus plausibel klingende Antworten gefunden.
Die hier nachgezeichnete Geschichte der Luwier - unter besonderer Berücksichtigung der luwischen Hieroglyphenschrift - wurde eng mit den Biographien ihrer bedeutendsten Erforscher verknüpft, welche auffällig oft eine Gemeinsamkeit aufweisen: Sie stießen in den Netzwerken der arrivierten Wissenschaft an allen Ecken und Enden auf Gegenwind. Selbst wenn sich die von ihnen zutage geförderten Erkenntnisse als bedeutend herausstellten, versagte man ihnen nicht selten die akademische Anerkennung. Dass sich daran bis heute kaum etwas geändert hat, musste der Buchautor Eberhard Zangger am eigenen Leib erfahren. Solange er sich als Geoarchäologe in Griechenland und Kreta betätigte, lief seine Karriere wie am Schnürchen. Das änderte sich jedoch schlagartig, als er begann, das bronzezeitliche Kleinasien und Troja unter die Lupe zu nehmen.
Dieses Buch ist viel mehr als nur der x-te Aufguss des 'Troja-Rätsels' - das übrigens, anders als der Buchtitel suggeriert, ohnehin nicht im Zentrum der Betrachtungen steht. Nein, vielmehr zeichnet Eberhard Zangger anhand mehrerer Forscherschicksale - inklusive seines eigenen - auch ein Sittenbild des Wissenschaftsbetriebes. Eitelkeiten und Missgunst scheinen weit verbreitet Charaktereigenschaften in diesen Kreisen zu sein. Querdenker schweigen häufig aus Karriereangst - oder werden anderenfalls gezielt verleumdet, um ihnen die berufliche und wirtschaftliche Existenz für weitere Forschungsarbeiten zu entziehen. Nicht der, mit den besseren Argumenten behält die Oberhand, sondern jener, mit den besseren Beziehungen.
Äußerst anschaulich wird das anhand einer Begebenheit illustriert, die sich Ende der 1990er zutrug; der Buchautor hatte damals vor, mittels Hubschrauber - also nichtinvasiv (!) - die Landschaft rund um die Troja-Ruinen geoarchäologisch zu untersuchen. Die private Finanzierung war bereits sichergestellt, ebenso wie die Zustimmung der türkischen Behörden. Doch kurz vor Start der Unternehmung, die wissenschaftlich wertvolle Daten hätte erbringen können, erfuhr der damalige deutsche Grabungsleiter Trojas davon. Wie vom wilden Affen gebissen setzte er Himmel und Hölle in Bewegung, um die Forschung seines als lästig empfundenen 'Konkurrenten' zu unterbinden. Leider mit Erfolg. Dieser mittlerweile verstorbene Ausgräber, der sich über Jahrzehnte als engstirniger Oberintrigant geriert hat, wird freilich bis heute von einem Häufchen seiner in die Jahre gekommenen Groupies beweihräuchert.
Übrigens, in diesem Zusammenhang absolut zu empfehlen ist auch das vom Althistoriker Frank Kolb verfasste Buch Tatort Troja.
Fazit: Sehr geschickt und kurzweilig verwebt der Autor Forschungsergebnisse mit Forscherbiographien. Angereichert wird das alles mit einer großen Portion farbig geschilderten Intrigantentums aus der Troja- bzw. Luwier-Forschung. Ein rundum gelungenes Buch, das am Ende noch mit einer kleinen Sensation aufwartet: Nämlich der erstmaligen Veröffentlichung eines lange Zeit verschollen geglaubten luwischen Hieroglyphentextes, der die extremen politischen und gesellschaftlichen Verwerfungen am Ende der Bronzezeit - welche schließlich ins "Dunkle Zeitalter" führten - in einem z.T. völlig neuen Licht erscheinen lässt!
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Weiterführende Informationen:
- Die Luwier und der Trojanische Krieg - Infos bei Amazon
- Informative Homepage des vom Autor geleiteten Instituts für "Luwian Studies"
Weitere interessante Themen:
- Kontroverse Ephesos-Forschung: Ein Interview mit der Grabungsleiterin Sabine Ladstätter
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Ich denke, das Buch landet auf meinem Wunschzettel fürs Christkind :-)
AntwortenLöschenLG,
Erwin
Der unsägliche Herr Korfmann wieder einmal. Einer der ärgsten Blockierer in der Geschichte der kleinasiatischen Archäologie. Der hat mehr Forscher-Karrieren auf dem Gewissen, als man zählen kann.
AntwortenLöschenHilti, vielleicht kennst du auch das Buch "Die luwische Kultur. Das fehlende Element in der Ägäischen Bronzezeit"?
Es stammt auch von Eberhard Zangger, ist allerdings nur noch im Antiquariat erhältlich.
Gero
Das Buch ist mir nur vom Namen her bekannt.
LöschenHallo, das Buch "Die Luwische Kultur" gibt es noch beim Phoibos Verlag
Löschenhttps://phoibos.at/Autoren-Hrsg/Z/Die-luwische-Kultur-Das-fehlende-Element-in-der-Aegaeischen-Bronzezeit.html
LG
Danke für den Hinweis!
LöschenEs ist eine Schande, dass West-Kleinasien und der luwische Kulturkreis dermaßen stiefmütterlich behandelt werden. Besonders im Schulunterricht. Mesopotamien und Ägypten, mehr gibt laut Lehrplan der Alte Orient nicht her.
AntwortenLöschen-Zakinto-