Wer sich mit seiner Living-History-Darstellung in der Antike oder dem Mittelalter bewegt, kommt unweigerlich mit sogenannten Fibeln in Berührung. Diese "Gewandspangen" wurden einst anstelle der heute üblichen Knöpfe zum Verschließen von Kleidungsstücken (z.B. Umhang) verwendet. Teilweise könnten sie aber auch als Haarschmuck getragen worden sein - wie etwa eine in die Bronzezeit datierte Haarknotenfibel aus Bahrendorf nahelegt (Bild).
Über einen besonders langen Zeitraum hinweg erfreuten sich in Europa ringförmige Fibeln einer gewissen Beliebtheit; drei wichtige Typen zeigt nachfolgende Grafik.
Keine Rechte vorbehalten - ausgenommen die Nennung der Quelle: HILTIBOLD.Blogspot.com
|
Die offensichtlichste Gemeinsamkeit ist hier der ringförmige Fibelkörper; trotzdem wird als typische Ringfibel eigentlich nur das linke Beispiel bezeichnet. Problematisch erscheint mir dabei folgendes: Diese Ringfibel kann laut Fachliteratur neben einer schlichten Form auch aufgerollte oder sonstwie verdickte Enden (Würfel, Kugeln) aufweisen. Damit wird sie aber de facto zu einer Hufeisenfibel (Mitte), welche die gleichen Merkmale besitzt. Eine rein optische Unterscheidung scheint damit unmöglich zu sein; siehe nachfolgendes Bild, das eine meiner eigenen Fibeln mit eingerollten Enden zeigt.
Keine Rechte vorbehalten - ausgenommen die Nennung der Quelle: HILTIBOLD.Blogspot.com Bezogen habe ich die Fibel von diesem Händler: Klick mich |
Es stellt sich die Frage: Wenn aufgrund von Überschneidungen kein Unterschied mehr besteht, wozu wird dann typologisch differenziert? In der Literatur herrsch diesbezüglich ein mitunter atemberaubendes Durcheinander; Autor A verwendet bei ein und demselben Objekt diese Bezeichnung, Autor B jene.
Unabhängig von den verwendeten Begriffen erscheint mir für den "Hausgebrauch" am sinnvollsten, wenn man sich wie folgt grob orientiert:
- Ringförmige Fibeln mit verdickten Enden beschränken sich weitestgehend auf das 9. - 15. Jh. n. Chr.
- Ringförmige Fibeln ohne Verdickungen sind vor allem in der Zeit zwischen 6. Jh. v. Chr. und 14. Jh. n. Chr. angesiedelt.
- Ringförmige Fibeln, welche die Form des griechischen Buchstaben Omega (Ω) aufweisen, sind typisch römisch und werden zeitlich zwischen 1. - 3. Jh. n. Chr. eingeordnet.
Abschließend sei noch hinzugefügt, dass alle oben dargestellten Fibeln Verzierungen, etwa in Form von Punzen oder Kerben, aufweisen können. Eine Tordierung über den gesamten Fibelkörper, wie sie meine Fibel besitzt, kommen wohl nur vereinzelt vor (Beispiel). Ich würde mich besonders in Bezug auf meine ottonische Ausstattung daher mittlerweile eher für eine glatte Variante entscheiden. Zu bedenken ist auch, dass das Hauptverbreitungsgebiet von Ringfibeln/Hufeisenfibeln im 9./10. Jh. ohnehin in Nordwesteuropa lag.
—————–
Quelle bzw. weiterführende Literatur:
- Fibeln: Erkennen - Bestimmen - Beschreiben (Bestimmungsbuch Archäologie) | Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern | 2012 | Meine Rezension | Infos bei Amazon
Weitere interessante Themen auf diesem Blog:
- Die Goldblattkreuze der Germanen
- Meine Kleidung des frühen Mittelalters - Teil 4: Mantel, Halstuch, Mütze
- Interview: Cairns in Süddeutschland - Verleugnete Steinmonumente?
- Buch: Karfunkelstein und Seide - Neue Schätze aus Bayerns Frühzeit
- "Aufgescheucht liefen die Frauen durcheinander": Der Bona-Dea-Skandal erschüttert Rom
Für den runden, geschlossenen Typus wird im späten 13ten und 14ten Jahrhundert auch oft das Wort "Fürspan" benutzt und damit der Fibeltyp gleichgesetzt mit den in dieser Zeit aufkommenden broschenartigen Fibeln (brooches), die sich dann auch irgendwann durchsetzen.
AntwortenLöschenStimmt, danke für den Hinweis.
LöschenMir sind diesbezüglich vor allem die blütenblattartigen Varianten bekannt.