Unter Verstopfung zu leiden und sich über Tage hinweg am Klo nicht erleichtern zu können ist eher unangenehm. Während ich in so einem Fall einfach einige möglichst kräftige Hustenbonbons kurz hintereinander lutsche und dazu viel Wasser trinke (der Erfolg ist immer 'durchschlagend'), wusste man sich in der Antike ganz anders zu helfen. Rezepte für Abführmittel gab es damals nämlich bereits einige. Doch was in diesem Zusammenhang der Griesgram und politische Hardliner Cato der Ältere in seinem Buch "De agri cultura" ("Über die Landwirtschaft") im 2. Jahrhundert vor Christus zu Papier gebracht hat, darf man getrost als 'etwas schräg' bezeichnen.
Wenn du Wein so aufbereiten willst, dass er guten Stuhlgang bewirkt Hacke gleich nach der Lese, wenn die Weinstöcke freigehackt werden, so viele Weinstöcke frei und kennzeichne sie, wie viel Wein deiner Meinung nach zu diesem Zweck genügt. Beschneide ihre Wurzeln und mache sie sauber. Zerstoße Wurzeln der schwarzen Nieswurz in einem Mörser, gib diese (zerstoßenen) Wurzeln rings um den Weinstock und gib (dazu eine Mischung aus) altem Mist und alter Asche und zwei Dritteln Erde um die Wurzeln des Weinstocks. Wirf Erde oben drauf. Diesen Wein musst du gesondert lesen. Wenn du ihn zur Förderung des Stuhlgangs ganz lange aufheben willst, hebe ihn gesondert auf, damit du ihn nicht mit anderem Wein vermischst. Nimm von diesem Wein einen Cyathus (= ca 50 Milliliter) und mische ihn mit Wasser und trinke ihn vor der Hauptmahlzeit. Er wird - ohne Nebenwirkung - den Stuhlgang anregen. Schwarze Nieswurz (als Zusatz) für Weinmost Wirf pro Amphore ein Büschl (schwarze Nieswurz) in den Weinmost. Sobald er genug gegoren hat, entferne das Büschl aus dem Wein. Verwahre diesen Wein zur Anregung des Stuhlgangs. Um Wein zur Anregung des Stuhlgangs aufzubereiten ... ... kennzeichne die Weistöcke, wenn sie freigehackt werden, mit Rötel, damit du (diesen Wein) nicht mit dem übrigen Wein vermischst. Lege drei Bündelchen schwarze Nieswurz um die Wurzeln herum und wirf oben Erde drauf. Während der Lese musst du das, was du von diesen Weinstöcken gelesen hast, gesondert aufbewahren. Gib (jeweils) ein Cyathus in ein sonstiges Getränk. Das wird den Darm anregen und ihn am nächsten Tag ohne Nebenwirkungen gründlich reinigen. Cato | De agri cultura CXXII - CXXIV | Übersetzung von Hartmut Froesch, Reclam Verlag, 2009 |
Das zweite der obigen Abführmittel-Rezepte wirkt ja recht konventionell. Hingegen das erste und das dritte - die sich sehr ähneln - dürften manch modernen Mediziner und Pharmakologen die Stirn runzeln lassen. Kann es wirklich sein, dass der abführende Wirkstoff der schwarzen Nieswurz (="Schneerose") über die Wurzeln des Weinstocks in die Trauben gelangt und sich dort in ausreichend hoher Dosierung einlagert?! Man müsste es ausprobieren! Cato scheint jedenfalls davon überzeugt gewesen zu sein.
Abschließend möchte ich auf meinen Beitrag "Beschissen: Chemiewaffen in der Antike" hinweisen. Auch darin kommt die Nieswurz als Abführmittel vor (zweites Zitat von oben), allerdings sind die beschriebene Auswirkungen auf den Menschen wesentlich dramatischer als bei Catos Trunk, der ja in allen drei Varianten vergleichsweise milde zu wirken scheint. Gerade das könnte freilich ein Hinweis darauf sein, dass das 'Gift' bzw der Wirkstoff tatsächlich so stark und hochkonzentriert in der Pflanze ist, dass selbst seine Aufnahme über die Wurzeln einer anderen Pflanze schlussendlich noch zu einem sanften 'Durchmarsch' beim Konsumenten führen kann.
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