Bronzezeitliche Dinkelmöndchen mit HaselnĂŒssen, Römische Mostbrötchen, Keltische Roggenknubbel mit RĂ€ucherfisch, Normannische SalzknĂŒppel, Konstanzer Konzilspizza, ...
Bei solchen Rezeptbezeichnungen lĂ€uft wohl etlichen Menschen das Wasser im Mund zusammen; wenigstens aber dĂŒrfte sie ein bisschen die Neugierde packen. Und das zurecht, denn die europĂ€ische Backtradition ist uralt, vielfĂ€ltig und hĂ€lt fĂŒr den an kĂŒnstliche Geschmacksstoffe gewöhnten modernen Gaumen manch Ăberraschung bereit.
Im Buch "Backen - Von der Steinzeit bis ins Mittelalter" (Verlag Eugen Ulmer) prĂ€sentieren die beiden Autoren - der ArchĂ€ologe Achim Werner und der Kunstgeschichtler Jens Dummer - einen bunten Mix aus insgesamt 55 Backrezepten fĂŒr Brot und GebĂ€ck. Der dabei berĂŒcksichtigte Zeitraum erstreckt sich ĂŒber rund 8000 Jahre und wurde in folgende Kapitel unterteilt: Jungsteinzeit und Kupferzeit, Bronzezeit, keltische Zeit, römische Zeit, Völkerwanderungszeit, FrĂŒhmittelalter, Mittelalter, Hoch- und SpĂ€tmittelalter.
Jedes der Kapitel verfĂŒgt ĂŒber eine kurze Einleitung, in der auf Besonderheiten der darin behandelten Epoche eingegangen wird.
Die vorgestellten, mit jeweils einem Foto bebilderten Rezepte beruhen laut Autoren auf verschiedensten, miteinander abgeglichene Forschungsergebnissen der letzten Jahrzehnte. Das sind einerseits schriftliche Quellen wie Catos bekanntes Werk "De agri cultura". Andererseits gibt es aber auch mehrere archĂ€ologische Funde von Getreideprodukten. Besonders hinsichtlich jener Abschnitte der Menschheitsgeschichte ist das von Bedeutung, in der es keine bzw. keine ausreichend ausgeprĂ€gte Schriftkultur gab - dazu zĂ€hlen z.B. die Jungsteinzeit und das FrĂŒhmittelalter. Neben schriftlichen und archĂ€ologischen Quellen war aber auch das Experimentieren anhand des oft nur bruchstĂŒckhaft vorhandenen Wissens ein wichtiger Aspekt beim Entstehen der Rezepte. Deren AuthentizitĂ€t ist deshalb von Fall zu Fall unterschiedlich zu bewerten. Wobei es nicht geschadet hĂ€tte, wenn die Autoren im Einzelnen immer auf ihre Quellen eingegangen wĂ€ren. Ausreichend Platz dafĂŒr hĂ€tten sie ja gehabt (siehe Bild unten).
Da die Rezepte in der Regel recht simpel sind und man die Zutaten ĂŒberwiegend im normalen Supermarkt erhalten kann, stellt das Nachbacken kein Problem dar. Mir haben jedenfalls die langobardischen Olivenröllchen und der mittelalterliche Möhrenkuchen hervorragend geschmeckt!
In gesonderten Kapiteln werden einige fĂŒrs Backen wichtige Aspekte behandelt. Dazu zĂ€hlt beispielsweise die Konstruktion historischer und prĂ€historischer Backöfen (Grubenofen, oberirdischer Kuppelofen) sowie grundsĂ€tzliche Tipps fĂŒr ein gutes Gelingen der beschriebenen Rezepte. Weiters enthĂ€lt das Buch eine "Kleine Getreidekunde", in der Charakteristika der verschiedenen Getreidesorten kurz erlĂ€utert werden - und zwar hinsichtlich der Aufbereitung, der Inhaltsstoffe, der Verwendungsmöglichkeiten und sonstiger Besonderheiten.
Fazit: "Backen - Von der Steinzeit bis ins Mittelalter" ist eine optisch schön gestaltete und interessante Kombination aus Sach- sowie Kochbuch. Der Kaufpreis betrÀgt durchaus nicht teure 25 Euro.
Jedes der Kapitel verfĂŒgt ĂŒber eine kurze Einleitung, in der auf Besonderheiten der darin behandelten Epoche eingegangen wird.
Die vorgestellten, mit jeweils einem Foto bebilderten Rezepte beruhen laut Autoren auf verschiedensten, miteinander abgeglichene Forschungsergebnissen der letzten Jahrzehnte. Das sind einerseits schriftliche Quellen wie Catos bekanntes Werk "De agri cultura". Andererseits gibt es aber auch mehrere archĂ€ologische Funde von Getreideprodukten. Besonders hinsichtlich jener Abschnitte der Menschheitsgeschichte ist das von Bedeutung, in der es keine bzw. keine ausreichend ausgeprĂ€gte Schriftkultur gab - dazu zĂ€hlen z.B. die Jungsteinzeit und das FrĂŒhmittelalter. Neben schriftlichen und archĂ€ologischen Quellen war aber auch das Experimentieren anhand des oft nur bruchstĂŒckhaft vorhandenen Wissens ein wichtiger Aspekt beim Entstehen der Rezepte. Deren AuthentizitĂ€t ist deshalb von Fall zu Fall unterschiedlich zu bewerten. Wobei es nicht geschadet hĂ€tte, wenn die Autoren im Einzelnen immer auf ihre Quellen eingegangen wĂ€ren. Ausreichend Platz dafĂŒr hĂ€tten sie ja gehabt (siehe Bild unten).
Da die Rezepte in der Regel recht simpel sind und man die Zutaten ĂŒberwiegend im normalen Supermarkt erhalten kann, stellt das Nachbacken kein Problem dar. Mir haben jedenfalls die langobardischen Olivenröllchen und der mittelalterliche Möhrenkuchen hervorragend geschmeckt!
In gesonderten Kapiteln werden einige fĂŒrs Backen wichtige Aspekte behandelt. Dazu zĂ€hlt beispielsweise die Konstruktion historischer und prĂ€historischer Backöfen (Grubenofen, oberirdischer Kuppelofen) sowie grundsĂ€tzliche Tipps fĂŒr ein gutes Gelingen der beschriebenen Rezepte. Weiters enthĂ€lt das Buch eine "Kleine Getreidekunde", in der Charakteristika der verschiedenen Getreidesorten kurz erlĂ€utert werden - und zwar hinsichtlich der Aufbereitung, der Inhaltsstoffe, der Verwendungsmöglichkeiten und sonstiger Besonderheiten.
Fazit: "Backen - Von der Steinzeit bis ins Mittelalter" ist eine optisch schön gestaltete und interessante Kombination aus Sach- sowie Kochbuch. Der Kaufpreis betrÀgt durchaus nicht teure 25 Euro.
Rezept fĂŒr langobardische Olivenröllchen | Foto: Hiltibold | Buchinhalt: (C) Verlag Eugen Ulmer |
ZusĂ€tzliche Anmerkung: AbschlieĂend möchte ich noch eine Kritik loswerden, die allerdings keinen Einfluss auf die Bewertung des Buches hatte: Bezugnehmend auf das Feld der Experimentellen ArchĂ€ologie schreibt einer der beiden Autoren (wohl der ArchĂ€ologe Achim Werner):
Zu unserem groĂen Bedauern treten seit geraumer Zeit in diesem Bereich vermehrt selbsternannte "ExperimentalarchĂ€ologen" ohne jegliche Fachausbildung auf und schĂ€digen mit ihren unseriösen pseudo-wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Auftritten bei Museumsveranstaltungen massiv den Ruf dieses Wissenschaftszweiges.
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Hierzu ist folgendes festzustellen: Es gibt keine "Fachausbildung" fĂŒr ExperimentalarchĂ€ologie. Sollte jedoch gemeint sein, die Kritisierten arbeiten vor allem deshalb mangelhaft, weil sie weder Geschichte noch ArchĂ€ologie studiert haben, dann muss diese Behauptung mit Nachdruck zurĂŒckgewiesen werden. Denn gerade in der Experimentellen ArchĂ€ologie gibt es etliche Beispiele fĂŒr erfolgreiche Quereinsteiger - siehe etwa den gelernten Elektrotechniker und mehrfach ausgezeichneten Harm Paulsen. Hingegen sind es ausgerechnet die akademisch geschulten Historiker und ArchĂ€ologen in den Museen, welche der Schlamperei und der wissenschaftlichen Scharlatanerie ĂŒberhaupt erst bei ihren Veranstaltungen eine BĂŒhne bieten.
Schlimmer noch: Die Museumsbetreiber selbst sind es lĂ€ngst, die in Komplizenschaft mit Medienvertretern simpelste PublikumsbespaĂung/MuseumspĂ€dagogik inflationĂ€r als "ExperimentalarchĂ€ologie" anpreisen. Als Beispiel fĂŒr dieses Vorgehen sei hier meinerseits die Mittelalterbaustelle "Campus Galli" in Baden-WĂŒrttemberg genannt. Wie ich finde, stĂŒnde es den Buchautoren gut zu Gesicht, wenn sie ihre Kritik ebenfalls direkt adressieren wĂŒrden, anstatt (aus Konfliktscheue?) maximal vage zu bleiben.
ââââââ
WeiterfĂŒhrende Informationen:
Weitere interessante Themen:
- Das Backpapier der Antike
- Lebensmittelkonservierung ohne KĂŒhlschrank in der Antike
- Buch: Das Mittelalter-Kochbuch
Schöne Rezension, danke!
AntwortenLöschenUnd Deinem letzten Absatz kann ich mich vollumfĂ€nglich anschlieĂen.
GrĂŒĂe
Ulrich
Danke! Da gabs diesmal mehr zu schreiben als beim PĂ€pste-Lexikon ;)
LöschenWie wahr, Museumsveranstaltungen wandeln sich immer hĂ€ufiger zu niveauarmen MittelaltermĂ€rkten. Ich danke dabei zB an manch jĂŒngere Veranstaltung in Carnumtum.
AntwortenLöschenLecker!!
AntwortenLöschenGuinevere