Der englische König Richard Löwenherz zählt heute zu den bekanntesten Herrschern des Mittelalters. Zurückzuführen ist dieser Umstand nicht zuletzt auf seine aufsehenerregende Gefangennahme durch Herzog Leopold V. von Österreich; ein Ereignis, das in unzähligen Robin-Hood-Filmen für die historische Rahmenhandlung von zentraler Bedeutung ist und so Eingang in die Populärkultur fand.
Doch Löwenherz war bereits zu Lebzeiten ein 'Star', der in etlichen Balladen besungen wurde. Feinsinnig sei er gewesen, großzügig und seine Feinde habe er höchstselbst reihenweise ins Grab befördert. Freilich, gebracht haben ihm diese Lobeshymnen von befreundeten Dichtern schlussendlich nicht viel: Bei der Belagerung einer eher unbedeutenden Burg in Frankreich traf den damals erst 41jährigen auf einem Inspektionsrundgang ein Armbrustbolzen, den ein einsamer Schütze in einem günstigen Moment abgeschossen hatte. Der Biograf des Königs - Roger von Howden - beschrieb das Ende seines Herren mit den Worten, hier habe "die Ameise den Löwen vernichtet". Noch auf dem Sterbebett soll Löwenherz - als letzte ritterliche Geste - seinem 'Mörder' vergeben haben. Trotzdem wurde diesem, nach Eroberung der Burg, von den erbitterten Männern des Königs bei lebendigem Leib die Haut abgezogen ...
Richard Löwenherz: König - Ritter - Gefangener (Verlag Schnell + Steiner) ist der Begleitband zur gleichnamigen, derzeit laufenden Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz Speyer. Neben oft großformatigen Abbildungen von Ausstellungsobjekten enthält das Buch eine Vielzahl allgemein verständlich geschriebener Beiträge verschiedener Fachleute, in denen die Zeit, die Familie und vor allem das Leben von Richard Löwenherz näher betrachtet werden
Freilich, es heißt: Viele Köche verderben den Brei. Ein bisschen trifft das auch hier zu. Nicht selten finden sich nämlich unnötige Wiederholungen, die, wäre das Buch von einem einzelnen Autor verfasst worden, leicht hätten vermieden werden können. Wie es besser geht, zeigt Thomas Asbridge in seiner hervorragenden Biographie über William Marshall, einem Zeitgenossen von Löwenherz (Titel: Der größte aller Ritter und die Welt des Mittelalters)
Freilich, es heißt: Viele Köche verderben den Brei. Ein bisschen trifft das auch hier zu. Nicht selten finden sich nämlich unnötige Wiederholungen, die, wäre das Buch von einem einzelnen Autor verfasst worden, leicht hätten vermieden werden können. Wie es besser geht, zeigt Thomas Asbridge in seiner hervorragenden Biographie über William Marshall, einem Zeitgenossen von Löwenherz (Titel: Der größte aller Ritter und die Welt des Mittelalters)
Die Herausgeber sprechen hier von einem neuen Standardwerk hinsichtlich Richard Löwenherz. Ob das zutrifft, kann ich nicht beurteilen, da mir die Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Ohne jeden Zweifel ist aber die Informationsfülle des über 400seitigen Buchs sehr groß. Wobei ein klarer Schwerpunkt auf der aspektreichen Gefangenschaft des englischen Königs liegt. In diesem Zusammenhang wird beispielsweise ein hochinteressanter Brief des Kaisers Heinrich VI. an den Französischen König Philipp II. zitiert, in dem sich mancherlei Detailinformationen finden; beginnend beim Schiffbruch Richards an der kroatischen Küste bis hin zu seiner Flucht kreuz und quer durch Österreich.
Desweiteren geht man kritisch auf die zum Teil widersprüchliche Überlieferung ein: Während einerseits englische bzw. angevinische Chronisten bemüht sind, den König als heldenhaftes Opfer darzustellen, neigen ihre deutschsprachigen Kollegen dazu, ihn der Lächerlichkeit preiszugeben. So heißt es etwa, Herzog Leopold soll Löwenherz lauthals ausgelacht haben, weil dieser im Augenblick der Gefangennahme, als Diener verkleidet, höchst unstandesgemäß eigenhändig ein Huhn briet und es überdies aufgrund seiner Eitelkeit unterlassen hatte, einen wertvollen Ring abzunehmen, durch den er überhaupt erst als Edelmann identifiziert und enttarnt werden konnte.
FAZIT: Ein informatives, abwechslungsreiches und optisch schön gestaltetes Buch. Der Preis von knapp 35 Euro ist im Angesicht des gebotenen Umfangs noch relativ günstig.
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Bei der Ausstellung in Speyer war ich erst kürzlich (sie läuft glaube ich noch bis zum Frühjahr). Mir hat sie sehr gut gefallen, aber dass es einen Begleitband gibt, habe ich irgendwie übersehen.... Den werde ich mir jetzt nachbestellen.
AntwortenLöschenLG, Martina