Heinrich II. war der fünfte und letzte Kaiser der ottonischen Herrscherdynastie. Mit seinem Tod im Jahr 1024 lässt die moderne Geschichtswissenschaft das rund 500 Jahre umfassende Frühmittelalter im deutschen Sprachraum enden. Doch der kinderlose Heinrich markierte damit nicht nur eine Epochenwende. Vielmehr wurden er und seine Frau Kunigunde einige Zeit später sogar heilig gesprochen; eine Ehre, die keinem anderen Herrscherpaar nach ihnen je wieder zuteil geworden ist. Verdient haben sich die beiden das durch ihre unermüdliche Förderung der Kirche - ganz besonders in Bamberg, wo man, trotz Widerständen, ein neues Bistum gründete. Darüber hinaus setzten sich Heinrich und Kunigunde für eine Reform des uneinheitlichen und z.T. verlotterten Klosterwesens auf Grundlage der Regeln des Heiligen Benedikt ein.
Heinrichs Begeisterung für die Kirche mag darauf zurückzuführen sein, dass er eventuell ursprünglich von seinen Eltern für die Kirchenlaufbahn vorgesehen und entsprechend ausgebildet worden war. Allerdings hatte er von seinem gleichnamigen Vater, der Herzog von Bayern gewesen ist und einer Nebenlinie der ottonischen Herrscherfamilie entstammte, auch den Willen zur Macht geerbt. Während jedoch Herzog Heinrich trotz zahlreicher Versuche nie die Kaiserkrone erlangte - und für seine hartnäckigen Ambitionen in der Renaissance den unguten Beinamen "der Zänker" verpasst bekam - gelang es seinem Sohn nach dem Tod von Kaiser Otto III. mittels einer Überrumpelungstaktik sich selbst an die Spitze des Reiches zu setzen. Dabei schreckte der 'heilige' Heinrich auch vor Gewaltandrohung und Gewaltanwendung nicht zurück; etwa als er sich der Reichsinsignien bemächtigte, die von Italien aus - wo der weltfremde Träumer Otto gestorben war - über die Alpen zurücktransportiert wurden. Auch ansonsten war Heinrich II. nicht immer ein vorbildlicher Christ. So verbündete er sich etwa, wenn es im politisch gerade zupass kam, schon mal mit heidnischen Völkerschaften gegen einen christlichen Fürsten. Dergleichen rief bei einigen seiner weniger pragmatisch denkenden Zeitgenossen heftige Schnappatmung hervor.
Heinrichs Ehefrau Kunigunde von Luxemburg scheint eine deutlich weniger kontroverse Persönlichkeit gewesen zu sein. Die Tochter eines Grafen hatte zahlreiche Geschwister, ihr selbst war es allerdings nicht vergönnt, auch nur ein Kind in 25 Jahren Ehe zur Welt zu bringen. Interessanterweise gab das Volk ihrem Mann die Schuld dafür, was durchaus ungewöhnlich für das Mittelalter war, denn gemeinhin machte man in so einem Fall die Ehefrau verantwortlich.
Gleich nach der Hochzeit mit Heinrich beschenkte sie dieser reichlich. Auch wurde sie später in einer eigenen Zeremonie zur Königin gekrönt und in Urkunden entsprechend als "consors regni" (Mitregentin) genannt. Kunigunde scheint als Königin recht beliebt gewesen zu sein - und das obwohl ihre Regentschaft einen unrühmlichen Auftakt genommen hatte. Im Rahmen der Krönungsfeierlichkeit in Sachsen kam es nämlich zu einem unschönen Zwischenfall, als das bayerische Gefolge des Herrscherpaares im Umland plünderte und dabei Bauern, die sich zur Wehr setzten, kurzerhand erschlug; das alles ausgerechnet während die Ehrengäste nobel tafelten. Offenbar waren die Krieger der Meinung, bei der Party zu kurz gekommen zu sein.
Die Autorin Karin Schneider-Ferber zeichnet ein interessantes und kurzweiliges Bild von Heinrich II. und seiner Frau Kunigunde. An keiner Stelle verliert sie sich in irgendwelchen weitschweifeigen Einlassungen, die den Leser langweilen könnten. Vielmehr kommt sie immer rasch zum Kern der Sache.
Zwar hätte ich mir eine strenger chronologisch geordnete Strukturierung gewünscht - statt dem thematischen Hin- und Herspringen - doch trübt dieser Umstand das Lesevergnügen nicht sehr.
Eine an sich gute Idee sind die zahlreichen eingeschobenen Exkurse, etwa über das mittelalterliche Verbot der Nah-Ehe (Ehe zwischen nahen Verwandten), die sogenannte Mainzer Krönungs-Ordo usw. Nicht ganz so gut ist, dass diese ganzseitigen Exkurse den Haupttext eines Kapitels unterbrechen, was den Leerfluss etwas beeinträchtigt.
Das ca. 160seitige Büchlein ist eindeutig textlastig (was nicht schlecht ist), enthält aber doch auch einige Abbildungen. Am Ende findet der Leser dann noch einen Stammbaum, eine Zeitleiste und ein Quellenverzeichnis. Unterm Strich wurde hier eine durchaus gelungene Doppel-Biografie vorgelegt, die sich gut in die Reihe "Kleine bayerische Biografien" des Verlags Friedrich Pustet einfügt.
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