Ötzi-Walk
Eine Leserin hat mich auf den sogenannten "Ötzi-Walk" aufmerksam gemacht. Dabei handelt es sich um keinen neuen, von DJ Ötzi erfundenen Tanz - ähnlich Michael Jacksons "Moonwalk" - sondern um eine vierzehntägige Wanderung von drei Menschen in jungsteinzeitlicher Kleidung samt (mehr oder weniger) dazu passendem Marschgepäck: Klick mich
Das Vorhaben läuft unter dem Oberbegriff "Experiment", allerdings stellt sich die Frage, welche neuen Erkenntnisse solche schon mehrfach durchgeführten Living-History-Wanderungen für die Allgemeinheit überhaupt noch erbringen können? Vermutlich geht es in diesem speziellen Fall primär um Werbung für die Archäologische Landesausstellung in NRW, aber immerhin dürfte man mit solchen medienwirksamen Projekten ein gewisses Interesse bei der Bevölkerung wecken - was sicher positiv ist.
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Bezüglich einer Anfrage
Nein, auf diesem Blog für Antike und Mittelalter werden keine "Zeichen gesetzt" - gegen oder für was auch immer. Dieses verkappte politische Agitieren, samt Heischen um Sozialprestige, überlasse ich gerne jenen, deren Ego und seelisches Wohlbefinden das nötig hat.
Ja, diese Ausflüge in Gewandung fördern wirklich keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse ans Tageslicht. Die gewonnenen Selbsterkenntnisse der Teilnehmer einmal ausgenommen.
AntwortenLöschenIch möchte in einem Mittelalterblog ganz ehrlich gesagt auch nur ungerne Stellungnahmen zu politischen Themen lesen. Ich finde es gut, dass du dem eine klare Absage erteilst :-)
Wenzel
Genau, vor allem kann man dabei Selbsterkenntnisse gewinnen, etwa, dass man nicht halb so ausdauernd und zäh ist wie unsere Vorfahren :)
LöschenAus Idolfiguren aus der Jungsteinzeit lassen sich relativ vielfältige Formen von Kleidung ableiten, zB einfache tuniken, v-ausschnitte, Röcke, Kleidungsmuster/Webmuster, sogar Klappenröcke kann man angedeutet sehen. Bei dieser Ausstattung hier bin ich aber mit so einigem nicht einverstanden. Die Schuhe folgen zB keiner mir bekannten logik, immerhin gibt es einige steinzeitliche und bronzezeitliche Schuhfunde, allesamt einfache Bundschuhmodelle, bei Ötzi sogar Hochgebirgs-Schneeschuhe.
LöschenBei der Dame hätte ich definitiv Rock und Oberteil oder gar Hosen und Oberteil gewählt statt einem Kleid, es darf in Frage gestellt werden, ob die frühen Textilien (von denen es aus den Pfahlbausiedlungen und mittels Abdrücken auf Keramikböden doch einige Funde gibt) in solcher Webbreite hergestellt werden konnten.
Die Hose des rechten Herren würde ich völlig ausschließen, in dieser Zeit nehme ich eher Beinlinge zum Lendenschurz an, das wäre zumindest die Ötzivariante, die der linke Herr umgesetzt hat, leider für mich etwas zu arg zusammengestückelt, aber gut, kann man so noch hinnehmen.
Der Schmuck des Herren links (Eberlamellen) lässt sich ganz gut belegen aus vielen Funden.
Die Mütze der Dame ist ganz nett von der Machart her, hätte ich jetzt aber eher als Haarnetz gestaltet (ist womöglich sogar eins und sie hats nur falsch auf), Sylvia Crumbach hat unlängst ein sehr sehr änliches Stück rekonstruiert, vielleicht handelt es sich dabei sogar um dieses?
Genau, von diesen antropomorphen Figuren dürfte man sich einiges abgeschaut zu haben, siehe das unten verlinkte PDF.
LöschenBei dem Herrn mit dem weit aus der Stirn geföhnten Haupthaar ist das Leinenhemd unten nicht eingesäumt. Ich denke nicht, dass man in der Steinzeit so schlampig war.
Gibt es irgendwo eine Doku, auf was für Funden diese Outfits beruhen? Ich kenne auß der besagten Zeitperiode nur die Kleidung vom Ötzi und die Leinenkleider aus der Cueva Sagrada in Spanien (die definitiv anders aussehen als das, was die Dame auf dem Foto trägt).
AntwortenLöschenWarum tragen die die "Rucksäcke" so, daß das Gestell fast leer ist und die Felldecke ihnen gegen den Hintern baumelt? Das ist beim Laufen doch sehr hinderlich. Beim Tragen auf dem Rücken sollte man darauf achten, daß das Gewicht möglichst weit oben und nahe am Körper ist. Da wäre ein Trageriemen weitaus hilfreicher als so ein gebogenes Stück Holz.
- Exilwikingerin -
Siehe in folgendem PDF auf Seite 25:
Löschenhttp://verlag.nhm-wien.ac.at/buecher/Groemer_2010_E_Urgeschichte.pdf
Manch rekonstruiertes Kleidungsstück dürfte man auch von Ritzungen auf Steinfiguren herleiten.
Korrektur: Eigentlich handelt es sich um Seite 313 ("Spätneolithikum - Kupferzeit")
LöschenAufgrund der Berichte über den Ötzi-Walk auf dem Blog des RLM Bonn habe ich den Eindruck, man hat die Ausrüstung vorher nicht getestet und sich auch sonst nicht schlau gemacht, wie man Kraxen belädt und trägt. Die werden auch heutzutage noch verwendet, können so schlecht also nicht sein. Auch die Erwähnung eines Tonkruges für Wasser (statt einer Lederblase/-flasche) und die Bilder von den IKEA-Holzschüsseln lassen mich etwas am Sachverstand derer zweifeln, die diese Ausstattung zusammengestellt haben. Die Schafsfelle entsprechen nicht jungsteinzeitlichen Schafen, und auf Regen hat man sich anscheinend nicht vorbereitet ... dabei hatte Ötzi doch so einen schönen Grasmantel!
AntwortenLöschenInsgesamt für mich eine Werbeveranstaltung, aber keine wissenschaftliche.
- Fränkin -
P.S. Danke für den agitationsfreien Blog! Diese Themen gehören beachtet, aber woanders.
Also fast so eine Art Steinzeit-Campus-Galli auf Wanderschaft ;)
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