Samstag, 15. September 2018

📖 Buch: Endstation Brexit

Eine wechselvolle Beziehungskiste

Anhand verschiedener chronologisch geordneter Einzelbeispiele wird in "Endstation Brexit" ein kurzweiliger Einblick in die turbulente 'Beziehungsgeschichte' zwischen Briten und Festland-Europäern geboten. Der Autor Ralf Grabuschnig verdeutlicht dabei recht anschaulich, dass Scheidungen sowie (Zwangs-)Ehen zwischen der Insel und dem Kontinent eine lange Tradition besitzen; was wiederum - so sein Fazit - den aktuellen 'Brexit' im gesamthistorischen Zusammenhang ziemlich relativiert.

Alles beginnt - zumindest im vorliegenden Buch - mit den Römern, die schon unter Caesar (halbherzig) versuchten, in Britannien Fuß zu fassen, aber erst rund 100 Jahre später damit Erfolg hatten. Auch die Landnahme durch Angelsachsen und Co. im Zuge des späteren Zusammenbruch Roms ist Thema; ebenso wie die legendären Raubzüge skandinavischer Wikinger, die Eroberung Englands durch ein normannisch-französisches Heer unter dem Kommando von Wilhelm dem Eroberer, die dilettantische Außenpolitik des berüchtigten Johann Ohneland (der aufgrund der Robin-Hood-Legende vielen Menschen als "Prince John" ein Begriff sein dürfte) usw. usf.
Alles in allem handelt es sich hier um einen abwechslungsreichen Themen-Mix, der quer durch die englisch-europäische Geschichte führt.

Der Schreibstil des Autors ist locker - sehr locker sogar. Das wird nicht jedem gefallen, mir aber schon. Freilich, dem Buch-Konzept und der einen oder anderen Pointe zuliebe wurden historische Sachverhalte gerafft dargestellt; dies funktioniert nicht immer, aber meistens. Auf jeden Fall dürfte Ralf Grabuschnig hier auch Menschen für sich gewinnen können, die ein Geschichtsbuch normalerweise weniger anziehend finden.
EU-kritischen Lesern wie mir nötigt er hingegen ein gewisses Maß an Toleranz ab, ohne dabei Unmögliches zu verlangen. Will heißen, mit unseren Beurteilungen der EU liegen Autor und ich wahrscheinlich weiter auseinander, als der Ärmelkanal breit ist. Als Befürworter der direkten Demokratie habe ich mit einem zusätzlichen, auf übernationaler Ebene eingeschobenen Bürokratie-Apparat naturgemäß wenig Freude; meiner Ansicht nach ist bereits die nationalstaatliche Repräsentative 'Demokratie' ein eher heuchlerisches Placebo.
Müsste ich das Buch hauptsächlich auf Grundlage solcher Auffassungsunterschiede bewerten, dann fiele mein Urteil wenig gnädig aus. Doch da sich die entsprechenden Einlassungen von Ralf Grabuschnig hauptsächlich in der Einleitung konzentrieren, möchte ich diese nicht zu stark gewichten; das gilt auch für Spitzen gegen Brexit-Befürworter, die im weiteren Verlauf gelegentlich auftauchen (außerdem bin ich der Letzte, der sich über ein bisschen Polemik beschweren darf 😉).

Unterm Strich ist "Endstation Brexit" informativer, lockerer Lesestoff. Der Kaufpreis beträgt moderate 19 Euro.

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Weiterführende Informationen:

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4 Kommentare:

  1. Die Börse in London (LSE Chart) hat in den letzten drei Jahren um enorme 60 Prozent zugelegt. Ausgerechnet seit dem Brexit geht der Kurs besonders steil nach oben.

    Man sieht, die Briten gehen wirtschaftlich offenbar ganz finsteren Zeiten entgegen!
    ;-)

    C3PO

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  2. Habe mal wo gelesen (weiß nicht, ob es stimmt), dass John so ein schlechter König war, dass deshalb der Name John zukünftig für englische Könige schwer verpönt war!

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    1. John war wirklich ein ganz lausiger König, der innerhalb kürzester Zeit den meisten Festlandbesitz seiner Familie verspielt hat. Kein Wunder, dass kein König mehr wie er heißen sollte.

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  3. Da grinst der Nigel! :-)

    LG,
    Erwin

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