Mittwoch, 20. März 2013

Eine mir zu politische Germanenausstellung in Bremen

Etliche Blogleser - ok, es waren genau zwei ;) - haben mich auf die im Bremer Focke Museum stattfindende Sonderausstellung Graben für Germanien aufmerksam gemacht. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal für die Information bedanken.
Eine Veranstaltung wie diese zu bewerben, passt jedoch inhaltlich ehrlich gesagt nicht hierher. Ganz einfach deshalb, weil ich allzu politischen Themen hier keinen Platz einräumen möchte (ich bin mir der Ironie bewusst, dass ich es hiermit trotzdem tue). 
Die mediale Rezeption der Ausstellung ist jedenfalls Politik pur. Wohl nicht zufällig frohlockt man ausgerechnet bei der durch und durch politischen TAZ, dass es so etwas wie Germanen ja überhaupt nie gegeben habe (Klick mich). Besonders den vorletzten Absatz des Artikels sollten sich Reenactment- bzw. Living History-Darsteller zu Gemüte führen... 
(Außerdem empfehle ich die beiden Leserkommentare des Nutzers chauke)

Die verantwortlichen Bremer Wissenschaftler erklären, dass der "Germanen-Begriff" doch in erster Linie auf dem Mist der Römer gewachsen sei (Klick mich). Die verschiedenen Stämme Germaniens, hätten sich hingegen nie als gemeinsames Volk begriffen.
Solcherlei Aussagen sind nach meinem Dafürhalten bestenfalls Sophisterei. Die Germanen wurden schließlich nicht deshalb zu einem Volk, weil ihnen die Römer einen eher willkürlich gewählten Namen verpassten. Vielmehr sind es unzählige sprachliche, religiöse und kulturelle Gemeinsamkeiten, die das verbindende Element darstellten. Natürlich kann es punktuell bei Sitten und Gebräuchen Abweichungen gegeben haben; siehe die These vom Nordwestblock. Diese haben auf das Gesamtbild allerdings kaum Einfluss.
Weiters zu behaupten, die germanischen Stämme hätten überhaupt kein Gemeinschaftsgefühl gekannt, ist ziemlich vermessen, da dies nicht belegbar ist. Auseinandersetzungen zwischen den Stämmen sind jedenfalls kein Beweis für die Nichtexistenz eines Wir-Gefühls. Schließlich wird selbst in Familien immer wieder gestritten.
Dass ein Volk ohne klar definierten Staat gar kein Volk sei, ist ebenfalls eine äußerst fragwürdige Meinung. Im historischen Kontext belegen Kurden und Diaspora-Juden nämlich das Gegenteil (so rasch begibt man sich hier in die gefährliche Nähe politischer Diskussionen!).

Auch ist der große, hellhaarige Germane keine realitätsferne Erfindung des Tacitus, oder gar böser Menschen des 19. und 20. Jahrhunderts. Anthropologische Untersuchungen haben längst gezeigt, dass Römer und Griechen von den Germanen deutlich überragt wurden.
Wer außerdem sein Augenmerk den germanischen Moorleichen widmet, der wird feststellen, dass der Anteil an hellhaarigen Menschen, verglichen mit der heutigen Bevölkerung, hier überdurchschnittlich hoch ist. 
Zu diesem Thema habe ich bereits vor einiger Zeit einen Blogbeitrag verfasst: Klick mich

Im Wikinger-Museum Haithabu könnte man übrigens bezeichnenderweise beschlossen haben, nicht allzu sehr an dieser Germanen-Ausstellung in Bremen anzustreifen - zumindest wenn man einem weiteren, schäumenden Artikel der TAZ glaubt: Klick mich
Freilich, hierbei kann es es auch nur um eine Verschwörungstheorie des verantwortlichen Journalisten und seines Interviewpartners handeln.

7 Kommentare:

  1. Die Intention solcher Ausstellungen erscheint mir auch eher politischer Natur zu sein. Man bezieht gegenüber einer extremen Position eine extreme Gegenposition. Die Wahrheit ist ohne Zweifel in der Mitte zu finden.
    LG,
    Erwin

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    1. Die Ausstellungsmacher scheinen punkto Germanen tatsächlich einen Justamentstandpunkt einzunehmen.

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  2. hallo,
    was da in bremen getrieben wird ist ein wiederholter, krasser missbrauch der thematik, diesmal nur unter einem anderen politischen vorzeichen.
    es geht hier offensichtlich nicht einfach nur darum, dass man aufzeigen möchte wie sich die archäologie in einem autoritären system für schlimme dinge hat einspannen lassen.
    vielmehr soll hier die germanische ethnogenese, und dadurch indirekt auch die deutsche, einseitig in frage gestellt bzw. verneint werden.
    der begriff des "volks" wird dabei in einer dermaßen bornierten weise ausgelegt, dass einem die haare zu berge stehen.


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    1. es geht hier offensichtlich nicht einfach nur darum, dass man aufzeigen möchte wie sich die archäologie in einem autoritären system für schlimme dinge hat einspannen lassen.

      Dass es keines autoritären Systems bedarf, damit Wissenschaftler sich vor irgend einen Karren spannen lassen, erleben man eigentlich ständig.

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  3. Ich finde die Ausstellung an sich nicht schlecht. Vor allem zeigt sie unfreiwillig in zweifacher Hinsicht, wie bereit Wissenschaftler sind ihr Fähnchen nach dem jeweils herrschenden Zeitgeist auszurichten. In der NS-Zeit war es opportun, die Bedeutung der Germanen bis zum Exzess zu überhöhen. Heute kann man Anerkennung einheimsen, wenn man den kulturellen Brückenschlag zwischen Germanen und Deutschen möglichst kleinredet.

    Vielleicht werde ich mir die Sache trotz allem ansehen und ein paar unbequeme Fragen stellen :-)

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    1. Würde mich gegebenenfalls über einen kurzen Erlebnisbericht freuen!

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    2. Mache ich im Fall des Falles natürlich gerne ;-)

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