Dienstag, 8. April 2014

Gab es im antiken Rom Straßenschilder und Hausnummern?


Nein, es gab im antiken Rom mit hoher Wahrscheinlichkeit weder Straßenschilder noch Hausnummern - obwohl zumindest einige wenige Straßen einen Namen trugen- so z.B. die Via SacraDa diese Feststellung allerdings keinen eigenen Blogbeitrag rechtfertigen würde ;), möchte ich kurz darlegen, wie man sich stattdessen im Gewirr Roms zurechtfand:
Die übliche und eigentlich einzige Methode war, sich an öffentlichen Gebäuden oder sonstigen markanten Punkten zu orientieren. So heißt es etwa in einem Stück des Publius Terentius Afer: 
"Kennst du das Haus des reichen Cratinus?" "Ja." "Sobald du dran vorbei bist, gehst du links die Straße hinunter. Am Diana-Tempel wende dich nach rechts. Noch vor dem Tor steht eine kleine Mühle in der Nähe des Teichs, direkt gegenüber der Werkstatt. Dort wohnt er." (Anm.: der Gesuchte) (Terrenz Ad. 581ff)
Marcus Valerius Martialis beschreibt in den Epigrammen die Lage seiner eigenen Wohnung mit "ad pirum", was so viel wie "am Birnbaum" bedeutet. Außerdem befand sich laut Angaben des Dichters in der Nähe die Badeanstalt eines gewissen Stephanus und die sogenannte Pila Tiburtina, bei der es sich vermutlich um eine Art Denkmal in Säulenform handelte. Martial dürfte angenommen haben, dass solche Angaben genügen, damit jedermann in Rom zu ihm fand.

Auch die Inschriften jener Halsbänder, die Sklaven, welche schon einmal entlaufen waren, tragen mussten, belegen die bescheidenen aber offenbar ausreichenden Möglichkeiten bei der Adressangabe:
"Ich bin Asellus, Sklave des Praeiectus, eines Gehilfen des Präfekten der Getreideversorgung. Ich bin außerhalb der Mauern gegangen. Ergreift mich, denn ich bin fortgelaufen. Bringt mich zurück an den Ort, genannt "Bei der Blume", neben den Barbieren." (CIL XV 712)
Mit Beschreibungen wie sie in diesen drei Beispielen vorkamen, konnten freilich nur Einheimische sofort etwas anfangen. Für Menschen von Auswärts wird das Fragen nach dem rechten Weg hingegen eine eher mühsame Angelegenheit gewesen sein; auch wenn man wusste, in welchem der 16 von Augustus eingeführten Stadtbezirke (regiones) der Gesuchte lebte. Ja selbst die Kenntnis seines Namens garantierte keinen schnellen Erfolg, denn schließlich übernahmen freigelassene Sklaven den Vor- und Familiennamen ihres ehemaligen Herren; konkret bedeutete dies bei der zeitweise inflationären Anzahl an Sklavenfreilassungen - wegen deren Überhandnehmen sogar spezielle Gesetze und Steuern beschlossen wurden -, dass es vermutlich hunderte Männer in Rom gab, die Marcus Antonius oder Gnaeus Pompeius hießen. Kannte man jedoch den Beruf und suchte etwa nach Gnaeus Pompeius dem Buchhändler oder Marcus Antonius dem Silberschmied, dann standen die Chancen deutlich besser, möglichst rasch ans Ziel zu gelangen. Dabei halfen sicher auch die oft auf Hausfassaden gepinselten Namen der Firmeninhaber. Freilich, bei einem Tagelöhner, den nur wenige Menschen kannten, dürfte die Suche zumeist recht langwierig ausgefallen sein.
In den bessergestellten Haushalten soll es übrigens einen spezielle Sklaven (Nomenclator) gegeben haben, dessen Aufgabe es unter anderem war, unzählige "Adressen" auswendig zu wissen, um dem Herren des Hauses oder einem Boten rasch den Weg beschreiben zu können.

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Weiterführende Literatur:

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4 Kommentare:

  1. Danke für diesen Blogpost - das ist auf jeden Fall ein unschätzbares Wissen, wenn man Handlung im antiken Rom hat!

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    1. .... oder man eine Zeitreise ins antike Rom unternimmt ;)

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  2. Hallo Hiltibold, ist bekannt, warum so viele Sklaven freigelassen wurden? Ich finde diese Frage sehr spannend! Grüße, der Obstzwerg

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    1. Vermutlich um die eigene Klientel zu vergrößern - soll heißen, die Freigelassenen wurden zu Klienten ihres vormaligen Herren und konnte diesen beispielsweise in Ämter wählen oder bei Gerichtsprozessen durch einseitige Stimmungsmache unterstützen. Vor allem in der Römischen Republik war das ein nicht zu unterschätzender Pluspunkt. Außerdem wirkte man wichtiger, wenn einem jeden Morgen möglichst viele Klienten ihre Aufwartung machten (in Rom lange Zeit ein übliches Ritual).
      Ein Sklave, der weiß, dass er bei Wohlverhalten vielleicht schon nach einigen Jahren freigelassen wird, wird außerdem bemüht sein, fleißig und zuverlässig zu arbeiten. Die Römer haben das sehr geschickt ausgenutzt.

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