Montag, 11. Dezember 2017

Hörbares: Wie (unsinnig) twittern Archäologen? -- Atlantis in der Nordsee? -- Johann Joachim Winckelmann -- usw.




Radio-Interview: Kommunikation in der Wissenschaft - Wie (unsinnig) twittern Archäologen? | Spieldauer 9 Minuten | SWR | Stream & Info | Direkter Download
In den Geisteswissenschaften würden angeblich viele befürchten, dass die "neuen Medien" wie Blogs und Twitter negativen Einfluss auf die Seriosität der vermittelten Informationen haben. Nicht für jeden Wissenschaftler liege beim Veröffentlichen die Würze in der Kürze, heißt es.
Ich sehe das anders: Es würde speziell den Geisteswissenschaften nicht schaden, wenn man dort lernen würde, sich grundsätzlich kürzer zu fassen. Das muss ja nicht gleich eine Beschränkung auf 140 Zeichen wie bei Twitter sein.
Freilich, hohles Wortgedrechsel ist seit jeher ein integraler Bestandteil geisteswissenschaftlicher Kommunikation. Schließlich dient es der persönlichen Selbsterhöhung. Ohne diesen Obskurantismus liefe man hingegen Gefahr, dass Außenstehende allzu leicht erkennen, wie bescheiden der wissenschaftliche Output mitunter ist. Und dann hieße es möglicherweise eines Tages: Aber der Kaiser (Herr Professor) hat ja gar nichts an!
Der twitternde Interviewpartner, der auf den schönen Namen Hauke Ziemssen hört, meint, Geisteswissenschaftler könnten die Gesellschaft mit ihren Forschungsergebnissen bereichern und dazu beitragen, auch bei aktuellen Problemen eine differenzierte Betrachtungsweise zu ermöglichen. In der schönen Theorie ist das natürlich zutreffend, nur in der Praxis gilt häufig: Wes Brot ich ess, dessen Lied ich sing. Auch sind Wissenschaftler, trotz entsprechend einstudierter Pose, keineswegs unvoreingenommen; besonders nicht Geisteswissenschaftler, die mehrheitlich noch jedem Zeitgeist hinterhergelaufen sind - wie die Geschichte des 20. Jahrhunderts veranschaulicht. Je relevanter ein Thema für die Gesellschaft ist, umso mehr trifft dies auch heute noch zu. Der interviewte Archäologe belegt hier sein entsprechendes 'Bias' sogleich recht anschaulich mit einem von ihm sicher nicht zufällig bemühten Beispiel (Stichwort 'virtue signalling'), das auf die Relativierung politisch mittlerweile nicht mehr opportuner Fakten abzielt, obwohl sich diese doch als nahezu allgegenwärtige Brandhorizonte in den archäologischen Schichten der spätantiken Völkerwanderungszeit manifestieren ...
Übrigens: Zu den mitunter eher unseriösen Machenschaften in der archäologischen Forschung wird am kommenden Mittwoch im Rahmen des Blogs ein interessantes Interview veröffentlicht, das ich kürzlich mit dem deutschen Geoarchäologen und Buchautor Eberhard Zangger geführt habe. Äußerst negative Erfahrungen mit Berufskollegen hatten ihn sogar dazu veranlasst, vorübergehend seine Forschungsaktivitäten einzustellen.

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5 Kommentare:

  1. Netter rhetorischer Trick, von dem Herren Archäologen. Mittels einer Wischiwaschi-Binsenweisheit wird pauschal invalidiert.

    Gero

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  2. Als jemand mit geisteswissenschaftlicher Ausbildung (Historiker), der mittlerweile aber im Verlagswesen beruflich tätig ist, muss ich die Kritik teilen. Geisteswissenschaft ist heute in vielen Bereichen nur noch substanzarme Meinungswissenschaft. Sehr bedauerlich, aber bei der Bildungspolitik, die in den letzten Jahrzehnten betrieben wurde, auch keine Überraschung.
    W. M. Flickenschildt

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  3. Ich kann der Kritik an den Geisteswissenschaften zum Teil zustimmen und bin sehr gespannt auf das Interview mit Herrn Zangger. Ich bin von Hause aus katholischer Theologe und hatte das Vergnügen, während meines Studiums immer wieder an interdisziplinären Veranstaltungen mit
    den verschiedensten geisteswissenschaftlichen Fachrichtungen teilzunehmen.
    Von allen Veranstaltungen waren die Sprachkurse (Latinum, Graecum, Hebraicum) das mit Abstand anstrengendste, weil man da nun mal wirklich büffeln musste. Entweder du weißt, was ein Nif'al ist, oder eben nicht. Da gibt es nichts dran rumzureden.
    Ich kann beim besten Willen nicht behaupten, aus mir sei ein guter Altphilologe geworden. Aber es war eine gute Schule, um zu lernen dass Sprache nichts x-beliebiges ist, an dem man nach Belieben herumsloterdejken kann.

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  4. Das scheint ja geradezu ein Winckelmann-Festival zu sein, dass da von den Öffentlich-rechtlichen Medien gefeiert wird :-)

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    1. Ein klarer Fortschritt zu den nervtötenden Lutherbeweihräucherungen der letzten Monate !
      BB

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