Donnerstag, 6. Februar 2014

Hörbares: Karl der Große, Diogenes und Völlerei im Mittelalter


Ein Vater Europas - Karl der Große: In dieser Audiodokumentation versucht man das Leben Karls des Großen, der vermutlich vor 1200 Jahre verstarb, ausführlich nachzuzeichnen. | Spieldauer 55 Minuten | BR | Stream, Direkter Download
Anmerkung: Wenn Karl der Große ein "Vater" war, dann ein prügelnder. Einen Kriegsherrn und Eroberer - der beinahe jedes Jahr in den Kampf zog, so z.B. gegen die Aquitanier, Sachsen, Bajuwaren, Slawen und Langobarden - kann man nämlich nur schwer zu einer bewundernswerten Vaterfigur hochstilisieren die stellvertretend für ein friedliches und freiwilliges(!) Miteinander der Völker Europas steht. 
Die Mediävistik lässt sich hier offensichtlich vor einen politischen Karren spannen. Was freilich wenig verwundert, entstand sie nach den Napoleonischen Kriegen in Deutschland doch nicht zuletzt aufgrund politischer Erwägungen; nämlich um ein einigendes, deutsches Nationalbewustsein aus der überlieferten Geschichte des Mittelalters herzuleiten. Nun, dieses deutsche Nationalbewustsein ist - ebenfalls aus historischen Gründen - nicht mehr "en vogue" und wurde zwischenzeitlich durch ein europäisches ersetzt. Karl und auch der nach ihm benannte Preis stehen quasi repräsentativ für diese neue... Ideologie.
Mit objektiver Wissenschaft hat das alles freilich nur noch wenig zu tun. Was die deutsche Mediävistik heute betreibt ist vor allem Mythenforschung. Vom historischen Karl liegen ja auch so gut wie keine verlässlichen Informationen vor. Im Gegenteil, vieles, vor allem jene angeblich von ihm ausgestellten Urkunden auf die sich die Diplomatik lange Zeit stützte, wurde längst als Fälschungen späterer Epochen enttarnt.  
(Ich hoffe meine Worte hatten zum Teil keinen politisch anmutenden Beigeschmack. Der über die Jahrhunderte fortgesetzte Missbrauch Karls ist in meinen Augen allerdings eine Tatsache auf die man unbedingt aufmerksam machen sollte, da sich Teile der Geschichtsforschung hier nach wie vor gründlich selbst beschädigen).

Diogenes von Sinope - radikaler Lebensphilosoph und Provokateur: Dieogenes von Sinope gehört vermutlich zu den interessantesten Philosophen der Antike. Berühmt wurde er vor allem durch jene Anekdote, in der er Alexander den Großen auffordert, dieser möge ihm aus der Sonne gehen. | Spieldauer 22 Minuten | BR | Stream, Direkter Download

Die Völlerei - das große Fressen: In diesem Podcast widmet man sich der Völlerei - dieser im Mittelalter von Theologen besonders häufig angeprangerte Sünde, welche freilich vor allem die Oberschicht betraf | Spieldauer 22 Minuten | BR | StreamDirekter Download


6 Kommentare:

  1. Der Fall ist vergleichbar mit Napoleon, der für die Franzosen nach wie vor eine Art Gott ist, obwohl er Millionen von Menschenleben direkt (durch Kampfhandlungen, Verfolgung und Standgerichte) oder indirekt (durch heraufbeschworene Hungersnöte und Seuchen) auf dem Gewissen hat. Eine wirklich kritische Auseinandersetzung findet in der französischen Forschung so gut wie nicht statt. Und der Deutschen Geschichtswissenschaft fällt dazu nichts Besseres ein, als zu betonen, dass Napoleon doch den Code civil eingeführt habe.
    Aber he, wenn man so argumentiert, dann muss man Hitlers Treiben auch auf den Bau toller Autobahnen und der erfolgreichen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beschränken...
    Peinlich!
    QX

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    1. Auch Ludwig XIV. ist so ein Fall - wo wir gerade bei Frankreich sind ;)

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  2. Aber Karl gabs doch gar nicht ;)

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    1. Rrrrischtisch, das behaupten manche Leute - auch neulich wieder ;)
      http://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.1200-todestag-karl-der-grosse-karl-der-grosse-hat-nie-gelebt.4406bf48-c264-486a-a932-155afc26e797.html

      In Aachen hat man nun aber eine Tür gefunden, die Karl quasi zugeschrieben wird:
      http://www.sueddeutsche.de/wissen/karl-der-grosse-die-tuer-des-frankenkaisers-1.1868178

      Das Lustige hiebei ist, dass der Baum für das Holz dieser Tür zwischen 766 und 880 gefällt wurde - also möglicherweise erst 66 Jahre nach Karls Tod ^^
      Trotzdem tönt der Aachener Dombaumeister im Brustton der Überzeugung: "Es ist Karls Tür", er hat sie in der Hand gehabt."
      Es kommt also der dringende Verdacht auf, dass hier mit Brachialgewalt für das Karlsjahr 2014 eine weitere Sensation erschaffen werden soll. Was nicht passt, wird quasi passend gemacht.
      Um QX weiter oben zu zitieren: Peinlich.

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    2. Du schreibst: "Offensichtlich soll hier mit Brachialgewalt für das Karlsjahr 2014 eine weitere Sensation generiert werden."

      Da nahm die Mediävistik anscheinend Anleihe bei der Kirche, die im Mittelalter ja auch Reliquien im Akkord produziert hat, um möglichst viele Menschen abzuzocken :)))

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    3. Der Vergleich ist gar nicht mal so schlecht, bernd.
      Blinde Technik- und Wissenschaftsgläubigkeit ist eine sich rasant ausbreitende Ersatzreligion.
      QX

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