Freitag, 8. November 2019

🥣 Hiltibold kocht römisch: Pfannenbrot und gefüllte Fladen ("panis in patina coctus" et "placentae plenae")


Eigentlich probiere ich gerne historische Kochrezepte aus, besonders wenn die Adventszeit naht. Allerdings bevorzugt unter den Voraussetzungen, dass sich die Prozedur ohne großen Aufwand und exotische Zutaten rasch erledigen lässt. Für eine Mahlzeit spezielle Läden abzuklappern und lange in der Küche zu stehen, mag ich meine Zeit nicht unbedingt vertrödeln.
Erfreulicherweise erfüllen nahezu alle Rezepte im "Gladiatoren Kochbuch" die meiner Faulheit geschuldeten Anforderungen (Rezension und Infos bei Amazon). Die beschriebenen Gerichte erheben zwar nicht den Anspruch, historisch völlig authentisch zu sein, es ist aber aufgrund verschiedenster Überlieferungen sehr gut denkbar, dass sie so oder so ähnlich auch bei den alten Römern verspeist wurden.
Das hier von mir vorgestellte Rezept besteht aus zwei Teilen: Der erste ist ein einfaches Pfannenbrot, welches man mit geringem Aufwand zu gefüllten Fladen aufwerten kann. 

—————–

1. Pfannenbrot  (panis in patina coctus

Zutaten:
  • Drei Tassen Weizenmehl vom Typ 550 (Deutschland) bzw. Typ W700 (Österreich) 
  • Zwei Teelöffel Meersalz (ich habe normales Steinsalz verwendet, schließlich war Steinsalz auch den Römern nicht unbekannt - vor allem in den Alpenprovinzen; außerdem erkenne zumindest ich den geschmacklichen Unterschied sowieso nicht)
  • 1 Tasse Wasser
  • 1/2 Block Germ (Frischhefe)
  • 1 Ei

Zubereitung:
Den Germ und das Wasser gut mit dem Ei verquirlen (evtl. kurz mixen) und in eine Schüssel zu Mehl und Salz geben (die Zutaten sollten zimmerwarm sein). Alles mit einem Löffel durchrühren, bis ein sämiger Teigklumpen entsteht (meiner war zu feucht/klebrig, deshalb musste ich nachträglich noch etwas Mehl hinzugeben); diesen im Anschluss gut durchkneten und in vier gleich große Kugeln aufteilen. Die Kugeln in einer mit einem Geschirrtuch zugedeckten Schüssel an einem warmen Platz zwei Stunden lang gehen lassen, danach relativ flach ausrollen (siehe Foto) und in einer gut vorerhitzten Pfanne bei mittlerer Temperatur beidseitig ausbacken, bis das Endergebnis so aussieht wie auf den Fotos (wer nicht sicher ist, ob das Brot schon durch ist, kann ja die bekannte Probe mit einem Spieß machen und schauen, ob daran noch Teig kleben bleibt). Im Rezept steht übrigens nichts von Öl oder Fett. Ich habe daher eine Pfanne mit Keramikbeschichtung verwendet -  in der bleibt nichts kleben. Von Teflon halte ich hingegen aus gesundheitlichen Gründen nicht viel. Freunde berichten mir überdies, dass solche Pfannenbrote auch in ihrem Gusseisernem Geschirr der Lagerküche gut gelungen sind. 
Die Teigkugeln wurden zum Aufgehen in eine Schüssel gelegt, mit einem Tuch zugedeckt und in einen warmen Raum gestellt. Wie sich später (wenig überraschend) herausgestellt hat, war die Schüssel viel zu klein dafür, da der Teig sein Volumen mindestens verdoppelt hatte und die Kugeln deshalb auf dem engen Raum zusammengeklebt sind. Meiner Ansicht nach spricht aber ohnehin nichts dagegen, den Teig überhaupt erst nach dem Aufgehen zu vierteln.
Eine der nach dem Aufgehen zu einem Fladen ausgewalzten Teigkugeln. Walzt man sie noch etwas dünner aus als hier, lassen sich die Fladen nach dem Herausbraten in der Pfanne schwerer füllen, allerdings schmecken sie so ohne Füllung besser (dünnere Fladen sind knuspriger und luftiger, da der Teig Blasen wirft).
Die vier fertigen Fladen. Zwei, die mir dünner geraten sind, habe ich gleich so verputzt; die beiden anderen wurden gefüllt. Wie man außerdem vielleicht sieht: Der ausgewalzte Teig geht beim Braten in der Pfanne noch einmal auf.


2. Gefüllte Fladen (placentae plenae)

Zutaten: 
  • 4 fertige Pfannenbrote bzw. Fladen
  • 1 Zwiebel
  • 3 Knoblauchzehen
  • Ein kräftiger Schuss Sojasauce (als kostengünstiger Ersatz für die bei den Römern so beliebte Grundwürze Garum/Liquamen, die ein fermentierter Fischextrakt ist; ein authentischeres Substitut als Sojasauce wäre hier die recht kostengünstige ostasiatische Fischsauce "Nouc-nam" oder "colatura di alici", was ein eher teurer, aus Italien stammender Extrakt aus eingesalzenen Sardellen ist - der dem antiken Garum geschmacklich aber sehr nahe kommen soll)
  • Ca. ein Teelöffel Pfeffer
  • 1 große Dose weiße Bohnen
  • Ein kräftiger Schuss Olivenöl
  • Ein halber Teelöffel Cumin/Kreuzkümmel (haben wir normalerweise nicht in der Küche - der Zufall wollte es aber, dass schon vor Wochen ein Gläschen davon seinen Weg zu mir gefunden hat; meint Tipp für dieses etwas eigentümlich schmeckende Gewürz lautet, bei der Dosierung vorsichtig zu sein)
  • 2 Eier (im Originalrezept ist nur von einem Ei die Rede, aber bei einer großen Dose Bohnen ist das meiner Ansicht nach zu wenig)

Zubereitung:
Die Bohnen muss man laut Rezept zuerst waschen; warum auch immer, ich mache das normalerweise nie - allerdings esse ich Bohnen auch nicht sehr oft (und nein, ich bin kein Pythagoräer 😄). Im Anschluss daran werden sie zusammen mit den Eiern und den Gewürzen püriert (wer die nötige Muße besitzt, kann einen historisch authentischen Mörser verwenden - das hat durchaus Einfluss auf die Konsistenz; ich habe hingegen zum Stabmixer gegriffen, allerdings bewusst nicht zu fein püriert). Nun die Zwiebel schön klein hacken, diese unter die pürierte Masse mischen und mit einem Löffel in die Brote bzw. Fladen füllen (die ich zu diesem Zweck außen auf einer Länge von ca 10 Zentimetern (und tief ins Innere hinein) angeschnitten habe. Zu guter Letzt werden die Brote in einer zugedeckten Pfanne mit Olivenöl beiseitig bei mittlerer Hitze knusprig angebraten. Im Rezept steht, der Vorgang würde zwei Minuten in Anspruch nehmen, doch das hat sich bei mir als zu kurz herausgestellt, da die Füllung länger benötigt, um richtig erhitzt zu werden. Ich empfehle übrigens, nicht mit Olivenöl zu sparen.
Die vier römischen Fladen vor dem Herausbraten in Olivenöl; daneben die Füllung in einer zeitlich perfekt dazupassenden keltischen Schale aus der Hallstattzeit 😉. 
Hier nun das mir durchaus mundende Endergebnis. Gerade das Herausbraten in Olivenöl hat den Geschmack des Teigs noch einmal deutlich verbessert; auch wenn jemand einfach nur Fladen/Pfannenbrote ohne Füllung machen möchte, sollte er diesen Schritt deshalb trotzdem berücksichtigen. Ob nun aber gefüllt oder nicht gefüllt, die Fladen schmecken mir im abgekühlten Zustand sogar noch etwas besser als im heißen.

Abschließend noch eine Überlegung dazu, wie viel denn solche gefüllten Fladen/Pfannenbrote zur Zeit von Caesar, Augustus oder Caligula in einem jener Speiselokale gekostet haben könnten, die in römischen Städten so überaus häufig vorkamen (viele Menschen hatten ja in ihren kleinen Wohnungen keine vernünftigen Kochmöglichkeiten): Ein Laib Brot für zwei Personen kostete "vor Nero" ein As; Bohnen waren auch nicht übermäßig teuer (2 Asse pro röm. Pfund). Ich könnte mir daher vorstellen, dass für zwei solcher doch eher kleinen, aber gefüllten Brote ein bis zwei Asse verlangt worden sind; dann aber vielleicht ohne den damals kostspieligen Pfeffer als Zutat - wobei man bei der Füllung sowieso kreativ sein kann. Und um dem Preis noch einen Bezugsrahmen zu geben: Der durchschnittliche römische Arbeiter verdiente im 1. Jahrhundert nach Christus laut einer Schätzung ca. 16 Asse pro Tag (=4 Sesterzen =1 Denar).

—————–



7 Kommentare:

  1. Das sieht lecker aus!
    Der zweite Fladen von oben auf dem vorletzten Bild hat aber eine Spur zu viel Hitze abbekommen, oder?
    ;-)

    Guinevere

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ja :)
      Das war der erste Fladen, den ich gemacht habe. Er ist mir auch zu dick geraten.

      Löschen
  2. Hallo Hiltibold!
    Die Fladen könnte man auch mit Fleisch füllen, das man nach einem römischen Rezept zubereitet hat. ZB die Füllung die in die Lukaner Würste reinkommt. Oder ein (veganes) Moretum böte sich auch an.
    Gregarius

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich habe vor, genau das in den kommenden Wochen auszuprobieren. Die in Olivenöl herausgebratenen Fladen eignen sich wohl wirklich gut als Basis für allerlei Füllungen.

      Löschen
    2. Das wäre dann so eine Art Pizza Calzone :-)

      LG,
      Erwin

      Löschen
  3. Solche gefüllten Brote waren wahrscheinlich eine Art antikes Fastfood. Das würde auch zu dem von dir beschriebenen Umstand gut passen, dass viele Menschen damals sich ihre Mahlzeit bei Straßenimbisslokalen geholt haben. So ein Brot ist schnell gemacht und es kann, ohne dass man Geschirr braucht , einfach nachhause zur Familie mitgenommen werden. Oder hat man eher die Familie mit ins Lokal genommen? Oder hat es schon Zustelldienste gegeben, vergleichbar mit unseren heutigen Pizzaboten ?
    Viele Grüße
    Flo

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Wenigstens Bäcker, die ihre Ware zugestellt haben, soll es (laut Alberto Angela in seinem Buch "Pompeji: Die größte Tragödie der Antike") gegeben haben. Allerdings dürften sich diesen Zusatz-Service nur Bessergestellte haben leisten können.

      Löschen

Kommentare werden entweder automatisch oder von mir manuell freigeschalten - abhängig von der gerade herrschenden Spam-Situation und wie es um meine Zeit bestellt ist.