Der titelgebende Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe der Heftreihe "Bayerische Archäologie" sind "Unterirdische Labyrinthe". Konkret geht es vor allem um vom Menschen erschaffene Hohlräume aller Art; von Stollen über Keller, Brunnen bis hin zu den etwas mysteriösen "Erdställen". Wobei zu letzteren natürlich nur die vergleichsweise lahmen 'Mainstream'-Theorien Erwähnung finden. Wo kämen wir denn hin, wenn man über den Tellerrand hinausblicken und sich beispielsweise mit der überaus gut dokumentierten
Forschungsarbeit des aus Graz stammenden Prähistorikers und Höhlenforschers Heinrich Kusch auseinandersetzen würde (gerne auch kritisch
wie etwa er hier ⚠) .
Stattdessen erfährt der geneigte Leser des vorliegenden Heftes, dass das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege über einen sogenannten "Hohlraumbeauftragten" verfügt. Toll. Ob man diesen Herrn aber nicht auch die Köpfe
jener bayerischen Politiker untersuchen lassen sollte, die neuerdings den Baudenkmalschutz aufweichen und im Juli ein Schatzregal beschlossen haben, welches schlicht und ergreifend das Prädikat Mega-Schwachsinn verdient?
Finder und Grundstückseigentümer werden von nun an nämlich so richtig schön nach Strich und Faden vom politisch-archäologischen Komplex abgezockt (
ich habe darüber bereits berichtet). Jeder mit Verstand und vor allem funktionierendem Gerechtigkeitsempfinden wird es sich im Angesicht dessen zweimal überlegen, ob er einen Fund meldet. Ein mit interessanten Details versehener Beitrag in "Bayerische Archäologie" erläutert dieses freistaatliche 'Raubritterum', welches von einem heuchlerisch-gönnerhaften Mäntelchen umhüllt wird.
Hinweis: Unter anderem weil man mich darum gebeten hat, werde ich von nun an immer darauf aufmerksam machen bzw. davor warnen, sobald Heft-Autoren in ihren Texten Sprachverhunzerei betreiben - egal ob mittels Sternchen, Doppelpunkt, Binnen-I oder dem penetranten Verwenden von männlicher und weiblicher Form, wenn doch auch das generische Maskulinum völlig ausreichend wäre. Diese Dienstleistung für meine Leser folgt dem Motto von Harald Schmidt: "Einen Text mit Gendersternchen lese ich nicht." 😃
Die Höhle als Klimaanlage im Sommer? - Der bayerische "Hohlraumbeauftragte" erzählt aus seinem Alltag
Bernhard Häck ist in Bayern für die Erforschung und Dokumentation von Hohlräumen verschiedenster Art zuständig: Menschgemachten sowie natürlichen, die vom Menschen jedoch genutzt und gar erweitert wurden. Unterstützt wird er dabei nicht nur von "Höhlenforschern", sondern auch von "Höhlenforscherinnen" - heißt es. Außerdem würden die "Bürgerinnen UND Bürger" von den Untersuchungen profitieren. Na fantastisch. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?
Seine Arbeit sei oft ziemlich dreckig, da er mitunter sogar im Schlamm von halb verfüllten Abwasserkanälen herumkriechen muss. Ob dergleichen aber dermaßen dreckig ist wie aktuell das Betätigungsfeld eines pensionierten bayerischen Deutsch- und Lateinlehrers aus Mallersdorf-Pfaffenberg sowie einer gewissen Tageszeitung aus München, die gemeinsam (wohl nicht aus den nobelsten Beweggründen) nach Schmutz geradezu gesucht haben?
Häck berichtet auch darüber, dass er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit ein Auge darauf werfen muss, ob vom entdeckten Hohlraum eine Einsturzgefahr ausgeht, die oberirdische Bauten schädigen kann. Allerdings - und das fand ich recht interessant - könne sich das Wiederöffnen von verschlossenen unterirdischen Hohlräumen positiv auf das lokale Klima während einer Hitzeperiode auswirken, da die gekühlte Raumluft in den Siedlungsbereich gelangt. Wobei sich mir schon die Frage stellt, von welchem Ausmaß man hinsichtlich der Wirksamkeit hier reden kann...
Der Sondengänger und die selten Situla
In Irlbach wurde ausgerechnet von einem bei Archäologen so überaus unbeliebten Metallsondengängern eine seltene bronzene Situla mit figürlichen Darstellungen entdeckt und auch sofort bei den zuständigen Stellen zur Dokumentation vorgelegt. Sie wird in das 6./5. Jahrhundert vor Christus datiert, also in die Zeit der Kelten. Dergleichen war bisher nur aus Italien und dem Südostalpenraum bekannt, aber nicht aus Deutschland. In der Einleitung des Textes von Roland Gschlößl (der an dieser Stelle einmal nicht artig gendert, dafür aber an anderer) heißt es dementsprechend: "Wenn Archäologen bei einem Fund nervös werden und ob desselben nicht mehr schlafen können, dann will das was heißen. Dann liegt eine Sensation in der Luft. Und zwar eine fachlich begründete, nicht eine in den Medien inflationär so genannte.
Meine Rede - und zwar seit vielen Jahren. Wobei dieses schwindlige Sensationsgeheische nicht nur auf dem Mist der nach Klicks gierenden Medien gewachsen ist, sondern natürlich auch auf jenem der Archäologen selbst, die sich oft genug wichtig machen wollen (man muss schon ein ausgesprochener Naivling sein, um zu glauben, dass der Wissenschaftlerberuf einen überdurchschnittlichen Charakter voraussetzt). Im konkreten Fall gehört der eigentliche Ruhm freilich einem Sondengänger, ohne den der ursprünglich für Besäufnisse verwendete bronzene Blecheimer wahrscheinlich nie entdeckt worden wäre. Denn praktisch kein Archäologe kann es sich zeitlich leisten, wahllos mit einer Metallsonde Äcker abzulaufen; das bleibt meist Privatiers vorbehalten. Üblicherweise werden allerdings Finder von bedeutenden archäologischen Objekten, wenn es sich um Laien, vor allem aber um Sondengänger handelt, von der Fachwelt bewusst totgeschwiegen. Ausnahmen bestätigen die Regel. So im konkreten Fall, in dem Franz Radlbeck der Dank für den überaus seltenen Fund gebührt. Wobei er es auch verdienen würde, im Museum, wo die Situla ausgestellt wird, als Finder genannt zu werden. Ich habe schon von mehreren Metallsuchern gehört, dass sie diese kleine Anerkennung, die so gut wie nichts kostet, vermissen. In einem mir bekannten Fall hat man die Nennung zuerst auf Nachfrage des Finders zugesagt, dann aber unter Verwendung einer fadenscheinigen Ausreden nichts dergleichen gemacht. Und das obwohl der Betroffene dem Museum das Fundobjekt geschenkt hat. Schäbigkeit hat eben viele Gesichter.
Pech: Der eingeschmolzene Keltenschatz
Nachdem die Betreiber des Kelten-Römer-Museums Manching im Vorjahr mit dem schmerzlichen Verlust eines aus 483 Münzen und einem Gusskuchen bestehenden Metallhaufens Goldschatzes aus der Keltenzeit konfrontiert worden sind, hat man nun die wahrscheinlichen Diebe anhand von DNA-Spuren geschnappt. Keines der vier Mitglieder einer international operierenden Bande habe "Migrationshintergrund", schreibt man interessanterweise explizit. Warum die Pozilei wohl meint, speziell diesen Umstand herausstreichen zu müssen? ^^
Doch leider, wie man schon befürchtet hat, dürfte der Goldschatz eingeschmolzen worden sein; das belegt die Analyse von 18 sichergestellten Goldklumpen geringer Größe. Allerdings ist bisher wohl nicht klar, ob wirklich schon alles zerstört wurde. Die polizeilichen Untersuchungen der "Sonderkommission Oppidum" dauern noch an, heißt es (bei dieser Wortkreation haben die deutschen Beamten ja wieder einmal so richtig aus dem Vollen geschöpft; da fühlt man sich regelrecht an einige der von ihren Vorgängern produzierten Klassiker erinnert: "Unternehmen Barbarossa", "Unternehmen Herbstreise" oder, und das ist mein absoluter Liebling, "Unternehmen Bodenplatte").
In wissenschaftlicher Hinsicht ist der Verlust freilich kein großes Malheur, da die Münzen ohnehin längst bestens dokumentiert und untersucht wurden. Lediglich die Museumsbetreiber haben einen Publikumsmagneten verloren. Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass man die sichergestellten Goldklumpen verwenden wird, um daraus Replikate der entwendeten 'Regenbogenschüsselchen' herzustellen. Also Fakes, abgesehen vom Material. Gegebenenfalls an die große Glocke werden sie das nicht hängen und vermutlich Besuchern stattdessen vorgaukeln, das Zeug wäre original. Jedoch eventuell irre ich mich ja mit meiner Prognose, obschon diese auf Erfahrungen mit anderen Museen beruht. Die haben nämlich auch keinen Genierer, die Originale durch Kopien zu ersetzen. Selbst dann nicht, wenn besagte Originale noch existieren.
Aber noch einmal zurück zu den Dieben: Diese haben bei ihrer Tat das Festnetztelefon bzw. das Internetkabel gekappt, um der Alarmanlage des Museums Manching jede Möglichkeit zu nehmen, die Polizei zu informieren. Interessanterweise wurden nun im Rahmen der Polizei-Razzia auch "Funk-Jammer" (Störsender) bei den Tätern entdeckt. Dies dürfte bedeuten, dass die Bande wohl auch Alarmanlagen vorübergehend ausknipsen konnte, die über Mobilfunk den stillen Alarm an die Polizei weiterleiten. Wobei allerdings die Alarmanlage in Manching dazu ohnehin nicht in der Lage gewesen sein dürfte. Außerdem gibt es - abhängig vom verwendeten Störsender und dem damit abgedeckten Frequenzbereich - die Möglichkeit technischer Gegenmaßnahmen. Der typische Museumsbetreiber hat von all dem leider keinen Dunst, verlässt sich blind auf irgendwelche schwindligen Experten, die ihm ihr überteuertes Glumpert andrehen wollen, und fällt deshalb aus allen Wolken, wenn man ihm eines Tages die Bude ausräumt. Manching ist ja kein Einzelfall.
"New Glume Wheat"
In Spitzlberg wurden bei einer Ausgrabung rund 5 kg verkohltes Getreide entdeckt, welches laut C14-Datierung bemerkenswerte 7000 Jahre alt ist! Die meisten Körner davon sind interessanterweise weder Einkorn noch Emmer - die meines Wissens bisher für die Jungsteinzeit als Hauptgetreidesorten betrachtet werden - sondern vielmehr ein Weizen, der angeblich irgendwann in der Bronzezeit von der Bildfläche verschwand. Anscheinend weil die hiesigen Archäologen und Archäobotaniker bisher zu faul sind, sich dafür einen deutschen Namen einfallen zu lassen, wird die englische Bezeichnung "New Glume Wheat" übernommen.
Fazit: Der Schwerpunkt dieses Hefts ist nach meinem Dafürhalten nur mäßig spannend. Das liegt vor allem an der Auswahl der behandelten Beispiele, die doch eher lahm bzw. vor allem für lokalgeschichtlich Interessierte lesenswert sind. Die restlichen Beiträge sind zum Teil von deutlich allgemeinerem Interesse, so etwa jene über zwei experimentalarchäologische Projekte. Im einen davon geht es um das steinzeitliche Fällen von Bäumen, im anderen steht das Brauen von keltischem Bier im Mittelpunkt. Grundsätzlich würde ich mir mehr solche experimentalarchäologischen Inhalte in zukünftigen Heften wünschen, und weniger das bloße Herunterleiern von Grabungsberichten und Ähnlichem.
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