Bekanntlich bespreche ich im Rahmen dieses Blogs seit langer Zeit auch Bücher. Ja, es ist sogar so, dass mein allererster Blogbeitrag im Jahr 2012 eine Buchrezension war. Teilweise sind diese Bücher Rezensionsexemplare, die mir die Verlage schriftlich anbieten oder sie mir sogar unaufgefordert zuschicken. Mitunter frage aber auch ich gezielt an, was meistens, jedoch nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Das ist freilich nicht tragisch, denn ich betreibe das Blog ja keineswegs, um kostenlose Rezensionsexemplare abzustauben. Auch wenn das zugegebenermaßen für einen Vielleser wie mich einen netten Nebeneffekt darstellt. Besonders bei Büchern, welche von Verlagen stammen, die für ihre Mondpreise berüchtigt sind. Und damit wären wir auch schon beim Anlass dieses Textes: Dem Wissenschaftsverlag De Gruyter.
Vor rund sieben Jahren habe ich an De Gruyter meine erste Anfrage bezüglich eines Rezensionsexemplars gestellt und das dann noch mehrfach wiederholt. Jedes Mal erhielt ich eine Zusage, nur einmal nicht, als es hieß, dass für die gewünschte Publikation leider keines mehr verfügbar ist. Das machte nichts. C'est la vie.
Nun stellte ich dieser Tage wieder einmal eine solche Anfrage und erhielt von der Hanseatischen Gesellschaft für Verlagsservice (HGV), einem Dienstleister, der für Verlage diverse administrative Aufgaben übernimmt, mit überraschender Begründung einen abschlägigen Bescheid. Ich sei quasi nicht qualifiziert, ein Rezensionsexemplar zu erhalten, hieß es.
Nachdem ich bei HGV nachfragte wie sie plötzlich darauf kommen, nachdem es doch jahrelang nie Probleme gab und sogar der Twitter-Kanal von De Gruyter mehrfach meine Rezensionen retweetet hat (!), erhielt ich nach einer Woche Schweigen und nochmaligem Nachfragen plötzlich vom Verlag selbst eine Antwort. Allerdings unterschied sich diese nur unwesentlich von jenen vorgetanzten Worthülsen, die mir zuvor HGV zukommen ließ:
[...] unser Dienstleister HGV hat mir Ihre Email weitergeleitet. Gerne stelle ich klar, dass unser Dienstleister HGV nur berechtigt ist, an wissenschaftlich relevante Fachmedien ein kostenloses Rezensionsexemplar zu schicken. Manchmal kann es vorkommen, dass ein Titel, der zur Rezension auf Amazon oder auf populärwissenschaftlichen Blogs, bestellt wurde, durchrutscht, obwohl dies eigentlich von Seiten von De Gruyter nicht vorgesehen ist. Daher vermutlich die Verwirrung bzgl. Ihrer früher getätigten Bestellungen, das tut uns leid. Leider können wir in diesem Fall kein kostenloses Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen. Wie meine Kollegin schon sagte, falls Sie Interesse haben an einer Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Zeitschrift, dann setzen Sie sich bitte mit der entsprechenden Redaktion in Verbindung. |
Im Ton freundlich, in der Sache absurd. Als ich den Schimmelbrief zu Ende gelesen hatte, dachte ich mir: Haben die Lack gesoffen?
Nach sieben Jahren und zig Rezensionsexemplaren kommt man mir mit so einer schwindligen Begründung daher? Ich meine, alleine das mir vor zwei Jahren zugeschickte Buch "Die Krieger der Karolinger" kostet normalerweise haarsträubende 135 Euro (ein Preis, der sowieso in keinem gesunden Verhältnis zum Inhalt steht). Und im Angesicht dessen wollen die Zuständigen beim Verlag bzw. bei HGV nicht ordentlich überprüft haben, an wen sie ihren Krempel schicken?! Ja gibt's dort keine Sorgfaltspflicht? Werden die nur fürs Kaffee-Latte-Schlürfen bezahlt?
Mittlerweile auf Krawall gebürstet (ich neige ohnehin zum Heißlaufen), konnte ich nicht mehr an mich halten und verfasste sofort eine entsprechende Erwiderung:
Guten Tag, Sie sprechen von „durchgerutscht“. Ernsthaft? Seit 2017 (sic!) sind meine Anfragen - ohne eine einzige Ablehnung wegen fehlender Qualifikation‘ - Ihrer Diktion nach also immer „durchgerutscht“??? Bei mindestens ACHT (sic!) Publikationen die ich erhalten habe, soll das so gewesen sein (zuletzt erst im März diesen Jahres)??? (Anm.: Ich habe zwischenzeitlich genau nachgezählt, es sind sogar elf Bücher!) Nur einmal erhielt ich eine Absage, weil es damals laut Ihnen persönlich, Frau XYZ, kein Rezensionsexemplar mehr gab. Mit Verlaub, entweder Sie binden mir hier einen großen Bären auf oder bei De Gruyter bzw. HGV arbeitet man unglaublich schludrig. Im letzteren Fall sollten vielleicht einmal Ihre Vorgesetzten darüber informiert werden, da man gegebenenfalls wiederholt Firmeneigentum zweckentfremdet bzw. fahrlässig verschleudert hätte, oder? Um eines klarzustellen: Ich ärgere mich nicht darüber, dass ich kein Rezensionsexemplar erhalte, das ist mir nämlich völlig wurscht, sondern über die offensichtlich unsinnige Begründung, die Sie mir hier präsentieren. Sie werden ja wohl hoffentlich selber erkennen, dass diese im Angesicht der von mir dargelegten Sachlage hinten und vorne nicht stimmig ist. Sie können nicht etwas als Ausnahme charakterisieren, wenn es doch in der Realität die Regel dargestellt hat. [...] Und nehmen Sie mich bitte umgehend aus dem E-Mail-Verteiler. Ich möchte nicht mehr permanent mit Werbung Ihres Arbeitgebers behelligt werden. |
De Gruyter ist nicht der erste Verlag, zu dem ich als Rezensent (und als Käufer) alle Brücken abgebrochen habe, wobei sich die Auslöser dafür unterscheiden. Ich hätte hier natürlich einfach den Schnabel halten und mit gutem Grund darauf hoffen können, dass zukünftig ohnehin wieder alles "durchrutschen" wird. Aber diese Art des strategischen Denkens zu Lasten meiner Selbstachtung ist mir grundsätzlich fremd. Viel lieber lasse ich Dampf ab.
Davon abgesehen, halte ich es durchaus für denkbar, dass die Geschichte mit dem "Durchrutschen" eine faule Ausrede ist und die wahre Ursache ganz woanders liegt. Nämlich am mitunter unverblümt kritischen Inhalt dieses Blogs, der nun zum ersten Mal jemandem bei HGV/De Gruyter aufgefallen und sauer aufgestoßen sein könnte; wer weiß denn schon, was für ideologisch unduldsame Irrlichter dort arbeiten - oder besser gesagt 'die Zeit totschlagen'? Aber das ist natürlich nur eine Vermutung, obschon diese auf einschlägigen Erfahrung mit dem Verlags(un)wesen beruht.
Wie auch immer, ich war und bin bis heute für einige Bücher aus De Gruyters Tusculum-Reihe der einzige Rezensent auf Amazon.de - wo ich meine Rezensionen ja immer parallel zum Blog veröffentliche. Ein solcher Rahmen ist diesem Etepetete-Verlag aber nach eigenem Bekunden nicht fein genug. Der möchte seine Bücher, wie es heißt, nur auf "wissenschaftlichen" Plattformen besprochen wissen. Auch wenn erfahrungsgemäß diese Orte praktisch kein Aas frequentiert - verglichen mit Amazon, der größten Buchhandelsplattform der Welt. Letztendlich dürfte also De Gruyter von meinen durchwegs positiven Rezensionen finanziell wesentlich mehr profitiert haben, als ich von einigen kostenlosen Rezensionsexemplaren.
Jene hier nun plötzlich zur Schau gestellte Geschäftsuntüchtigkeit ist bemerkenswert. Die Hochdenker bei De Gruyter sind offenbar der Meinung, dass Laien sich ohnehin nie für z.B. antike Werke interessieren würden, sondern ausschließlich Oberstudienräte, Universitätsprofessoren und vielleicht noch Studenten. Wobei natürlich auch diese Personengruppen längst allesamt bei ihrer Literatursuche zuvörderst Amazon ansteuern, nicht irgendwelche hochtrabenden Wissenschaftspublikationen oder das Feuilleton von Intelligenzblättern im Auflagentiefflug. Egal, lassen wir die bornierten Damen und Herren von De Gruyter am besten in Ihrem intellektuellen Gulag verweilen, sperren ab und werfen den Schlüssel weg.
PS: Trotz des eigenen Statements und meiner E-Mail schickt mir der Verlag immer noch automatisiert Angebote für Rezensionsexemplare. Das ist schon frech!
PPS: Eine Leserin dieses Blogs arbeitet für De Gruyter. Auf die Vergabe von Rezensionsexemplaren hat sie keinen Einfluss, allerdings wusste sie kürzlich zu berichten, dass es auch immer wieder zum Teil heftigen Knatsch zwischen Autoren und dem Verlag geben soll. Das rundet meinen Gesamteindruck, den ich von dieser Berliner Bude mittlerweile habe, vorzüglich ab.
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Also als ein regelmäßiger Leser deines Blogs möchte ich mal festhalten, dass ich drei Bücher der Tusculum Bände ("Celsus und die antike Wissenschaft", "Strategika", "Poliorketika") nur deshalb gekauft habe, weil du mich hier darauf aufmerksam gemacht hast. Aber vielleicht will De Gruyter mein Geld zukünftig nicht mehr, weil ich nur ein dummer Geschichtslaie bin, der sich von "populärwissenschaftlichen" Seiten Lesetipps geben lässt? Mann, Mann, Mann, sind die eingebildet!!
AntwortenLöschenGero
Dieser Verlag ist für seine Arroganz und irre Preispolitik berüchtigt.
AntwortenLöschenDazu kommt außerdem noch, dass DeGruyter von der Tusculumreihe einige Bände nur mehr als eBook anbietet, dafür dann aber Preise verlangt, die selbst bei gebundenen Exemplaren schon nicht mehr gerechtfertigt wären.
Wir können froh sein, dass es mit Reclam einen renommierten Anbieter von antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Werken gibt, der nicht nur günstiger ist, sondern meistens auch einen besseren wissenschaftlichen Anhang mitliefert.
Schrödingers Hund
Die sind selber schuld, betriebswirtschaftliche Dummheit gehört bestraft. Kennt man vom Campus Galli ;-)
AntwortenLöschenWenn man außerdem einen langjährigen Rezensenten schon so behandelt, der dem Verlag sicher etliche Käufe beschert hat, dann will ich gar nicht erst wissen wie die ihre erst Kunden behandeln, wenn mal nicht alles nach Plan läuft.
Kann ich dir als Kunde dieser Firma sagen: Schlecht.
LöschenLange Lieferzeiten, trotz abgesprochener Lieferfrist, und eine pampige Kundendienstmitarbeiterin.
Thomas
Ich bin Archäologe, habe aber noch nie die Rezension eines Buchs von De Gruyter in einem Wissenschaftsmagazin oder in einem ähnlichen Periodikum gesehen. Wo ich sie hingegen gesehen habe, war hier auf deinem Blog. Vielleicht sollte der Verlag die Strategie für Rezensionspartnerschaften überdenken, denn sie scheint zurzeit nicht sehr treffsicher zu sein. Abgesehen davon ist die Beschreibung "populärwissenschaftlich" für dein Blog mMn unzutreffend, da du sehr nahe an den Quellen dran bist und dabei immer wieder Themen aufgreifst, die du z.B. in keinem P.M.-Magazin unterbringen könntest.
AntwortenLöschen"Vielleicht sollte der Verlag die Strategie für Rezensionspartnerschaften überdenken, denn sie scheint zurzeit nicht sehr treffsicher zu sein. "
LöschenDas sollte er in der Tat, dann aber ohne mich, denn für diesen Verein würde ich nicht einmal mehr gegen Bezahlung ein Buch besprechen.
Dass die nicht mal mehr die eigenen Rezensionsbücher selber verteilen wundert mich bei einem so großen Verlag. Aber den Einblick darin wie das Zusammenwirken mit Rezensenten aussieht finde ich interessant. Dass man da plötzlich abgeschoben wird, wirkt auf jeden Fall seltsam. Wenn das 11 mal Irrtümer waren, ist das dann nicht eigentlich schon ein Grund für eine Abmahnung des Mitarbeiters? Ich dürfte mir auf jeden Fall so etwas bei der Arbeit nicht erlauben. Jan T.
AntwortenLöschenBesonders glaubwürdig wirk das Statement von denen wirklich nicht. Davon abgesehen sollten Verlage dankbar dafür sein, wenn jemand diese Art Bücher für ein breiteres Publikum bespricht. Das macht doch ansonsten so gut wie niemand. Oder wollen die keinen Umsatz generieren ?!
AntwortenLöschenGuenevere
De Gruyters Marketingabteilung glaubt eben, der dürre, oft wenig aussagekräftige Klappentext würde reichen. Ein Irrglaube und deren Pech.
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