Caliga eines römischen Legionärs (Foto: MatthiasKabel / Wikimedia.org) |
Im Jahr 9. n. Chr. wurde das römische Heer des Publius Quinctilius Varus, auf seinem Weg ins Winterlager von Germanen, die unter dem Kommando des Cheruskerfürsten Arminius standen, vernichtend geschlagen. Einer der Hauptgründe für diese Niederlage war, dass die Legionen während ihres Marsches angegriffen wurden und sich auf den engen Pfaden denen sie folgten, nicht in der gewohnten Schlachtordnung aufstellen konnten. Im günstigsten Fall befanden sich links und rechts des Weges nämlich dichte Wälder - im ungünstigsten sogar Moore, Sümpfe und Berge.
So weit, so bekannt. Die wenigsten Leute können sich aber eine Vorstellung davon machen, welch enorme Länge der Heerwurm der Römer hatte. Dabei ist diese Länge halbwegs errechenbar:
Im Normalfall marschierten die Legionäre auf einer gut ausgebauten Straße zu sechst nebeneinander. Eine Marschordnung, die hier aber eher unwahrscheinlich ist, wenn man die oftmals beschriebenen, beengten Verhältnisse bedenkt. Viel mehr als drei Legionäre nebeneinander, können es nicht gewesen sein. Der Abstand zwischen den einzelnen Reihen wird ca. 2 Meter betragen haben - die Legionäre hatten schließlich ihr umfangreiches Gepäck geschultert, was zusätzlichen Platz beanspruchte. Wenn man bedenkt, dass eine Kohorte zur Zeit des Augustus (laut Marcus Junkelmann) ca. 600 Mann umfasste (inklusive Sklaven und anderer Nichtkombattanten), dann ergibt sich daraus eine Ausdehnung von 400 Metern. Wohlgemerkt, für nur eine Kohorte! Da eine Legion allerdings aus 10 Kohorten bestand, und das Heer des Varus wiederum über drei Legionen verfügte (= 30 Kohorten) kommt man zu einer Ausdehnung von 12 000 Metern = 12 Kilometern.
Und diese 12 Kilometer sind auch nur dann realistisch, wenn man günstige Marschbedinungen voraussetzt. Die aber im gegenständlichen Fall nicht gegeben waren, wo doch Cassius Dio berichten: "Inzwischen kamen starker Regen und Sturm auf, was die Marschierenden weiter voneinander trennte und den Boden, um die Wurzeln und Stämme herum, schlüpfrig machte und jeder Schritt höchst unsicher war. Bruch und Sturz der Baumwipfel sorgten für weitere Verwirrung."
In Wirklichkeit war die Marschkolonne der Legionen demnach wohl noch um einiges länger als die errechneten 12 km. Eher dürften es um die 15 km gewesen sein. Hinzu kamen der umfangreiche Tross, die Legionsreiterei (3 x 120 Reiter) und der Feldherr mit seinen Stabsoffizieren und Chargen. Man kann demnach getrost von einer Länge ausgehen, die mindestens 20 Kilometer betrug.
Aber zum Heer gehörten ja auch noch drei Alen (insgesamt rund 1500 Reiter) sowie 6 Kohorten der Hilfstruppen.
Wenn man das alles zusammenrechnet, ist man unterm Strich bei einer Marschsäule angelangt, die um die 30 Kilometer betragen haben dürfte. (Wikipedia spricht von ca 20 km und liegt damit meiner Meinung nach garantiert daneben. Auf so eine Länge kann man allerhöchstens kommen, wenn man davon ausgeht, dass man zu sechst nebeneinander marschiert ist und/oder die mitmarschierenden Nichtkombattanten unberücksichtigt lässt.)
Bei einer 30 Kilometer langen Kolonne, benötigten die weiter hinten marschierenden Soldaten mindestens einen ganzen Marschtag, bis sie zu der in Kämpfe verwickelten Spitze aufgeschlossen hatten. Und genau das ist der Grund für die Niederlage des römischen Heers. Arminius hat die Römer punktuell mit starken Kräften attackiert, möglichst viele getötet und sich dann zurückgezogen, bevor der Feind Verstärkung heranführen konnte. Über mehrere Tage hinweg, hat er so die Armee des Varus Stück für Stück aufgerieben, bis sie dermaßen geschwächt war, dass er sie an einer für ihn besonders günstigen Stelle, in einem letzten Kampf vernichten konnte.
Eines möchte ich abschließend aber noch einräumen:
Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Marschkolonne vielleicht doch deutlich kürzer war als oben beschrieben. Die Gründe liegen allerdings weniger bei einer falschen Berechnungsmethode. Vielmehr ist es folgendes Zitat von Cassius Dio, dass eventuell Zweifel aufkommen läßt:
"Varus behielt seine Legionen, wie es in einem Feindesland richtig gewesen wäre, nicht beisammen, sondern verteilte viele seiner Soldaten an schwache Gemeinwesen, die ihn darum baten. Angeblich zu dem Zweck, verschiedene Punkte zu bewachen, Räuber festzunehmen oder gewisse Lebensmitteltransporte zu begleiten."
Daraus könnte man ableiten, dass die Truppen mit denen Varus marschierte, aufgrund vieler für Sonderaufgaben abkommandierter Einheiten, nicht die Sollstärke erreichten. Freilich, wie viele Männer tatsächlich fehlten, wissen wir heute nicht mehr.
Weiterführende Literatur:
Lutz Walther | Varus, Varus!: Antike Texte zur Schlacht im Teutoburger Wald | Reclam | 2008 | Meine Rezension | Infos bei Amazon
Weiterführende Literatur:
Lutz Walther | Varus, Varus!: Antike Texte zur Schlacht im Teutoburger Wald | Reclam | 2008 | Meine Rezension | Infos bei Amazon
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Kommentare werden entweder automatisch oder von mir manuell freigeschalten - abhängig von der gerade herrschenden Spam-Situation und wie es um meine Zeit bestellt ist.