Montag, 30. September 2013

Römische Herrscherportraits - verehrt und gehasst


Bekanntlich gehörte es zum Standardprogramm römischer Herrscher, das Reich mit unzähligen Porträts ihrer eigenen Person zu überziehen. Diese Darstellungen sind - abhängig von der vorherrschenden Mode - einmal mehr, einmal weniger idealisierend. Sinn und Zweck war jedoch immer die Etablierung eines Personenkultes. Da vor allem viele Provinzbewohner den Kaiser nie leibhaftig zu sehen bekamen, waren die herrschaftlichen Statuen nicht nur einfache Bildnisse; sie verkörperten vielmehr den Herrscher in Person. So wird beispielsweise davon berichtet, dass man an einem Standbild Julius Caesars offizielle Staatsdokumente anheftete. Spätere Kaiserstatuen galten als Stätten des Asyls und sogar Bittgesuche wurden an sie gerichtet.
Doch wehe, ein Herrscher zog sich den nachhaltigen Zorn des Volks oder der senatorischen Führungsschicht zu. Dann konnte es durchaus passieren, dass nach seinem (beschleunigten) Ableben sämtliche ihn darstellenden Monumente demoliert wurden. Plinius der Jüngere beschreibt diesen Vorgang am Beispiel des verhassten Kaisers Domitian:
Es war uns ein Vergnügen, diese stolzen Gesichter zu Boden zu werfen, mit dem Schwert auf sie einzuschlagen und sie mit der Axt zu misshandeln, als ob Blut und Schmerz aus jedem Hieb folgen könnte. Unser viel zu lange aufgeschobener Freudentaumel war ungehemmt. Alle suchten eine Art der Vergeltung darin, diese verstümmelten Körper zu betrachten, die zu Stücken zerhackten Gliedmaßen, und endlich dieses unheilvolle, fürchterliche Antlitz, das ins Feuer geworfen worden war, um eingeschmolzen zu werden.
Die damnatio memoria, quasi die Ächtung nach dem Tod, bedeutete nicht nur, dass die Bildnisse einer Person zerstört wurden; vielmehr wurden auch der Name des Betroffenen überall im Reich aus Inschriften entfernt, auf dass die Erinnerung an ihn völlig ausgelöscht wird. Die Archäologie hat etliche Beispiele zutage gefördert, die diese Praxis belegen.
Nach dem Tode verdammt, konnte wohl auch die ungeliebte Ehefrau eines Herrschers werden, wie obiges (linkes) Bild einer bereits in der Antike gezielt beschädigten Bronzestatue der Julia Aquilia Severa nahe legt. Möglicherweise sollte ihr Andenken, quasi in einem Aufwasch mit dem ihres Ehemannes Elagabal, aus dem kollektiven Gedächtnis der Römer getilgt werden.
Kaiser Caracalla wiederum, ließ vom Senat über den von ihm ermordeten Bruder und Mitregenten Geta die damnatio memoria verhängen (verständlich, schließlich wollte er damit seine eigene Untat zudecken) - siehe rechtes Bild.

Herrscherbildnisse wurden natürlich auch besonders gerne von äußeren Feinden misshandelt. Beispielsweise fand man im hessischen Waldgirmes die Überreste einer bronzenen Reiterstatue des Augustus, welche vermutlich von Arminius' siegreichen Germanen in kleine Stücke zerschlagen worden war.
Ein besonders krasser Fall - der allerdings auch besonders schön zeigt, wie sehr die römischen Kaiser von ihren Standbildern repräsentiert und mit diesen gleichgesetzt wurden - ist uns aus Oberägypten überliefert. Dort drangen in den Jahren 25 bis 24 v. Chr. Stammesangehörige des sudanesischen Reichs von Kusch ein; etliche Festungen, Ortschaften und Heiligtümer fielen der Zerstörung anheim. Dabei wurde auch eine überlebensgroße Statue des Augustus enthauptet. Den Kopf verschleppte man nach Meroe, wo er unter den Stufen eines eigens errichteten Siegestempels vergraben wurde. Jeder der diesen Tempel betrat, sollte sozusagen über das Antlitz des Augustus "trampeln". Für den Kaiser in Rom, stellte dies eine enorme Demütigung dar.

Das lustvolle Zerstören von Denkmälern politischer Führer, ist freilich kein reines Phänomen der Antike. Man erinnere sich nur an die vielen, unter dem Jubel der Massen von ihren Sockeln gestoßenen Lenin-Statuen, deren Beseitigung das Ende des Ostblocks kennzeichnete. Auch Saddam Husseins bronzenem Ebenbild, erging es nach dem Fall Bagdads übel...

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