Vor einiger Zeit habe ich auf zwei Videoreihen des Wissenschaftsportals L.I.S.A. hingewiesen, in denen es um Ausgrabungen im griechischen Kalapodi bzw. dem uralten Orakelheiligtum von Abai ging: 1. Staffel, 2. Staffel
Zwischenzeitlich wurde mit der Veröffentlichung eine weiteren, etwas kürzeren Reihe begonnen, in der die interessanten Ergebnisse der Grabungen erörtert werden: Klick mich
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Welchen Zweck die beiden Flügel einer Flügellanze tatsächlich erfüllen, ist alles andere als völlig klar. Für gewöhnlich wird angenomment, dass sie ein zu tiefes Eindringen der Lanze in den Gegner verhindern sollen, da anderenfalls das rasche Herausziehen im hektischen Kampfgetümmel Schwierigkeiten bereiten könnte.
Zwischenzeitlich wurde mit der Veröffentlichung eine weiteren, etwas kürzeren Reihe begonnen, in der die interessanten Ergebnisse der Grabungen erörtert werden: Klick mich
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Welchen Zweck die beiden Flügel einer Flügellanze tatsächlich erfüllen, ist alles andere als völlig klar. Für gewöhnlich wird angenomment, dass sie ein zu tiefes Eindringen der Lanze in den Gegner verhindern sollen, da anderenfalls das rasche Herausziehen im hektischen Kampfgetümmel Schwierigkeiten bereiten könnte.
Das Problem an dieser These ist, dass die Flügel dafür deutlich zu weit hinten angesetzt sind. Soll heißen, die oft sehr lange Klinge steckt, bevor sie vor einem weiteren Eindringen gestoppt wird, bereits sehr tief im Gegner. In nachfolgendem Video eines Archäologen und Fachmanns für Blankwaffen geht man auf diese Problematik ausführlich ein (ich kann den betreffenden Youtube-Kanal übrigens nur empfehlen).
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Mit den Erörterungen kann ich nicht wirklich konform gehen.
AntwortenLöschenÜberlegt man wann die ersten Flügellanzen auftauchen und zu welchem Zeitpunkt die höchste Verbreitung erreicht war, muss man sich zeitgleich mit der Schutzausrüstung beschäftigen um den Einsatz zu verstehen.
Betrachtet man die Flügel, so kann man viele Varianten von 2 cm bis zu 7cm Ausladung finden. Sie haben nie Hakenform, sondern sind überwiegend mit einer vorn flachen Seite und hinten abgerundet ausgeführt
Im FMA zur Merowingerzeit wurde in erster Linie in kleinen Gruppen und mit einer geringen Schutzausrüstung, lediglich Schild, gekämpft. Nur in ganz wenigen Gräbern sind Kettenhemd oder Helm nachgewiesen.
Die Lanzenfunde (Ausnahme die Saufeder) tragen in dieser Zeit keine Flügel.
Zu Beginn der Karolingerzeit tauchen vermehrt Körperrüstungen im Einsatz auf die ab der Ottonenzeit Standard werden.
Auch Helme werden vermehrt angesprochen.
Jetzt kommen erste Lanzenfunde mit Flügeln auf.
Betrachtet man die Kampfweise mit der Lanze so zielen die Stiche überwiegend auf ungeschützte Körperpartien wie Kopf oder Beine. Verfehle ich das Ziel mit dem Stich, besteht immerhin noch die Möglichkeit mit der Schneide der Lanze am Gesicht entlang zu rutschen und dadurch die verheerende Wirkung trotzdem auszunutzen.
Mit einem Helm auf des Gegners Kopf wird die Sache schon schwieriger, das Ziel wird kleiner.
Hat der Gegner dann auch noch eine Helmbrünne, so wird auch mein Schnitt wirkungslos, wenn ich den Stich nicht gezielt ins Gesicht absetzen kann.
Und für diesen Fall kommen die Flügel zu tragen. Rutscht die Lanze an der Helmbrünne entlang, so verfangen sich die Flügel unweigerlich im Kettengeflecht (bei längeren Flügeln eher sogar im Auge) und der Kopf bekommt eine unsanfte Rotationsbewegung aufgezwungen. Das gibt einen ganz schönen Ruck in der Halswirbelsäule.
Man kann sich die „irritierende“ Wirkung im Kampf vorstellen.
Vorteil der geraden Flügel: Mit einer kleinen Drehbewegung meiner Stoßhand bekomme ich die Flügel immer wieder schnell frei. Sie bleiben nicht unabsichtlich irgendwo hängen.
So macht die bildliche Darstellung der Kampfweise (über Kopf geführte Lanzen) auch Sinn, da ich mit der Lanze so am leichtesten hinter den Schild des Gegners Richtung Kopf stoßen kann.
Selbst wenn die großen Reiterlanzen ihr Stoßziel verfehlen entfalten die Flügel immer noch die volle Energie, wenn sie an der Kette hängen bleiben.
Ich trage auf meiner Fechtmaske eine Kettenbrünne und konnte mich schon selbst von dieser hervorragenden Funktionsweise der Flügellanzen überzeugen.
Ein sekundärer Effekt der stumpfen Flügel: Sie bleiben auch bei Schildkontakt im Gegensatz zu einer Lanzenspitze nicht stecken und die Waffe ist immer schnell wieder einsatzbereit.
Die nicht vorhandene Hakenform hat mich hier auch stutzig gemacht. Der Herr im Video bezieht aber glaube ich unter dem Oberbegriff der Flügellanze auch die Partisane mit ein, bei der es Varianten mit hackenförmigen bzw. nach hinten gekrümmten Flügeln gibt.
LöschenNur in ganz wenigen Gräbern sind Kettenhemd oder Helm nachgewiesen.
Ich bin mittlerweile ehrlich gesagt etwas skeptisch, was die diesbezügliche Aussagekraft von Grabausstattungen betrifft. Ketten- oder Lamellenpanzer kommen selbst in den meisten Adelsgräbern nicht vor - siehe etwa das Childerichgrab. Gerade die Oberschicht konnte sich diese Schutzausrüstung aber bestimmt leisten; es finden sich ja auch einige entsprechende Abbildungen von Herrschern und Kriegern (Silberschale von Isola Rizza, Helmplatte von Valdinievole) und Gregor von Tours erwähnt mehrfach solche Rüstungen ("arma", "lorica", "throax"). So extrem selten waren sie demnach möglicherweise gar nicht. Es liegt hier meiner Ansicht nach der Verdacht nahe, dass sie vielmehr in den meisten Fällen bis zum Totalverschleiß weitervererbt und benutzt wurden, wie das beispielsweise auch bei merowingischen Spangenhelmen nachgewiesen werden konnte, die über mehrere Generationen in Gebrauch waren.
Was die von dir beschriebene Kampfweise betrifft; das hört sich gut an!
Fehlende Rüstungen in Gräbern belegen eigentlich nur eines: Nämlich, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit keine hineingelegt wurden.
LöschenDas Warum ist eine andere Frage.
Grüßle,
Maria
Ich kam bisher leider nicht dazu die Lanze im Vollkontakt zu testen, wohl aber im Zweikampf und konnte dabei folgende Vorteile der Flügel erkennen:
AntwortenLöschen1) Ich kann hiebe damit parieren und Waffen abfangen welche ich wenn es gut läuft entlang gleiten konnte bis der Gegner "angestochen" war. Alleindas macht bei einem nicht mit Platten ausgestattetem Gegner einiges aus.
2) Dadurch dass Hiebe nach der Waffe von den Flügeln abgefangen werden, erhöht sich die Haltbarkeit des Schaftes erheblich. Ist auch besser so denn eine zweite Waffe im Gemenge ziehen dauert unter Umständen zu lange
3) Wenn ich einen berittenen Gegner vom Pferd ziehen möchte, bin ich froh wenn der dabei auf Distanz bleibt.
4) Ich kann die Waffe des Gegners leicht einklemmen und mit genug Wucht vermutlich auch verformen oder brechen.
5) Durch die gerade Oberfläche kann ich mich bei Bedarf auch zurück ziehen ohne hängen zu bleiben
6) Ich habe es noch nicht versucht, kann mir aber vorstellen damit wuchtige Hiebe ausgeführt werden können.
Neige übrigens dazu das Speer in der Achselhöhle einzuklemmen, wo ich es einhändig stabil und wuchtig führen kann.
Liebe Grüße,
Ragnar