In der vorliegenden Publikation dreht sich alles um Brüste - genauer gesagt um Armbrüste. Ich unterstreiche das deshalb, weil die Verantwortlichen sich dafür entschieden haben, die heutzutage eher ungewöhnliche Schreibweise "Armbruste" zu verwenden, eventuell um gewisse Assoziationen mit der menschlichen Anatomie zu vermeiden? 😉
Das 336-seitige Buch besteht aus zwei Teilen: Im 1. Teil - der Einleitung - wird auf rund 100 Seiten von verschiedenen Autoren Grundlagenwissen über Armbrüste vermittelt. So etwa, dass diese bereits in der Antike sowohl in Europa wie auch in Asien Verwendung fanden; dass ihr Einsatz gegen Christen jedoch in Europa im Jahr 1139 von der Kirche im 2. Laterankonzil wenigstens für das Turnier-Umfeld verboten wurde; dass Armbrüste sich besser für den Belagerungskrieg eigneten, aber weniger für die Feldschlacht; dass Armbrüste mit Hornbogen im Winter bzw. bei kalten Temperaturen besser funktionierten, als Armbrüste mit Holzbogen; usw. usf. Ebenfalls wird in der Einleitung auf die Geschichte des DHM (Deutsches Historisches Museum) eingegangen, wobei sich die Einlassungen für mich phasenweise anhörten, als ob man um Nachsicht dafür bittet, auch viele historische Waffen in den Beständen zu haben. So gesehen müsste man besonders Stalins Roten Armee dankbar sein, die Deutschland nicht nur vom Nationalsozialismus befreit hat, sondern auch gleich von allem, was irgendwie von finanziellem Wert war - darunter etliche der alten Waffen des DHM, die nun in russischen Depots vor sich hin gammeln.
Im 2. Teil des Buchs - dem Katalogteil - werden unzählige komplette Armbrüste, aber auch Zubehör und sonstige Einzelteile aus dem Museumsbestand sehr übersichtlich präsentiert (siehe die nachfolgenden Bilder). Die Informationen, die dabei etwa zu einer bestimmten Armbrust geliefert werden, umfassen neben einer Beschreibung die Abmessungen (auch einzelner Komponenten), das Gewicht, die verwendeten Werkstoffe, die Provenienz, die Literatur dazu und die Nennung vergleichbarer Stücke in anderen Museen.
Der Anhang des Buchs enthält u.a. ein interessantes Markenverzeichnis von historischen Armbrustbauern.
Fazit: Sammlungsbedingt liegt der Schwerpunkt auf dem Spätmittelalter und der Renaissance - genauer gesagt handelt es sich vor allem um den Zeitraum vom spätem 15. bis zum späten 16. Jahrhundert. Ich persönlich hätte mir mehr ältere Stücke gewünscht. Doch abseits davon hat der Hirmer Verlag mit "Die Armbrust - Schrecken und Schönheit" wieder einmal einen interessanten und optisch ansprechenden Bildband vorgelegt.
Das Buch enthält einige ausführliche Darstellungen, anhand derer die Funktionsweise verschiedener Armbrust-Schlösser bzw. Schloss-Typen erläutert wird. | Foto: Hiltibold / Buchinhalt: (C) Hirmer Verlag |
Der Schwerpunkt des Buches liegt auf den Fotografien von Armbrüsten wie dieser Hornbogenarmbust aus dem 15. Jahrhundert. | Foto: Hiltibold / Buchinhalt: (C) Hirmer Verlag |
Auch die verschiedenen Typen von Armbrustbolzen werden anhand von entsprechenden Fotos vorgestellt. Hier Exemplare aus dem 13.- 15. Jh. | Foto: Hiltibold / Buchinhalt: (C) Hirmer Verlag |
Wie der Bogenschütze brauchte auch der Armbrustschütze einen Köcher. Hier ein Exemplar das in das 15. Jahrhundert datiert | Foto: Hiltibold / Buchinhalt: (C) Hirmer Verlag |
Zum Spannen der Armbrüste wurden u.a. Zahnstangengewinde wie dieses deutsche Beispiel aus dem späten 15. / frühen 16. Jh. verwendet. | Foto: Hiltibold / Buchinhalt: (C) Hirmer Verlag |
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Weiterführende Informationen:
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"als ob man um Nachsicht dafür bittet, auch viele historische Waffen in den Beständen zu haben."
AntwortenLöschenPasst doch perfekt zu einem Land, in dem man Militärhistoriker schräg ansieht und durch Gender-Studies-Tanten ersetzt.
C3PO
Neuere Armbrüste sind aber nicht enthalten, richtig?
AntwortenLöschenNur einige Exemplare aus dem 19. Jahrhundert. Nichts von aktueller Machart.
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