Dienstag, 17. Juli 2012

Etwas zum Hören: Heribert Illig und die Phantomzeit

Der Radiosender Orange 94.0 hat im Rahmen der Sendereihe "Radio Dispositiv" drei Folgen mit dem berühmt-berüchtigten Chronologiekritiker Heribert Illig produziert (die Download-Links befinden sich weiter unten). Das ist jener Mann, wegen dem sich z.B. im Rezensionsbereich von Amazon Historiker - und solche die sich dafür halten - regelmäßig in Rage schreiben :)

Mit Illigs Phantomzeit-Theorie habe ich mich bisher zu wenig beschäftigt, um dazu etwas Sinnvolles sagen zu können. Trotzdem, nicht alles was er in dieser Interview-Reihe so erzählt, scheint wirklich Hand und Fuß zu haben. 
So behauptet er im 2. Teil beispielsweise, dass die römische Reiterei noch keine Steigbügel benutzt hat. Diese Feststellung ist durchaus nicht falsch. Allerdings leitet Illig daraus ab, dass man deshalb in leichter Rüstung und mit einem Kurzschwert gekämpft hätte, um nicht bei weitem Ausholen mit der Waffe Übergewicht zu bekommen und aus dem Sattel zu kippen, da ja der zusätzliche Halt der Steigbügel fehlte. Das jedoch ist unrichtig, da die römische Reiterei erstens mit der langen Spatha ausgerüstet war, nicht mit dem kurzen Gladius, und zweitens in der Spätantike sogar Kataphrakten zur römischen Armee gehörten. Dabei handelte es sich um schwer gepanzerte Reiter, welche sich trotz des Gewichts ihrer Rüstung - nach derzeitigem Stand der Forschung - ohne Steigbügel in den Sätteln halten konnten. Ein Umstand der kaum verwundert, da diese Kämpfer nicht mit unter dem Arm geklemmter, eingelegter Lanze Angriffen, wie etwa Ritter im Hoch- oder Spätmittelalter (die sich beim Anprall in ihre Steigbügel stemmten). Stattdessen verwendeten die Kataphrakten beispielsweise die beidhändig geführte Contus-Lanze, oder eine Wurflanze, die man ähnlich einem Speer über dem Kopf hielt um damit nach unten zu stoßen oder sie zu werfen. Letztere Kampfweise belegen auch noch einigen frühmittelalterlichen Darstellungen wie dem Utrechter Psalter.
Herr Illig könnte sich ja einmal eingehend mit seinem bayrischen Landsmann Marcus Junkelmann über dieses Thema unterhalten ;) 
Was man Illig jedoch sehr zugute halten muss ist seine Kritik an diverse Datierungsmethoden, deren Verlässlichkeit er anhand von konkreten Beispielen hinterfragt.

Die aktuelle dreiteilige Sendung zum Herunterladen:   Teil 1  -  Teil 2  -  Teil 3

Update: 
Es gibt zu diesem Podcast einen etwas älteren Vorgänger, der sich inhaltlich zu ca. 50 Prozent davon unterscheidet:   Teil 1  -  Teil 2  -  Teil 3

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