Sonntag, 6. Dezember 2020

✂️ Living History: Die Mittelalter-Kleidung aus der Versenkung holen und ansprechend präsentieren

"Denn die einen sind im Dunkeln und die anderen sind im Licht. Und man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.“ (aus "Die Dreigroschenoper", von Bertold Brecht)

Wer kennt es nicht: Da hat man sich um einiges Geld und mit viel Liebe zum Detail eine Ausstattung aus historischen Kleidungsreplikaten fürs Living-History-Hobby zusammengestellt, doch Gelegenheiten zum Tragen des adretten Fummels sind rar gesät. Stattdessen bleibt er die meiste Zeit im Dunkel des Kleiderschranks und setzt Staub an.
Weil das schade ist, habe ich mich dazu entschlossen, eine Schaufensterpuppe anzuschaffen, um wenigstens einen Teil meiner ottonischen (wikingerzeitlichen) Ausstattung damit permanent in meinem Arbeitszimmer sichtbar zu machen. So können sich die Augen jeden Tag aufs Neue daran erfreuen!


Kosten und Funktionen

Da ich mitunter ein Knauserer bin, habe ich nicht zu einem der teuren Modelle gegriffen, sondern wählte bei Amazon eines für relativ günstige 80 Euro aus (Versand inklusive).
Laut Verkäufer ist es möglich, diese Schaufensterpuppe problemlos mit 10 kg zu belasten. Für meine Zwecke ist das ausreichend, da ich der Puppe keine schweren Rüstungsteile und Waffen anziehe (die hängen alle an der Wand oder stehen im Regal); insgesamt wiegt meine unten abgebildete Ausstaffierung rund 6 kg (Schuhe, Ober- und Untertunika, Wollhose, leinerne 'Unterhose' Wadenwickel, Mütze, Halstuch, gefütterter Wollmantel, Gürtel, Lederbeutel, Messer mit Scheide, Fibeln).
Die Puppe kann Schuhe (keine hohen Stiefel) und lange Hosen tragen, da sie mittels Wadendorn (statt unpraktischem Fußdorn) an der mitgelieferten Bodenplatte aus Glas befestigt wurde. Kopf, Arme und Torso sind drehbar.




Blackfacing und andere Optimierungen

Verbesserungswürdig war an der Schaufensterpuppe die Haut, besonders aber das Gesicht. Ich stehe nicht so auf bunt, sondern bevorzuge eine neutrale 'Farbe' wie Schwarz oder Weiß. Zuerst wollte ich deshalb die Hände und den Kopf mit matt-schwarzem Acryllack besprühen. Doch halt, dachte ich mir (nachdem ich den Lack bereits bestellt hatte), schau dir vorher an, wie das Museen handhaben. Und siehe da, ich stieß auf Bilder einer Kleiderausstellung, bei der man über den Kopf und die Hände der Puppen so etwas ähnliches wie schwarze Damenstrumpfhosen gezogen hat. Genau das habe auch ich gemacht (ich verrate nicht, woher ich die Strumpfhosen habe!), denn der Vorteil ist hier neben der immensen Arbeitsersparnis gegenüber dem Lackieren vor allem, dass die Gesichtszüge weitestgehend verschwinden. Will heißen, der Kopf wirkt noch wesentlich abstrakter und der Betrachter konzentriert sich voll auf die Kleidung, anstatt sich von den Gesichtszügen ablenken zu lassen. Man könnte den Kopf natürlich auch ganz weglassen, aber dann ist es erstens nicht möglich, die Kopfbedeckung zu präsentieren und zweitens hätte ich den Hals absägen müssen, weil der hier ohne Kopf viel zu lange ist und das einfach nicht besonders gut aussieht.
Mit 1,85m ist die Schaufensterpuppe ungefähr groß wie ich, sodass ihre meine Kleidung gut passt. Einige Körperpartien habe ich allerdings mit Papier und Plastik ausgepolstert (nachdem ich die Fotos angefertigt habe); beispielsweise waren Arme und Schultern zu schmal bzw. zu dünn im Vergleich mit meinem adonisartigen Körper. Im Nachhinein muss ich allerdings sagen, dass ich mir das hätte schenken können, da der Mantel ohnehin fast alles verbirgt.



Star Trek Uniform
Ja, und wenn einem das präsentierte Kleidungsenseble irgendwann zu langweilig wird, dann wechselt man es einfach aus. Z.B. werde ich der Puppe im Sommer passenderweise die warme wollene Überbekleidung ausziehen, denn sie trägt ja darunter auch noch Hose und Tunika aus Leinen. Davon abgesehen, kann man freilich auch einen noch viel radikaleren Kleidungswechsel vollziehen 😉

Witzig ist übrigens, dass sich mehrere Leute beim Betreten des Raums vor der Puppe erschrocken haben. Es kommt aber noch besser, denn sogar mir selbst ist es zweimal so ergangen, obwohl ich doch wusste, dass da eigentlich kein echter Mensch in der Ecke steht. 😄 
Mittlerweile habe ich mich freilich an den Anblick gewöhnt und ich überlege mir sogar, weitere Schaufensterpuppen zu kaufen, um darauf z.B. mein Römer-Zeug auszustellen; außerdem eine Schneiderpuppe nur fürs Kettenhemd, das derzeit noch an einer Wand hängt. Ich müsste für all das nur etwas Platz schaffen. Jedoch könnte das darauf hinauslaufen, dass es hier irgendwann aussehen wird wie im chinesischen Kaiser-Mausoleum mit seiner Terrakotta-Armee...

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Weiterführende Informationen: 

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6 Kommentare:

  1. Das ist eine gute Idee und teuer ist so eine Puppe auch nicht. Hätte dabei mit höheren Kosten gerechnet, ehrlilch gesagt.

    Ich besitze eine alte amerikanische Polizeiuniform meines Großonkels, mit der man das auch machen könnte. Ist ja ein historisch interessantes Stück, weil er die Uniform getragen hat, als Kennedy erschossen worden ist, auch wenn er nicht direkt Augenzeuge war.

    Qapla! :-)

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    1. Ja, warum auch nicht? Wobei ich eventuell darauf achten würde, dass die Uniform nicht direkt von der Sonne angestrahlt werden kann, damit sie nicht ausbleicht. Das habe ich sogar mit meiner Mittelalterausstattung so gehandhabt, die nicht einmal historische irgendwie wertvoll ist.

      Und Zufälle gibts: Ein Verwandter meinerseits war nämlich auch Polizist in Dallas, als JFK ermordet wurde. Ich besitze von ihm eine Anstecknadel mit Kennedys Gesicht darauf, die von Polizisten damals getragen wurde.

      Qapla!

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  2. Ich sehe, du bist Star Wars Fan ;D

    Liebe Grüße,
    Martina

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    1. Ja, und mein Lieblingscharakter ist Captain Jean-Luke Skywalker ;)

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  3. Das mit der übergezogenen Strumpfhose ist eine wirklich gute Idee. Bei dem gruseligen Blick der Kleiderpuppe würde ich mich nicht wohl fühlen :-)
    Sehr schick auch die DS9/VOY-Uniform. Hast due die schon länger oder gibt es so etwas heute noch zu kaufen?

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    1. Die Uniform ist habe ich mir vor rund 20 Jahren von einer Schneiderin maßanfertigen lassen.

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