Mittwoch, 12. November 2014

Buch: Die Verschwörung des Catilina

Lucius Sergius Catilina - Senator, ehemaliger Prätor und Angehöriger einer alten Patrizierfamilie - versuchte in jenem Jahr, als Marcus Tullius Cicero und Gaius Antonius Hybrida Konsuln waren (63. v. Chr.), durch einen Staatsstreich die Macht in der Römischen Republik an sich zu reißen. Doch jemand verriet das Vorhaben, sodass es in einem Desaster endete. Einige der Verschwörer wurden im Mamertinischen Kerker hingerichtet, andere, darunter Catilina selbst, starben mit ihren Anhängern im Jahr darauf in der Schlacht von Pistoria. 
(Besagte Hinrichtungen, welche nicht zuletzt auf Betreiben Ciceros hastig vollstreckt wurden, sollten diesem einige Jahre später noch großen politischen Ärger bereiten.)

Überliefert wurden uns die damaligen Ereignisse vor allem in zwei Quellen: Ciceros Reden gegen Catilina und Sallusts Verschwörung des CatilinaUm letzteres Werk - bzw. die bei Reclam erschienene Übersetzung - soll es hier nun gehen. 
Gleich vorweg, richtig "happy" bin ich mit der Arbeit des Übersetzers - Karl Büchner - nicht. Einerseits wegen der zum Teil angestaubten Wortwahl, andererseits aufgrund diverser verschachtelter Endlossätze; siehe folgendes Beispiel:

Nachdem das die Männer vernommen hatten, die alles Übel im Überfluss besaßen, aber nichts Gutes noch eine gute Aussicht, forderten, wenn es ihnen auch schon ein großer Gewinn schien, den Ruhezustand in Bewegung zu bringen, doch die meisten, er solle darlegen, wie die Bedingungen des Krieges seien, was sie für Lohn mit ihren Waffen errängen, was sie überall an Hilfe oder Hoffnung besäßen.

Herr Büchner mag sich 1972, als seine Übersetzung zum ersten Mal gedruckt wurde, für die Konstruktion solcher Ungetüme selbst auf die Schulter geklopft haben; im Jahr 2014 handelt es sich jedoch um eine Zumutung, die dringend einer Überarbeitung bedarf. Wie es besser geht, hat beispielsweise Marieluise Deissmann mit Caesars Der Gallische Krieg gezeigt. Auch Marion Giebels Übersetzung der Historia Romana von Velleius Paterculus ist großartig, da sie sich nicht sklavisch an der Wort- und Satzstellung des lateinischen Originals orientiert. Freilich, für einen Schüler/Studenten, der sich mithilfe eines solchen Textes Lateinkenntnisse aneignen soll, mag dieser eher lockere Herangehensweise fallweise nachteilig sein. All jene jedoch, die vor allem am historischen Inhalt interessiert sind, profitieren eindeutig von der besseren Leserlichkeit einer zeitgemäßen Übersetzung.

Fazit: Sallusts De coniuratione Catilinae ist unzweifelhaft eine der bedeutendsten Schriftzeugnisse der späten Römischen Republik und würde vier bis fünf Punkte verdienen. Die vorliegende Reclam-Ausgabe entspricht allerdings aus den dargelegten Gründen nicht meinen Erwartungen, so dass ich hier bestenfalls 3 von 5 möglichen Punkten vergeben kann. |  

Übrigens, Herrn Büchners Übersetzung von Sallusts Der Krieg mit Jugurtha ist ähnlich grässlich, daher erspare ich mir eine entsprechende Rezension lieber. Außerdem ist natürlich völlig klar, dass Reclam viel zu geizig sein wird, all diese veralteten Übersetzungen in absehbarer Zukunft zu überarbeiten. Mehr als ein neues Cover ist offensichtlich nicht drinnen.

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8 Kommentare:

  1. Wie sieht es denn, abgesehen von der Übersetzung, mit Anmerkungen und Nachwort aus? Taugen die was?

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    1. Das Nachwort ist eher dürftig. Die rund 60 Anmerkungen sind allerdings meist sehr ausführlich.

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  2. Das kann ich nur unterschreiben, das Geschäft mit alten Übersetzungen erinnert schwer an die Kuh, die möglichst lange gemolken werden soll ;-)

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    1. Genau.
      Deshalb achte ich beim Kauf jener Reclam-Bücher, die ich nicht zwingend benötige, mittlerweile auch sehr auf den Übersetzer.

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  3. Jede Übersetzung ist eine Interpretation, und der/die Übersetzende muß entscheiden, welche Informationen verlorengehen, welche er/sie versucht zu bewahren und welche er/sie ggf. bewußt über Bord wirft.
    Die zweisprachigen Reclam-Ausgaben haben als Zielgruppe solche Leser, die den Originaltext zumindest teilweise verstehen und die Übersetzung eher als Alternative zum Wörterbuch ansehen. Es gibt sicher in anderen Verlagen Neuübersetzungen, die für Nicht-Lateiner leichter lesbar sind.

    Beim Übersetzen aus dem Lateinischen gibt es mehrere Schwierigkeiten:
    - Lateinische Wörter haben oft eine weiter gefaßte Bedeutung als deutsche, so daß der/die Übersetzende sich eine Teilbedeutung auswählen muß und in der Übersetzung somit eine Bedeutungsverengung stattfindet.
    - Im Lateinischen gibt es grammatikalische Formen (z.B. Gerundivum, Supina) und Konstruktionen (z.B. Partizipialkonstruktionen, AcI, Ablativus absolutus), die es ermöglichen, komplexe Sachverhalte sehr komprimiert zu beschreiben. Im Deutschen müssen dann große Mengen von Nebensätzen verwendet werden, oder es muß ein lateinischer Satz in mehrere deutsche Sätze zerteilt werden.
    - Die römische Gesellschaft war anders strukturiert als unsere; auch manche Ideen und Wertvorstellungen waren anders gelagert und haben nicht unbedingt Entsprechungen im Deutschen.
    Wer Latein kann, findet daher oft den lateinischen Text verständlicher als die deutsche Übersetzung.

    - Exilwikingerin -

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  4. Wer Latein kann, findet daher oft den lateinischen Text verständlicher als die deutsche Übersetzung.

    Die deutsche Übersetzung versucht hier leider krampfhaft altertümlicher daher zu kommen, als es das lateinische Original ist (so viel Latein kann ich auch, um das zu bemerken). Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass Büchner 1910 geboren wurde und aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen noch ständig dieses pompöse und pseudo-historisierende Deutsch des 19. Jahrhunderts in den Ohren hatte. So etwas färbt leicht auf den eigenen Schreibstil ab.

    Eine moderne Übersetzung - die auch bei der Wiedergabe des Inhalts nicht allzu viel Federn lässt - ist durchaus machbar, wie andere Philologen beweisen. Bereits die Generation nach Büchner kommt meiner Erfahrung nach deutlich moderner und leserlicher daher. Die alten Übersetzungen - und es gibt durchaus noch schlimmere als die hier besprochene - klingen für heutige Leser zum Teil wie "Mittelaltermarkt-Deutsch". So etwas jemandem zum Lesen/Studium an die Hand zu geben, muss meiner Ansicht nach wirklich nicht sein.

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  5. Hi Hilti
    kannst du außer den beiden Damen noch andere Altphilologen empfehlen, die für Reclam übersetzen?
    (Reclam deshalb, weil leistbar)
    Noch eine andere Frage: Kennst du die SPQR-Bücher von John Maddox-Roberts?
    Der hat dort die Catilina-Verschwörung sehr gelungen und unterhaltsam verarbeitet.
    Grüße,Florian

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    1. Da hätte ich z.B. Ursula Blank-Sangmeister (von der stammen auch diverse Latein-Lehrbücher) und Hartmut Froesch im Angebot.
      Grundsätzlich kann man vielleicht sagen, jene Philologen, die ihre Unilaufbahn frühestens Mitte der 1950er begonnen haben, pflegen bzw. pflegten bei ihren Übersetzungen beinahe immer einen relativ gut verdaulichen Stil, dem die vorangegangene Schwülstigkeit abgeht.

      Von Decius Caecilius Metellus besitze ich alle Hörbücher, auch die Catilina-Verschwörung. Wirklich tolle Bücher bzw. Vertonung! Schade nur, dass der letzte Roman der Reihe schon Jahre überfällig ist.

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