➽ Die Völkerwanderung - Ein Begriff wird eingemottet | Spieldauer 24 Minuten | ARD/BR | Stream & Info | Direkter Download
"Nicht der Ansturm von "Barbaren", sondern Roms Schwäche löste den Untergang des Imperiums aus." Megastuss vom öffentlich-schlechtlichen Dummfunk. Als ob Rom dazumal auch dann untergegangen wäre, wenn es die anstürmenden "Barbaren" nicht gegeben hätte. In Wirklichkeit - und das weiß jeder Historiker, der wenigstens einen Funken Sachverstand hat - war natürlich der Barbarensturm an Roms Grenzen die primäre Ursache, die dann in weiterer Folge einen Rattenschwanz an Problemen nach sich zog und das Reich dermaßen schwächte, dass seine Gesellschaft überhaupt erst stark anfällig für Naturereignisse wie etwa Seuchen wurde: Die ständigen Angriffe durch äußere Feinde waren schlicht ruinös, weil in vielen Provinzen die lebensnotwendige Landwirtschaft Jahr für Jahr arg in Mitleidenschaft gezogen wurde (man vergleiche das mit den gegenwärtigen Zuständen in der Ukraine). Menschen mussten hungern und die drangsalierten Landeigentümer konnten aufgrund sinkender Einkommen nur noch wenig Steuern entrichten - oder gar keine, wenn sie nämlich abgemurkst oder in die Sklaverei verschleppt wurden (siehe die Vita des Heiligen Severin); und die Täter mussten nicht einmal aus dem Barbaricum gekommen sein, denn das von außen induzierte Chaos produzierten jede Menge Räuber ("latrones") unter der zusehends entwurzelten Reichsbevölkerung. Ganze Landstriche verödeten deshalb, wie etwa die Archäologie belegt! Das ließ das verfügbare Budget des römischen Staates zusammenschrumpfen. Gleichzeitig mussten jedoch die Ausgaben für das Militär beständig auf sehr hohem Niveau gehalten werden, damit die Feinde nicht vollends die Oberhand gewinnen. Dem versuchte man u.a. entgegenzuwirken, indem der Output an Silbermünzen erhöht wurde, bei gleichzeitig starker Reduktion des Edelmetallgehalts. Eine galoppierende Geldentwertung bzw. Inflation war die Folge (reichsfremde Händler wollten die eigenen Waren gegen das lausige Römergeld nicht mehr eintauschen; u.a. dieser Umstand hatte zur Folge, dass das Geld auch innerhalb des Reichs nicht mehr gerne genommen wurde). Dagegen wiederum führte man 'protosozialistische' Preisedikte (Preisdiktate) ein, die längerfristig natürlich ebenfalls höchst kontraproduktiv für die Wirtschaft waren, weil viele Produzenten/Branchen nun nicht mehr kostendeckend arbeiten konnten und den Betrieb deshalb ganz einstellten. So viel dazu. Im Übrigen will man den eher negativ konnotierten Begriff "Völkerwanderung" (bezogen auf die spätantike europäische Völkerwanderung, die schlussendlich in das "finstere Mittelalter" mündete) aus ideologischen Gründen los werden. Man lässt ja bei Diskussionen hinsichtlich des Untergangs des Römischen Reichs geflissentlich den Umstand unbeachtet, dass die gesellschaftliche Kohäsion in der römischen Spätantike zusehends flöten ging. Grund: Man lagerte besonders die wichtige Aufgabe der Kriegsführung an Reichsfremde - hauptsächlich an Germanen - aus, die zwar am römischen Wohlstand teilhaben wollten, sich unterm Strich aber nur mäßig in die Gesellschaft integrieren ließen und lieber ihren eigenen Traditionen folgten (die Germanen konnten sich nicht einmal dazu durchringen, die Obstbaumzucht der Römer zu übernehmen - das war ihnen kulturell bereits zu "fremd"). Um sie friedlich zu stimmen, alimentierte man sie mit hohen Geldzahlungen und Landzuweisungen. Das funktionierte halbwegs, solange diese soldatischen "Arbeitsmigranten" nicht eine kritische Masse erreichten. Als das jedoch der Fall war, begannen sie zuerst schleichend, dann immer massiver Einfluss auf die Politik zu nehmen. Weil es hier nun aber Gemeinsamkeiten mit modernen Migrationsbewegungen und ihren Nebenwirkungen gibt (siehe beispielweise die gerne genannten "Parallelgesellschaften"), hält man es in weltanschaulich einschlägigen Kreisen zusehends für opportun, per geschichtlichem Rückgriff zu relativieren und zu beschönigen. Den Kritikern der modernen Massenmigration soll quasi ein gerne (und sicher nicht immer korrekt) verwendetes Argument aus der Geschichte weggenommen werden. Wissenschaftlich ist dieses Bestreben freilich nicht, auch wenn man sich noch so sehr abmüht, es mit viel obskurantistischem Wortgedrechsel - bei dem man sich die Kausalität zu einer Korrelation nach Gutdünken aussucht - aufzuhübschen. Dass man speziell unter den Journalisten genügend intellektuelle Rohrkrepierer findet, die das begeistert aufnehmen, verwundert nicht. Stichwort "confirmation bias". Es sind nämlich ebenfalls diese Kreise, die aus den gleichen Gründen ständig betonen wie tolerant Rom doch hinsichtlich anderer Religionen und Kulturen war; und wie friedlich deshalb innerhalb des Reichs das Miteinander gewesen sei. Noch mehr pauschalisierender Megastuss, dessen Ursachen ebenfalls ideologischer Natur bzw. in aktuellen politischen Anliegen zu finden sind. Aber das ist eine andere Geschichte.
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Ach du liebes Bisschen, die Aussage vom BR ist wirklich sowas von grob falsch! Danke für deinen kritischen Blog!
AntwortenLöschenDas diokletianische Höchstpreisedikt ist wirtschaftspolitisch schlussendlich in die Hose gegangen, aber wenigstens ist es für uns heute eine hervorragende historische Quelle :-)
AntwortenLöschenDass die Obstbaumzucht die Antike im Westreich überlebt hat, verdanken wir vor allem dem christlichen Mönchtum. Schon in den frühen Klöstern der Spätantike hat es geschickte und fleißige Gärtner gegeben.
Schönen Feiertag!
Die Münzverschlechterung ging, glaube ich, schon im 1. Jh los.
AntwortenLöschenJa, mindestens schon unter Nero. Tacitus schreibt wenige Jahrzehnte später in seiner "Germania", dass die Germanen nur die alten römischen Silbermünzen annehmen wollen.
LöschenDie Schwierigkeit der Datierung germanischer Funde anhand von Münzen war mir so gar nicht bewusst.
AntwortenLöschenIm Grab des fränkischen Königs Childerich I. hat man als Charonspfennig einen Denar der Römischen Republik deponiert. Die Münze war zu diesem Zeitpunkt bereits rund ein halbes Jahrtausend lang im Umlauf.
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