Mittwoch, 18. Juni 2014

Buch: Der Heidenfürst, von Bernard Cornwell

Man schreibt das Jahr 910 und die Abenteuer des Uhtred von Bebbanburg gehen mit dem Roman Der Heidenfürst (Rowohlt) in die siebte Runde. Nach wie vor versucht der Protagonist das angelsächsische England vor der vollständigen Eroberung durch dänische Wikinger zu bewahren. Mittlerweile ist er über 50 Jahte alt und kleine Zipperlein machen sich bemerkbar. Dass der northumbrische Kriegsherr aber noch lange nicht altersmilde ist, beweist er gleich zu Beginn der Geschichte, als er (wieder einmal) im Affekt einen Geistlichen erschlägt. Aufgrund dieser Tat wird er geächtet und sieht sich im Angesicht eines aufgebrachten Pöbels genötigt, seine Besitzungen in Mercien zu verlassen. Mit wenigen Getreuen flüchtet er in den Norden, um dort endlich die vor vielen Jahren von seinem hinterhältigen Onkel geraubte Bebbanburg zurückzuerobern...

Irgendwie kommt dem Kenner der Reihe das alles sehr bekannt vor, oder? Und in der Tat fragt man sich, ob dem Autor Bernard Cornwell langsam die Ideen ausgehen. Dass er außerdem den Tod der beiden langjährigen Freunde Uhtreds - Pater Beocca und Graf Ragnar - mit lediglich zwei, drei lapidaren Sätzen abhandelte, fand ich geradezu unwürdig. Sollten hier vielleicht ein paar alte Zöpfe kurz und schmerzlos abgeschnitten werden? Wenn ja, dann hätte ich eine etwas weniger plumpe Art bevorzugt.
Trotz dieser (kleinen) Mängel hat mir Der Heidenfürst große Freude bereitet, denn der Schreibstil ist packend und kurzweilig. Der Autor bedient sich dabei häufig einer drastischen aber vermutlich relativ authentischen Wortwahl, die man bei den strahlenden Protagonisten deutscher Historienromane in der Regel vergeblich sucht. Kein Wunder, dass Cornwell mit schon beinahe beängstigender Regelmäßigkeit Jahr für Jahr einen Bestseller nach dem anderen produziert. Etliche Leser dürften von politisch korrekten Helden einfach die Nase voll haben, da diese nicht viel mehr sind als in die Vergangenheit verpflanzte Abziehbilder moderner Moralvorstellungen. Uhtred ist da völlig anders: Er tötet wehrlose Feinde, ist ein ehrversessener Angeber, bricht Eide und vor allem redet er wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Hier ein paar Kostproben, die übrigens bei Amazon dazu führten, dass meine Rezension bisher nicht freigegeben wurde ^^
Ich zog mein Kettenhemd über den Kopf. Das Lederfutter stank als hätte ein Iltis gefurzt.
Uhtred in Richtung eines feindlichen Wikinger-Anführers: "Und jetzt geht. Ihr stinkt wie ein Ziegenschiss, der zu lange in Katzenpisse gelegen hat."
Ich versuchte sie davon abzubringen. Aber ich hätte auch versuchen können einen Sturm umzuwenden, indem ich in seine Richtung furze.
:D

Fazit der Rezension: Tiefsinnig waren Cornwells Bücher noch nie, aber danach steht mir der Sinn bei Unterhaltungsliteratur ohnehin nicht. Findet man es hingegen reizvoll, sich gedanklich in die relativ gut recherchierten Dark Ages zurückversetzen zu lassen, um erste Reihe fußfrei dem angelsächsischen Abwehrkampf gegen die anstürmenden Wikinger beizuwohnen, dann gibt es sicher nichts besseres als diese Romanreihe. Wer braucht schon den "Herrn der Ringe" oder "Game of Thrones", wenn es Uhtred von Bebbanburg und das gute alte Kopfkino gibt ;)

4 von 5 möglichen Punkten (Aber nur, weil ich Bernard Cornwell diesmal an seinen eigenen hohen Maßstäben messe. Verglichen mit den meisten anderen Autoren von Mittelalterromanen würde er eigentlich 5 Punkte verdienen).

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Der Heidenfürst bei Amazon
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2 Kommentare:

  1. hört sich spannend und interessant an! eigentlich waren im belletristischen bereich die wikinger bisher nicht so mein thema, aber es kann sicher nicht schaden in diese serie reinzuschnuppern . band 1 ist schon bestellt :-) weißt du zufällig , was das bild auf dem cover darstellt? Ist das tatsächlich wikingerzeritlich? chris

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    1. Hmm, das dürfte einer der geschnitzten Tierköpfe sein, die zusammen mit dem Oseberg-Schiff gefunden wurden.

      Viel Spaß jedenfalls beim Lesen!

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