Der Blogger Anfang der 1980er-Jahre. Wer alt genug geworden ist, der weiß aufgrund seiner Lebenserfahrung, dass es nicht immer so war wie heute - und es objektiv betrachtet Zeiten gab, in denen zwar nicht alles besser war, aber doch vieles. Spätgeborene haben diese auf eigener Anschauung fußenden Vergleichsmöglichkeit nicht und müssen daher den Meinungsmachern glauben, dass die Gegenwart eine Art glückseeliger Optimalzustand ist. |
Kürzlich musste ich im wirklich sehr empfehlenswerten Buch "Sklaverei und Freilassung in der griechisch-römischen Welt" etwas nachschlagen (meine Rezension). Und zwar ob eine berühmte Szene im Sandalenfilm "Ben Hur" wirklich kompletter Unsinn war oder ob es bei den Alten Römern nicht doch Rudersklaven auf Kriegsschiffen gab (Antwort: Ja - selten aber doch - gab es sie!).
Zufälligerweise ist mir dabei auch eine Textstelle untergekommen, die mich an das schöne Sprüchlein erinnert hat, wonach Geschichte sich zwar nicht wiederholt, aber doch reimt.
Elisabeth Hermann-Otto, die verantwortliche Autorin mit dem doppelt männlichen Doppelnachnamen, beschreibt anschaulich wie eine saturierte politische Führungs- und wirtschaftliche Oberschicht im Rom des 2. Jahrhunderts vor Christus auf den massenhaften Import von billigen Arbeitskräften - damals Sklaven - aus dem Ausland setzte. Zuerst, weil es aufgrund eines Arbeitskräftemangels (im Agrarbereich) wirtschaftlich dringend nötig zu sein schien, später dann, weil dieses Vorgehen die Möglichkeit zur massiven persönlichen Bereicherung einiger Weniger bot.
Die vom Volk gewählte Staatsführung handelte hierbei klar gegen die Interessen des Großteils eben dieses Volks. Was wiederum im Laufe der Zeit dazu führte, dass die wohlhabenden Strippenzieher sowie die mit ihnen verhaberten Politiker immer reicher wurden, während die Masse des Volks massiv an Wohlstand verlor und sehr oft regelrecht verarmte.
Die Autorin erklärt, dass dieser "antike Globalisierungsprozess", im Zusammenspiel mit verschiedenen großen und kleinen Krisen, zu einer demographischen Verschiebung und Disproportion führte, da u.a. die importierten Arbeitskräfte/Sklaven sich wesentlich stärker reproduziert haben sollen als die Einheimischen.
Die auf Betreiben des politisch-wirtschaftlichen Komplexes in Land verbrachten Menschen waren allerdings zu großen Teilen unzufrieden mit ihrem Dasein. Sie begannen zuerst im Kleinen, etwa in Form von Raub- und Bandenkriminalität, dann jedoch in immer größerem Umfang gegen den Staat und die autochthone Bevölkerung zu opponieren.
Der populistische "populare" Politiker Tiberius Sempronius Gracchus trat gegen diese Entwicklung auf und wollten eine Politik betreiben, bei der wieder der einfache Mann und seine Familie im Mittelpunkt stehen sollten. Gracchus und seine Mitstreiter wurden jedoch vom Establishment, das auf verschiedenen Ebenen große Macht und Einfluss besaß, als Radikale und Gefährder der verfassungsmäßigen Ordnung verketzert und schlussendlich zum Schweigen gebracht ...
🙄
—————–
Weitere interessante Themen:
Wer aus den Fehlern der Vergangenheit nichts lernt, ist dazu verdammt sie zu wiederholen .
AntwortenLöschenC3PO
Ich bin Jahrgang 1969, was glaubst du wie ich mich erst fühle, wenn ich meine Kindheit mit der Gegenwart vergleiche? 😉
AntwortenLöschenLiwi
Ich kann nicht für Österreich sprechen, aber laut unserem aktuellen Bundespräsidenten leben wir "im besten Deutschland aller Zeiten".
AntwortenLöschenDie politischen Gegner der Gracchen waren, wie du vielleicht weißt, hochkorrupte Politiker. Auch in dieser Hinsicht hat sich also nach über 2000 Jahren nicht viel geändert.
Ja, ist mir bekannt. Der Konsul Lucius Opimius, der besonders scharf gegen den jüngeren Gracchus und dessen Anhänger vorgegangen ist, wurde einige Jahre später wegen seinen hochkorrupten und hochverräterischen Geschäften sogar mit Schimpf und Schande davongejagt und ins lebenslange Exil geschickt. Leider gibt es diese Möglichkeit bei heutigen Politikern nicht mehr...
LöschenTut mir leid für die, welche die letzten Exemplare der angesprochenen Bücher nicht mehr erwerben konnten - die habe ich nun.
AntwortenLöschenUnd schließe damit hoffentlich meine große Leerstelle.
Es wäre vllt. noch der Diasporaaufstand anzusprechen, in dessen Ergebnis z.B. in Zypern nicht einmal schiffbrüchige Juden bei Androhung von Todesstrafe landen durften.
Agobard von Lyon, "einer der maßgeblichsten Gegner des Judentums im 9. Jahrhundert" (Wikipedia - seine Schriften sind als englische Transkripte zu ergoogeln, danach war er kein Gegner des Judentums, sondern Feind der Veräußerung von christlichen Kindern in das wunderschöne Al Andalus) lonht sich zu lesen. Dann kann man mir vllt. auch folgen,
"Es wäre vllt. noch der Diasporaaufstand anzusprechen, in dessen Ergebnis z.B. in Zypern nicht einmal schiffbrüchige Juden bei Androhung von Todesstrafe landen durften."
LöschenWährend des Jüdischen Kriegs im 1. Jahrhundert wurde, lauf dem jüdisch-römischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus, ein Aufstand der Juden auf ägyptischem Boden vom römischen Statthalter Tiberius Iulius Alexander, der ebenfalls jüdischstämmig war, ziemlich brachial niedergeschlagen. Nachdem nämlich ein jüdischer Mob bei einem mit überwiegend von Griechen besuchten Theater die Ausgänge verrammelt und gedroht hat, alles anzuzünden. Natürlich gabs dazu, wie das immer so ist, eine Vorgeschichte. Und eine Vorgeschichte zur Vorgeschichte. Und eine Vorgeschichte zur Vorgeschichte der Vorgeschichte. Usw. usf.
"Agobard von Lyon"
Der ist mir schon ein paarmal untergekommen. Seine Schriften kenne ich im Detail nicht, aber da werde ich noch reinschauen.
...wenn ich die Sklavenjagd auf Slawen als Haupteinnahmequelle des Frankenreiches allg. und des Ostfrankenreiches insbsondere halte. Und dass der Bau der ach so romantischen Burgen dem Wegfall des Geschäftsmodells durch Christianisierung von Böhmen und Polen/ der Westslawen geschuldet war - man musste jetzt die eigenen Leute auspressen...
AntwortenLöschenUnd auf den Vorläufern der Finanzämter, phallisch in die Landschaft gesetzt, plazierte man Ministeriale als Finanzbeamte, die sich nach knapp 100 Jahren als Herren über die ehemals freien Bauern etablierten (sry für die Vereinfachung).
Ja, Geschichte wiederholt sich nicht, sie reimt sich bloß.