
In der Heftreihe "Bayerische Archäologie" liegt diesmal der Schwerpunkt im Bereich hochmittelalterlicher Stadtgründungen in Bayern. Äußerst spannend sind für mich in diesem Zusammenhang die im späten 16. Jahrhundert entstandenen Modelle bayerischer Städte, von denen einige in der vorliegenden Ausgabe abgebildet sind. Neben dem Heftschwerpunkt sind aber wie üblich natürlich auch weitere Beiträge zu anderen Themen enthalten.
Außerdem haben mich mehrere Inhalte dazu veranlasst, wieder einmal "respektlos" zu werden (um einen erbosten Blogleser zu zitieren). Vielleicht regt sich ja auch diesmal wieder jemand darüber auf? 😁
Campus Galli: Gleich und Gleich gesellt sich gerne!
Die "Gesellschaft für Archäologie in Bayern" (das sind jene bornierten Herren- und Damenschaften, die keine wissenschaftlich interessierten Metallsondengeher bei Lehrgrabungen dabeihaben wollen) kündigt in ihren sogenannten "Mitteilungen" in der Heftmitte eine viertägige Exkursion nach Oberschwaben an. Unter anderem besucht man die Bachritterburg in Kanzach und - jetzt kommts - den Campus Galli in Meßkirch, "wo seit 2012 die eindrucksvolle Nachbildung eines frühmittelalterlichen Klosters auf der Grundlage des St. Galler Klosterplans entsteht".
Da lachen ja die Hühner! Denn "eindrucksvoll" sind in der Realität ausschließlich die Unsummen an Steuergeld, die dieses unsägliche Versagerprojekt verschlingt. Freilich, die "Gesellschaft für Archäologie in Bayern" steht auch hinter der vorliegenden Zeitschrift "Bayrische Archäologie", mit der sich der Verein - neben Spenden und Mitgliedsbeiträgen - finanziert. Nun ist es in diesem Zusammenhang interessant zu wissen, dass laut verschiedener Online-Quellen wiederum genau diese Zeitschrift vom Land Bayern kräftig bezuschusst wird. Will heißen, es findet hier eine indirekte Finanzierung des als "gemeinnützig" eingetragenen Vereins "Gesellschaft für Archäologie in Bayern" mit Staatsknete statt. So gesehen ist es wohl kein Wunder, dass man das ebenfalls steuergeldfinanzierte Treiben in Meßkirch durch die rosarote Brille betrachtet. Gleich und gleich gesellt sich bekanntlich gerne (dem Verlag Friedrich Pustet, bei dem die Zeitschrift erscheint, mache ich hier keinen Vorwurf).
Notiz am Rande: Dass man in der Zeitschriftenreihe die äußerst löbliche und wichtige Rubrik mit den oft staatlich zu verantwortenden Denkmalschutz-Schweinereien nach nur wenigen Jahren wieder gestrichen hat, könnte übrigens auch mit der besagten Finanzierungsstruktur zu tun haben. Die KI GROK kommt hier auf den gleichen Gedanken wie ich:
"Eine mögliche Erklärung für das Streichen der Rubrik könnte sein, dass die Redaktion oder die Gesellschaft für Archäologie in Bayern den Fokus der Zeitschrift stärker auf wissenschaftliche Inhalte und positive Vermittlung von Archäologie und Denkmalpflege legen wollte, anstatt auf kritische oder kontroverse Themen wie Denkmalschutzsünden. Solche Rubriken könnten potenziell Konflikte mit Behörden, Eigentümern oder anderen Interessengruppen hervorrufen, insbesondere da die Zeitschrift teilweise durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert wird. Dieses Ministerium ist eng mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege verzahnt, das für Denkmalschutz zuständig ist, was eine kritische Berichterstattung über Versäumnisse im Denkmalschutz möglicherweise erschwert." |
Zusammengefasst: Man beißt nicht die Hand, die einen füttert. Oder: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Ich sollte "Bayerische Archäologie" daher zukünftig wohl als verkappt staatliche oder staatsnahe Archäologiezeitschrift bezeichnen.
Wie ein vergammelter keltischer Umgangstempel die Mittelalterbaustelle Campus Galli als Schildbürger-Projekt entlarvt
In den Jahren 2007 bis 2009 wurde im archäologischen Erlebnispark Gabreta ein keltischer Umgangstempel errichtet. Baumaterial: Holz. Das Ding war nach relativ kurzer Zeit dermaßen baufällig, dass laut einem Heftbeitrag mittlerweile aus statischen Gründen nicht nur 20 Holzsäulen ausgetauscht werden mussten, sondern man dabei auch gleich das Dach aus Holzschindeln neu gedeckt und Wandelemente repariert hatte.
So ist das eben, wenn man historisch halbwegs authentisch baut. Aber was sagt uns das in Bezug auf die von mir nicht sehr geschätzte Mittelalterbaustelle Campus Galli, wo man über einen Zeitraum von vielen Jahrzehnten mit relativ wenigen Arbeitskräften nicht bloß ein einzelnes kleines Gebäude, sondern gleich eine frühmittelalterliche Großklosteranlage - ebenfalls zu erheblichen Teilen aus Holz bestehend - errichten möchte? Nun, wer hier mitdenkt, wird unweigerlich zu dem Schluss kommen, dass den Betreibern das bereits Errichtete lange vor der Fertigstellung des großen Rests wieder vergammelt sein wird. Und in der Tat sind die Herrschaften bereits jetzt - nach erst 13 Jahren - ständig mit Reparaturarbeiten beschäftigt, was Zeit, Geld und sonstige Ressourcen frisst, die dann bei der Weiterentwicklung der Anlage fehlen. Schilda lässt grüßen.
Von Stroh und nützlichen Idioten
Im umfangreichen Heftbeitrag "Archäologie mittelalterlicher Stadtgründungen in Bayern" schreibt gleich zu Beginn ein Herr Haberstroh - seines Zeichens Hauptkonservator und stellvertretender Abteilungsleiter der Bodendenkmalpflege am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege - folgende wunderlichen Sätze:
"Der Münchner Stadtkataster stellt allein den Erhalt der Denkmalschutzsubstanz in den Mittelpunkt, ohne Ansätze unterschiedlicher Bewertung anzubieten. Vor missbräuchlicher Deutung schützt ihn vielleicht auch seine eingeschränkte Öffentlichkeit, gerade im Vergleich mit anderen Konzepten im Zeitalter von open source und open data. Aufgaben der Veröffentlichung und Vermittlung archäologischer Grabungsergebnisse erfüllt der Münchner Stadtkataster ausdrücklich nicht." |
Was textet der Großkopferte vom Amt da, dachte ich mir. Eine "missbräuchliche Deutung"? Von archäologischen Befunden? Ja was zum Geier soll denn das im konkreten Kontext der mittelalterlichen Stadtgeschichte Münchens überhaupt bedeuten? Wozu hat dieser Mensch ein Hochschulstudium absolviert, wenn er dann nicht einmal in der Lage ist, sich allgemein verständlich auszudrücken, sondern stattdessen kryptisch herumsabbelt wie die Sybille von Cumae?!
Also habe ich den Artikel abfotografiert und einem guten Bekannten geschickt, der rund 30 Jahre lang als Archäologe in Bayern und in anderen Ecken Deutschlands tätig gewesen ist. In seiner Antwort meinte er, dass er die inkriminierte Textstelle als Kritk an Forschern versteht, die nicht jenen archäologischen Ansichten anhängen, welche Haberstroh vertritt. Der Herr sei wohl weinerlich, weil er und seine Buddys durch open access und andere Faktoren die eigene Deutungshoheit und wissenschaftliche Wichtigkeit schwinden sehen. Bürgerforschung bzw. citizen science sei diesen Leuten ein Graus, wenn sie nicht am staatlichen Gängelband stattfindet.
Mir will scheinen, dass diese Einschätzung recht nahe an der Realität liegen dürfte. Die "Gesellschaft für Archäologie in Bayern" befindet sich diesbezüglich übrigens auf demselben falschen Dampfer. Eigeninitiative schätzt man dort gar nicht. Und damit schließt sich der Kreis, denn wir sind nun wieder beim bereits weiter oben erwähnten Umstand angelangt, dass dieser Verein bei Lehrgrabungen keine wissenschaftlich interessierten Metallsondengänger dabeihaben möchte, die sich einer engen staatlichen Kontrolle entziehen. Vielmehr wird der Sondengänger als Hiwi betrachtet, welcher bestenfalls Handlangertätigkeiten im Auftrag der staatlichen Archäologie verrichten soll. Der Begriff vom "nützlichen Idioten" kommt mir dabei in den Sinn.
Die "Frankfurter Silberinschrift"
Interessant ist ein archäologischer Fund, der in Frankfurt gemacht wurde: Eingerollt in einem Silberamulett, haben Experten (nicht "Expertinnen und Experten", wie im Heftbeitrag umständlich gestusstextet wird) eine dünne Silberfolie mit einer Inschrift entdeckt. Die aufwendige Entzifferung ergab, dass es sich um einen christlichen Text handelt. Datiert wird das Ganze in die Mitte des 3. Jahrhunderts nach Christus. Es handelt sich dabei, wie es heißt, um das älteste vollständig christlich zu wertende Zeugnis nördlich der Alpen. Die zuvor ältesten rein christlichen Funde waren rund 50 Jahre älter.
Wieso man das Ding so komplett fade und geistlos als "Frankfurter Silberinschrift" bezeichnet hat, wird dem Leser nicht erläutert. Mich wundert diese geistige Trägheit freilich, denn gerade Archäologen verfügen doch ansonsten auch über eine ausgeprägte Imaginationsgabe - wie sie ständig anhand skurriler Storys, die irgendwelchen Funden anhängt werden, unter Beweis stellen. Ich muss heute noch lachen, wenn ich beispielsweise an das Fragment eines Kettenpanzers denke, das man auf dem Harzhorn-Kampfplatz ausgegraben hat. Allein dafür haben die Verantwortlichen bei einer Pressekonferenz schon fast einen historischen Roman präsentiert …
FAZIT
Insgesamt ein durchaus interessantes Heft, in dem anhand vieler Einzelbeispiele bayerischer Städte ein interessanter Eindruck hinsichtlich der Umstände mittelalterlicher Stadtgründungen vermittelt wird. Wobei meine relativ umfangreiche Kritik in dieser Rezension nicht repräsentativ für den gesamten Heftinhalt ist. Vielmehr habe ich mir die aus meiner Sicht besonders kontroversen Teile herausgepickt. Also sozusagen das, was mir so richtig auf den Wecker ging 😁
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