Einige Leser werden sich bestimmt noch an mein Interview mit dem Geoarchäologen Eberhard Zangger erinnern - Stichwort "Intrigenstadtl Troja-Forschung". Zangger forscht seit vielen Jahren zur spätbronzezeitlichen Geschichte des östlichen Mittelmeerraums, mit Schwerpunkten auf dem etwas mysteriösen Volk der Luwier sowie den legendären Hethitern, die der Forschung ebenfalls noch manch Rätsel aufgeben. Dazu zählt beispielsweise Yazılıkaya in der Türkei. Diesem weiträumigen Felsenheiligtum widmete sich Eberhard Zangger gemeinsam mit der Astronomin Rita Gautschy seit einiger Zeit und stellte kürzlich die daraus hervorgegangenen Forschungsergebnisse vor. Darin offenbart sich ein durchaus erstaunliches Verständnis der Hethiter für astronomische Vorgänge. So soll es für sie beispielsweise von großer Bedeutung gewesen sein, Mondfinsternisse vorherzusagen, da sie glaubten, diese könnten sich negativ auf ihren Herrscher auswirken.
Das erste der beiden folgenden Videos gibt hinsichtlich der Anlage von Yazılıkaya - die als Lunisolarkalender interpretiert wird - einen schönen visuellen Überblick und führt in das Thema ein. Das zweite Video ist ein vertiefender Vortrag, in dem Eberhard Zangger gleich eingangs erklärt, dass er für seine Forschungsergebnisse Zustimmung von Astronophysikern bzw. renommierten astronomischen Fachzeitschriften erhält, aber weniger von Archäologen. Was, wie ich finde, die Sache umso spannender macht; wobei noch erwähnt sei, dass der offiziösen Archäologie des bronzezeitlichen Mittelmeerraums ja eine gewisse Borniertheit nachgesagt wird.
➽ Hittite Yazilikaya - A Lunisolar Calendar | Spieldauer 3 Minuten | Youtube/Luwian Studies | Stream & Info
➽ Vortrag von Eberhard Zangger: The Sun, the Moon, and the Stars as seen by Hittites and Luwians | Spieldauer 60 Minuten | Youtube/Luwian Studies | Stream & Info
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Dass sich Wissenschaftler "affektiv" gegen andere Wissenschaftler sperren, wenn die in ihrem Fachgebiet wildern, ist leider nicht neu.
AntwortenLöschenQX
Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich bei den Ausführungen zu 100 Prozent mitkomme, aber sehr interessant ist das schon und man stellt sich die Frage, wie viele solcher alten Anlagen es noch gibt, deren Funktionen die Forscher lange Zeit fehlgedeutet oder übersehen haben? Als Archäologe fehlt einem schließlich das tiefergehende astronomische Wissen. Mehr interdisziplinäre Forschung kann deshalb nicht schaden.
AntwortenLöschenSolche Kultorte und astronomischen Beobachtungsplätze im Nahen Osten waren oft schon lange vor ihrer Verschönerung und ihrem Ausbau in der Bronze- und Eisenzeit in Verwendung. Viele reichen bis in die Jung- oder sogar Mittelsteinzeit zurück.
AntwortenLöschenDeshalb ist es gut möglich, dass auch im geschilderten Fall die Hethiter auf bereits Vorhandenem aufbauten.