Dienstag, 11. August 2015

Videos: Bernard Cornwells "The Last Kingdom" - Ein Armutszeugnis für die BBC

Meine Befürchtungen haben sich vollauf bestätigt: Die von BBC America durchgeführte TV-Verfilmung von Bernard Cornwells großartigem Angelsachsen- bzw. Wikinger-Roman "The Last Kingdom" artet tatsächlich in einem weiteren Paradebeispiel für den totalen Unwillen der Filmindustrie aus, ein zumindest annähernd authentisches Bild der Vergangenheit zu zeichnen: Zu einigen neueren Video-Clips

Wer entgegen jedweder Erfahrungswerte gehofft hat, hier nicht nur einen unterhaltsamen, sondern auch einen halbwegs glaubwürdigen Eindruck vom England des 9. Jahrhunderts erhaschen zu können, dürfte schwer enttäuscht werden. Schlimm genug, dass Menschen und Szenerien wieder einmal klischeehaft vor Dreck starren; die absolute Krönung stellt jedoch neben der ahistorischen Kostümierung die Tatsache dar, dass etliche Schauspieler bzw. Komparsen optisch eher an IS-Kämpfer aus dem Vorderen Orient erinnern, aber kaum an Skandinavier bzw. Nordwesteuropäer des Frühmittelalters. Handelt es sich hierbei um Absicht oder ist dies teilweise dem Umstand geschuldet, dass am ungarischen Drehort naturgemäß ein Mangel an Menschen mit probater Physiognomie herrschen muss? Spätestens bei den proletoiden Rapper-Frisuren, die man etlichen "Wikingern" verpasst hat, drängt sich die Frage auf, ob die Verantwortlichen nicht eventuell unter einer Art autoaktivem Realitätsverlust leiden. Der historische Berater dieses Projekts dürfte jedenfalls in Hogwarts studiert haben.

Beinahe muss man es Cornwell übel nehmen, dass ihm diese Verfilmung - laut Kommentar auf seiner Homepage - quasi am verlängerten Rücken vorbeigeht. Es ist andererseits durchaus verständlich, wenn sich der Erfolgsautor nicht mit ignoranten Filmfuzzis herumschlagen möchte und stattdessen lieber an weiteren spannenden Geschichten schreibt. Davon profitieren vor allem jene, die ohnehin lieber zu einem Buch greifen und auf derlei dümmliche Fernsehunterhaltung leichten Herzens verzichten können. Auch ich werde mir die im Herbst anlaufende TV-Serie ersparen und bei der Romanreihe sowie dem guten alten Kopfkino bleiben.

Bildzitat: (C) BBC America 2015 | Quelle: http://www.bbcamerica.com/the-last-kingdom/videos


4 Kommentare:

  1. Ach herrjeh! Dabei hielt ich BBC (vor allem im Vergleich zu ähnlichen deutschsprachigen Produktionen) immer als halbwegs ernsthaft um Historizität bemüht...

    LG, Julia

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    1. Dachte ich auch lange Zeit. Mittlerweile sind die leider genauso schlecht wie der History Channel.

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  2. Also, ich habe mir heute die erste Folge angeschaut und war enttäuscht. Die Bücher vermitteln ein sehr glaubhaftes reales Bild vom Mittelalter. Die Serie dagegen arbeitet mit Klischees und lässt ihre Schauspieler, Kulissen usw. auch so aussehen. Im Buch wird z.B. immer wieder das genaue Waffenhandwerk oder die Kultur der Nordmänner beschrieben. Das fehlte mir in der 1 Folge ganz. Es wurde eine Schlacht gezeigt mit groben Fehlern in Taktik, Aufstellung usw. Auch auf die Kultur der Nordmänner wurde kaum bis gar nicht eingegangen. Alles Fakten die ich als realistischer Detailliebhaber doch sehr vermisse. Es wurden zudem große Zeitsprünge eingebaut. Man kann die Serie als Konkurrenz zu Vikings betrachten, aber sie ist weit weg von Game of Thrones. Nicht das ich Game of Thrones als realistisch betrache /grins/, aber diese haben z.B. extra für Kämpfe "Experten" am Set dabei, damit es dementsprechend realistisch aussieht. Aber für alle die eine einfache mittelalterliche Kost suchen, mit spannender Handlung und vielen Wendungen und Facetten (das Buch bietet da einiges) und sich nicht von Fantasiereichtum und Willkür der Produzenten abschrecken lässt, dem sei diese Serie ans Herz gelegt. Ich für meinen Teil schaue mir noch Folge 2 an und werde dann sehr wahrscheinlich bei meinen Büchern bleiben. Diese kann ich übrigens nur jedem empfehlen!

    LG NickDaDon

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    1. Genau, die Serie geht stark in Richtung Vikings und wirkt demgemäß schon nahezu "trashig".
      Was sehr schade ist, denn die Macher der Verfilmung von Cornwells Sharpe-Romanen haben aus ihrem bescheidenen Budget in den 1990ern weitaus mehr Authentizität herausgeholt.

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