Donnerstag, 6. Juni 2013

Heilige Straßenkreuzungen - ein Ärgernis für die Kirche


Ein Beispiel für die Zähigkeit heidnischen Brauchtums, liefert uns ein Beispiel aus dem frühen 11. Jahrhundert: Bischof Burchard von Worms drohte mit schweren Kirchenbußen, sollten an Wegkreuzungen - zwecks Verehrung des Ortes - Fackeln entzündet, oder Opfergaben dargebracht werden. 

Doch um welch seltsam anmutenden Brauch handelte es sich bei dieser Verehrung von Wegkreuzungen? Um einen römischen, der aufgrund seines hauptsächlichen Verbreitungsgebietes höchstwahrscheinlich stark germanisch-keltisch beeinflusst war. An Straßeneinmündungen, Weggabelungen und Kreuzungen wurden Göttinnen verehrt, die den Schutz der Reisenden gewährleisten sollten. Und Schutz bedurften man in der Antike unbedingt, wie etliche Grabsteine belegen, deren Inschriften von der Ermordung Reisender durch Räuber berichten.
Die um Beistand angeflehten Weggöttinnen nannte man passenderweise: quadruviae (für Straßenkreuzungen), triviae (für Straßengabelungen) und biviae (für Straßeneinmündungen). Punkto Aussehen unterschieden sie sich kaum von den in den nördlichen Provinzen so beliebten Muttergottheiten (Matronen). Vor allem die quadruviae werden häufig auf einschlägigen Weihesteinen genannt. Auf einem bei Bad Cannstatt gefundenen Exemplar, wurden die vier Göttinnen (quattuor heißt bekanntlich vier) sogar bildlich dargestellt (Foto).

Im Zuge der Christianisierung sanken diese Schutzgöttinnen in den Augen der Kirche zu Dämonen herab -  auch wenn das Volk dies offenbar vielerorts anders sah und an der Verehrung lange Zeit festhielt - siehe etwa das eingangs erwähnte Beispiel aus Worms.
Da die kirchliche Obrigkeit der Sache offensichtlich nur schwer Herr wurde, bediente man sich einer bewährten Methode; man widmete die vom Volk verehrten Plätze einfach in christlichem Sinne um und errichtete Kreuze, Heiligenstatuen und Kapellen. Ein Brauch, der sich in gewisser Weise bis heute erhalten hat, wie jeder der auf dem Land wohnt weiß.
Interessant ist, dass Papst Urban II im Jahr 1095 in Clermont festlegte, dass das Kirchenasyl nicht mehr nur für Kirchen und ihre Vorplätze zu gelten habe, sondern auch für an Wegen aufgestellte Kreuze. Inwieweit es dem Schutzsuchenden in der Praxis etwas half, wenn er sich an so ein Kreuz klammerte, ist natürlich eine ganz andere Frage...



2 Kommentare:

  1. Ich finde es wichtig, dass man die Heiligkeit von Wegkreuzungen nicht ignoriert und vergisst!

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    1. Dann kann man nur hoffen, dass viele Leute diesen Blogbeitrag lesen ;)

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