➽ Die Bronzezeit: Über Mobile Frauen und soziale Ungleichheit | Spieldauer 12 Minuten | BR/ARD | Stream & Info
Frauen werden in dieser Sendung des BR von einem gewissen Philipp W. Stockhammer betont als "Technologiebringerinnen" abgefeiert. Garniert wird die Nummer mit abfällig-halblustigen Bemerkungen über die eigene bayerische Kultur. Der Herr Archäologe weiß offenbar wie man dieser Tage in den von ihm als maßgeblich empfundenen Kreisen soziale Pluspunkte sammeln kann. Davon abgesehen hört er sich nicht nur wie der Comedian Bully Herbig an, sondern er hält sich offenbar auch für eine vergleichbare Spaßkanone. Um die Sorgfältigkeit seiner wissenschaftlichen Argumentation scheint es freilich nicht übermäßig gut bestellt zu sein. Beispielsweise ordnet er bronzezeitlichen Frauen, die, wie er selbst einräumt, wohl nicht freiwillig unzählige Kilometer von A nach B gelatscht sind, ernsthaft das Adjektiv "mobil" zu. Das ist ungefähr so, wie wenn man Galeerensklaven als mobil bezeichnen würde; im Prinzip ist es nicht komplett falsch, aber trotzdem semantisch irreführender Schmarrn, da das Element der Freiwilligkeit fehlt. Darüber hinaus lässt Stockhammer bei der Erörterung seiner eher steilen These unerwähnt, dass bedeutende Technologien, wie etwa im Bereich der Metallurgie, historisch betrachtet fast ausschließlich Männer entwickelt haben (hier könnte man zurecht einwerfen, dass dieser Umstand bis zu einem gewissen Grad patriarchalen Strukturen geschuldet war). Das bloße Mitbringen bzw. Vermitteln von Technologie durch Frauen nimmt sich im Vergleich dazu eher bescheiden aus. Oder ist die Leistung des Lieferdienstes neuerdings höher zu bewerten als die des Ingenieurs? Wohl kaum. Davon abgesehen: Eine Korrelation ist noch lange keine Kausalität: Nur weil fremde Frauen und neue Technologien in einer bestimmten Weltgegend ungefähr zeitgleich auftauchen, bedeutet das keinesfalls zwingend, dass diese Frauen bei der Einführung der neuen Technologien eine aktive Rolle spielten. Sie müssen sie nicht selbst mitgebracht oder gar ihrem neuen sozialen Umfeld zwecks Nachahmung erläutert haben. Dergleichen könnte man nur dann mit einer gewissen Berechtigung mutmaßen, wenn diesbezüglich klare archäologische Befunde vorliegen würden. Das ist hier offenbar nicht der Fall. Was bleibt also? Nun, im Englischen würde man wohl von "wishful thinking" sprechen. Oder anders formuliert: Es ist genau die Art zeitgeistiges, auf Applaus aus der Feminismus-Ecke abzielendes Gequassel, mit dem sich bereits eine bayerische Archäologin vor ein paar Jahren blamiert hat. Die gute Frau, welche ebenfalls auf vermeintlich empirische 'Beweise' pochte, hatte trotz gut begründeter Zweifel von Fachkollegen voreilig ein weibliches Kriegertum für die Merowingerzeit postulierte. Später musste sie vollständig zurückrudern, nachdem ihre Geschichte klar widerlegt worden war. Aber so ist das eben mit Meinungswissenschaften: Sie sind zwar oft sehr interessant und unterhaltsam, doch gleichzeitig auch anfällig für weltanschaulich intendierten Missbrauch.
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Ich finde es auch spannend, wie dieser Stockhammer die Tatsache, dass Frauen früher oft Opfer von Verschleppung und Versklavung waren, als lächerliche Vorstellung abtut. Bei genauerer Betrachtung ist mit seinem Feminismus also nicht übermäßig viel los.
AntwortenLöschenEr tut es ab, weil es nicht in sein Konzept passt. Solche Leute können sehr flexibel sein, wenn es um das Berücksichtigen von Evidenzen geht.
LöschenGrüße,
Flo
er hört sich tatsächlich wie Bully an :0). grüße aus der schweiz, chris
AntwortenLöschenNaja, eben ein Geisteswissenschaftler. Die haben es mit dem Ursache-Wirkungsprinzip noch nie so genau genommen ;-) Außerdem kommt dieses spezielle Exemplar von der LMU. Dort kumuliert schon seit Jahrzehnten die wissenschaftliche Mittelmäßigkeit. Von dort stammt auch ein Harald Lesch, mit dem Stockhammer zumindest die Frisur und den eigenartigen Humor teilt.
AntwortenLöschenGrüße aus Bad Füssing
Flo
Diese Theorie ist schon sehr spekulativ. Kann man trotzdem machen, aber dann braucht man sich auch nicht über Kritik und Ideologieverdacht wundern.
AntwortenLöschenDas war ein TED Talk für Arme. In 12 Minuten ist so ein vielschichtiges Thema nicht ausreichend vermittelbar. Irreführende Verkürzungen sind dabei vorprogrammiert. Als seriöser Wissenschaftler würde ich mich auf so etwas gar nicht erst einlassen.
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