Montag, 10. Juli 2017

PDF: Germanische Kriegerinnen? Leider nein.

Vielleicht erinnern sich einige Leser noch an den Versuch seitens neofeministisch angehauchter Archäologen und Innen, einige germanische/bajuwarische Bestattungen in Richtung eines weiblichen Kriegertums im merowingerzeitlichen Mittelalter zu interpretieren. Eine der Vertreterinnen dieser These hat mittlerweile eingeräumt, dass dem doch nicht so ist (ich habe darauf bereits in meinem Beitrag Feministische Archäologie: In Östrogen gegossenes Wunschdenken hingewiesen). 

Nun hat mich ein Leser freundlicherweise auf eine aktuelle Arbeit aufmerksam gemacht, in der das Thema von den angeblichen germanischen Kriegerinnen ebenfalls behandelt wird; auch hier bestätigt sich, dass ein regelrechtes weibliches Kriegertum im Frühmittelalter nicht belegt werden kann: Klick mich

Zitat:
Normalerweise wurden Individuen im frühen Mittelalter mit geschlechtsspezifischen Beigaben bestattet, so werden Männer und Jungen häufig mit Waffenbeigaben, Frauen und Mädchen meist mit Schmuckbeigaben bestattet (BRATHER, 2008, GÄRTNER, 2013). In der Regel können die Bestatteten dabei auch über ihre Beigaben relativ sicher geschlechtsbestimmt werden (Anm.: Eine Tatsache, mit der manch Neofeministin absolut keine Freude hat - siehe mein Beitrag zur feministischen Archäologie). In dieser Beigabensitte ist wohl auch die klassische Rollenverteilung der beiden Geschlechter im Frühmittelalter widergespiegelt. Während Männer physisch anstrengende Arbeiten verrichteten, Handel trieben, Krieg führten und politische sowie Rechtsgeschäfte tätigten, war es Frauen vorbehalten, zu heiraten, Kinder zu bekommen und sich um Haus, Hof und die Familie zu kümmern (BITEL, 2002). Dennoch gibt es immer wieder Fälle, in denen sich die archäologische und die anthropologische Geschlechtsbestimmung widersprechen (GÄRTNER, 2013, GÄRTNER ET AL., 2014, HAAS-GEBHARD, 2013). In vielen Fällen handelt es sich dabei um Frauen, die mit Waffenausrüstung bestattet wurden und damit Anlass zur Postulierung frühmittelalterlicher „Amazonen“ gegeben haben (z. B. GÄRTNER, 2012, SCHNEIDER, 2008). Ein Absatz der Lex Baiuvariorum, der das Strafmaß für den Angriff auf eine Frau verringert, wenn diese selbst zur Waffe greift, wird häufig auch dahingehend gewertet, dass (bajuwarische) Frauen durchaus als „Kriegerinnen“ fungiert haben könnten, wenngleich vermutlich nur in Familienfehden und nicht in kriegerischen Auseinandersetzungen mit anderen Stämmen (HAAS-GEBHARD, 2013). Befeuert wurde diese Diskussion zusätzlich durch eine mittlerweile widerlegte molekulare Geschlechtsbestimmung einer vermeintlichen Frau, die in Niederstotzingen zusammen mit 2 Männern in Rüstung begraben wurde (WAHL ET AL., 2014, ZELLER, 2000). 
[...] In der vorliegenden Arbeit wurden Bestattungsphänomene, die regelmäßig auf frühmittelalterlichen Reihengräberfeldern angetroffen werden können, aus einer molekularbiologischen Sicht untersucht und beurteilt. Zu diesen Phänomenen zählen neben den sogenannten „Amazonen“, also Frauen, die in Waffenausrüstung bestattet wurden, auch Mehrfachbestattungen in allen denkbaren Variationen. [...]. Durch die erneute Untersuchung von Frauen in Waffen konnte gezeigt werden, dass es diese Art der Bestattung nicht gab, wie auch die übrigen Bestattungen, deren Geschlechtszuweisung von anthropologischer und archäologischer Seite widersprüchlich war (IMMLER, 2013, GÄRTNER ET AL., 2014). [...]. Vor allem vermeintlich spektakuläre Ergebnisse bedürfen hier immer einer unabhängigen Reproduktion, Anwendung verschiedener Verfahren und kritischen Betrachtung, wie der ursprüngliche Fall einer vermeintlichen Amazone aus Niederstotzingen (WAHL ET AL., 2014, ZELLER, 2000) zeigt.  
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2 Kommentare:

  1. Süss. Die ganzen Wunschvorstellungen, v.a. aber auch der Satz "war es Frauen vorbehalten, zu heiraten". Dürfte ohne Männer etwas schwierig sein ;)

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    1. Es sei denn, die Germanen kannten bereits die gleichgeschlechtliche Ehe...
      Allerdings wären sie wohl bald ausgestorben, wenn nur Frauen untereinander heiraten durften ;)

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