Dienstag, 30. Oktober 2018

📖 Buch: Sklaverei und Freilassung in der griechisch-römischen Welt

Wer die antike Sklaverei nicht versteht, versteht die Antike nicht

Für den Menschen der griechisch-römischen Welt gehörte Sklaverei zum Alltag. Die Überlieferungen legen nahe, dass damals kaum jemand auf die Idee kam, diese menschenfeindliche Institution kritisch zu hinterfragen. Ihre Abschaffung zu verlangen, war sogar noch undenkbarer, schließlich beruhte ein nicht unwesentlicher Teil der Wirtschaft auf dem Arbeitseinsatz von Sklaven; sei es im Handel, dem Handwerk, der Landwirtschaft, dem Haushalt usw. Selbst ehemalige Sklaven - sogenannte 'Freigelassene' - fanden nichts dabei, ihrerseits Sklaven zu besitzen und für sich arbeiten zu lassen.

Was sich vielleicht nach einem simplen, relativ rasch abzuhandelnden Thema anhört, ist in der Realität ungemein aspektreich - wie dem Leser von Sklaverei und Freilassung in der griechisch-römischen Welt rasch klar wird. Man glaubt der Autorin Elisabeth Herrmann-Otto deshalb gerne, dass sie viel Zeit in dieses 310-seitige Buch investiert hat. Alleine die (versuchte) Klärung der Frage, wer bzw. was die bedauernswerten spartanischen 'Heloten' waren, nimmt einige Seiten in Anspruch: Handelte es sich dabei wirklich um 'Staatssklaven' wie in der neueren Literatur gerne behauptet wird? Und warum waren die Heloten im Nordwesten Spartas - wo sie letztendlich sogar ihre Freiheit erlangten - wesentlich aufmüpfiger als ihre Leidensgenossen im Süden?

Die Betrachtungen der Autorin sind chronologisch geordnet. Sie beginnen in der griechischen Bronzezeit (Mykene) und enden in der Spätantike. Außerdem wurde die griechische Sklaverei (bis zum Hellenismus) von der römischen Sklaverei getrennt, weil es hierbei z.T. deutliche Unterschiede gab - z.B. in der Praxis der Freilassung, von der man im Römischen Reich wesentlich stärker Gebrauch machte. Zusätzlich wird dem Einfluss des Christentums auf die Sklaverei besonderes Augenmerk geschenkt, da der Forschung gerade hier manch Fehlannahme unterlaufen ist. Das gilt übrigens auch für den Philosophen Karl Marx, der die antike Sklaverei - z.T. auf Grundlage historisch längst widerlegter Annahmen - in seine Ideologie einbaute. Es ist daher kein Zufall, dass gerade im ehemaligen Ostblock der aufmüpfige Sklavenanführer Spartacus als Held galt und mit 'Spartak Moskau' sogar ein Fußballverein nach ihm benannt wurde.

Die vorliegende Ausgabe von Sklaverei und Freilassung in der griechisch-römischen Welt ist die 2. stark erweiterte Auflage, in der neuere Forschungsergebnisse berücksichtigt worden sind.
Die Autorin zitiert bei ihren Ausführungen die deutschen Übersetzungen antiker Quellen relativ oft und ausführlich. Darüber hinaus wird von Fußnoten, die Angaben zu Primär- und Sekundärquellen erhalten, ausgiebig Gebrauch gemacht. Auch ein umfangreiches Register (Orte, Personen, Sachen) und ein noch umfangreicheres Literaturverzeichnis sind vorhanden. Das Buch eignet sich deshalb sehr gut als Ausgangsbasis für eigene tiefergehende Nachforschungen.


Fazit: Entgegen dem optischen Ersteindruck, den das fade Cover vermittelt, handelt es sich hier um ein ausgezeichnetes Studienbuch, in dem die Autorin den Lesern einen der bedeutendsten Aspekte der antiken Welt in gut strukturierter und (fast immer) allgemein verständlicher Weise näherbringt. Daran könnte sich viele ihrer Autoren-Kollegen, die für die wesentlich bekanntere Reihe Uni Taschenbuch (UTB) schreiben, durchaus ein Beispiel nehmen. Der Kaufpreis beträgt 25 Euro.

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2 Kommentare:

  1. kleiner Hinweis: dein Link zum Buch geht bei Amazon auf eine alte Auflage, die vergriffen ist. Das hier ist die aktuell verfügbare:
    https://www.amazon.de/Sklaverei-Freilassung-griechisch-r%C3%B6mischen-Studienb%C3%BCcher-Antike/dp/3487311879/

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