Zitat: Das vorliegende Buch [...] soll einerseits Archäologen ermöglichen, sich mit relevanten Methoden und Techniken vertraut zu machen, andererseits soll es Wissenschaftler aus den Natur-, darunter insbesondere den Geo- und Ingenieurswissenschaften, mit notwendigem archäologischem Fachwissen ausstatten. Es soll im Studium und in der Forschung als Lehrmaterial mit praxisbezogenen Beispielen dienen, gleichzeitig soll es auch interessierten Laien eine völlig neue und spannende Perspektive der Archäologie eröffnen. Hierbei wurde insbesondere Wert auf eine Auswahl eindrucksvoller und qualitativ hochwertiger Luftbilder von vielfältigen archäologischen Objekten und Monumenten gelegt.
Ist das gelungen? Aus meiner Sicht - also aus der eines zwar nicht historischen, aber doch eines archäologischen Laien - lautet die klare Antwort: Ja.
Es handelte sich bei "Luftbildarchäologie - Archäologische Spurensuche aus der Luft" um quasi den ersten von zwei Teilen zu diesem Thema. Das zweite, ein Jahr später erschienene Buch habe ich bereits vor einigen Wochen besprochen. Während darin vor allem ausgewählte Bilder aus der Luftbildarchäologie präsentiert wurden, liegt im vorliegenden ersten Teil der Schwerpunkt bei den Methoden, Hintergründen, Anwendungsgebieten und verschiedensten technischen Aspekten dieser Teildisziplin der Archäologie; auch auf die Forschungsgeschichte wird ein wenig eingegangen.
Die drei Autoren, Baoquan Song, Klaus Leidorf und Eckhard Heller sind allesamt erfahrene Fachleute mit einer viele Jahre umfassenden Berufserfahrung in diesem Bereich. Ihre Ausführungen sind nicht nur aspektreich, sondern auch allgemein verständlich formuliert und mit vielen nützlichen Fotos und Grafiken unterlegt.
Wer sich etwas näher mit dem weiten Feld der Archäologie beschäftigt, wird Bewuchs- und Bodenmerkmale als die typischsten Beispiele kennen, die uns die Luftbildarchäologie liefert. Hierbei hat man es vor allem mit verfüllten Gräben sowie unterirdisch noch vorhandenen Mauerresten zu tun, die sich oberirdisch indirekt abzeichnen. Entweder durch eine von der Umgebung abweichende Bodenfärbung (besonders bei gepflügtem Äckern und im Rahmen von Bauarbeiten) oder in Form von Pflanzen, die einen höheren bzw. niedrigeren Wuchs haben als üblich, da ihre Wurzeln im Fall von verfüllten Gräben besseren Zugang zu Nährstoffen und Wasser haben, während Mauerreste sich diesbezüglich als hinderlich erweisen. Daneben gibt es allerdings noch wesentlich mehr Merkmale, die auf im Boden verborgene Strukturen hindeuten können. Und zwar Schatten-, Schnee-, Reif-, Feucht- und Flutmerkmale. Letztere drei Erscheinungsformen waren mir unbekannt. Gerade sie setzen freilich auch ein besonders gutes Timing bei der Beobachtung aus der Luft voraus. Unterschiedliche Jahres- und Tageszeiten spielen hier grundsätzlich eine wichtige Rolle. Wie im Buch geschildert wird, müssen verdächtige Gebiete deshalb oft jahrelang beflogen werden, um eventuell eines Tages etwas zu entdecken. Das hört sich aufwendig an, und das ist es auch, aber diese Methode aus dem Werkzeugkasten der Archäologie ist immer noch wesentlich billiger als ein Survey am Boden. Schließlich besitzen die Suchgebiete oft eine Fläche von zig Quadratkilometern. So gesehen kann die Luftbildarchäologie sogar helfen, Geld zu sparen.
Ein ebenfalls interessanter Aspekt, der mir bisher nicht bewusst war, ist der Umstand, dass man im Rahmen der Luftbildarchäologie sogar einen wichtigen Beitrag zur Erforschung von Kulturen leisten kann, die überhaupt keine baulichen Strukturen hinterlassen haben. Weder ober- noch unterirdisch. So ist es beispielsweise möglich, potentiell gut geeignete Lagerplätze von Jägern und Sammlern der Altsteinzeit ausfindig zu machen. Später können diese Orte von Archäologen am Boden näher unter die Lupe genommen werden, um etwa nach Pfeilspitzen und ähnlichen Artefakte im gepflügten Acker Ausschau zu halten.
Blick ins Buch. Und ja, bei uns hängt schon die Weihnachtsdeko 😀 | (C) Wissenschaftliche Buchgesellschaft/Verlag Herder |
Fazit: Ein wirklich schön gestaltetes, hochinteressantes, großformatiges Buch, in dem das Themengebiet der Luftbildarchäologie in erschöpfender und anschaulicher Weise behandelt wird. Einzig das Thema "Drohnen" kommt hier vielleicht etwas zu kurz, was daran liegen könnte, dass es 2018, als das Buch erschienen ist, noch kein ganz so großes Thema war wie heute.
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