Montag, 29. Juli 2013

Warum die römischen Kaiser plötzlich Vollbärte trugen


Hadrian war der erste römische Kaiser der ständig einen Vollbart trug. Nahezu alle seine Nachfolger im 2. und 3. Jahrhundert taten es ihm gleich. Relativ zügig setzte sich diese Mode dann auch bei einem Großteil der männlichen Bevölkerung des Reichs durch.
Doch warum verabschiedete sich Hadrian eigentlich von der alten römischen Sitte der Vollrasur? In der Regel wird diese Frage mit seiner Vorliebe für das Griechentum und die Philosophie beantwortet (sowohl Philosophen wie auch die Bewohnern des hellenisierten Ostens, ließen sich gerne einen Vollbart wachsen). Bei Wikipedia steht diesbezüglich: 
"Er konnte sich damit Trajan gegenüber als eigene Persönlichkeit zur Geltung bringen und mit dem „Griechenbart“ oder „Bildungsbart“ zugleich Akzente in kultureller Hinsicht setzen"
Mir persönlich erscheint diese Begründung eine Spur zu einfach. Glücklicherweise gibt es auch eine anders lautende These, der zufolge die neue Bartmode in direktem Zusammenhang mit Veränderungen steht, die zu jener Zeit im römischen Heer stattfanden - Stichwort "Barbarisierung".
Zum einen traten den Truppen immer häufiger die Angehörigen von Bart tragenden (Barbaren-)Völkern bei, zum anderen ist beobachtbar, dass römische Soldaten gelegentlich nicht nur die Waffen ihrer Gegner kopierten, sondern durchaus auch deren Kleidung und Frisuren. Auf der Säule des Marcus Aurelius ist beispielsweise festzustellen, dass die Aufmachung der dargestellten Germanen (Markomannen), der römischen Militärkleidung der nachfolgenden Jahrzehnte erstaunlich ähnelt; gerade so, als ob hier etwas vorweggenommen wurde.
Es ist demnach absolut denkbar, dass der bei barbarischen Völkerschaften übliche Vollbart auf die römische Armee abfärbte; betroffen dürften hiervon vor allem die niederen Ränge gewesen sein. In weiterer Folge könnte Hadrian versucht haben, sich optisch "seinen Jungs" anzugleichen, um so den comilitio (Kriegskameraden) herauszukehren. Dies war ein Bestreben, dass die meisten römischen Kaiser in der einen oder anderen Weise mit ihm teilten, da ihre Macht in erster Linie auf dem Militär beruhte. Sich dessen Wohlwollen auf mannigfaltige Art und Weise zu sichern, gehört quasi zum Pflichtprogramm. Caracalla benutzte sogar eine blonde Perücke, um bei seiner germanischen Leibwache Eindruck zu schinden.
Im Laufe der Zeit wurden die Bärte der Römer bzw. römischen Kaiser immer länger und zotteliger - siehe Marcus Aurelius, Lucius Verus, Commodus oder Septimius Severus. Unter den Soldatenkaisern des 3. Jh. war dann wieder eine kürzer gestutzte (soldatischere?) Gesichtsbehaarung üblich (z.B.: Gordian I.).
Konstantin der Große verhalf schlussendlich dem glattrasierte Gesicht noch einmal zu einer teilweisen Wiederauferstehung.

Abschließend möchte ich anmerken, dass man über dieses Thema noch weitaus mehr hätte schreiben könnte. So lag es durchaus im Interesse der Severer, sich optisch an ihre Vorgänger, die Antoninen, anzugleichen. Allerdings wollte ich hier nicht zu weit ausholen und habe mich deshalb in erster Linie auf Hadrian und seine möglichen Beweggründe beschränkt.

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Quellen / weiterführende Literatur: 
  • Yan Le Bohec: Die römische Armee; Franz Steiner Verlag, 1993 
  • Simon James: Rom und das Schwert; Wissenschaftliche Buchgesellschaft /Verlag Philipp von Zabern, 2013 
  • Nancy H. Ramage, Andrew Ramage: Römische Kunst - Von Romulus zu Konstantin; Könemann Verlagsgesellschaft, 1999

2 Kommentare:

  1. Es hört sich für mich nicht unlogisch an, dass sich die römischen Kaiser der Armee auch über die Barttracht anbiederten. Sie wurden ja überwiegend in militärischer Aufmachung porträtiert - da wäre es eventuell unpassend gewesen, wenn sie ein von den Soldaten als zivil empfundenes, glatt rasiertes Gesicht gehabt hätten.

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    1. Der römische Kaiser als Gesamtkunstwerk, sozusagen.

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