Mittwoch, 22. August 2012

Brot und Spiele? Nicht ganz.

Bernd das Brot, Erfurt
(Foto: Steffen Prößdorf / Wikimedia.org)
Um den Satz "Brot und Spiele" ranken sich einige Legenden und Fehleinschätzungen. Die größte ist zweifellos, dass der stadtrömische Bürger den Tag im Circus vertrödeln konnte, da ja der Staat für seine Ernährung sorgte. Aber der Reihe nach:

Erstens entstand die Formulierung "Brot und Spiele" ("panem et circenses", Juvenal) erst relativ spät, nämlich im späten 1. oder frühen 2. Jahrhundert nach Christus.
Zweitens gab es erst unter Kaiser Aurelian (Ende des 3. Jh.) tatsächlich Brot (panem). In den Jahrhunderten davor wurde Getreide ausgegeben (frumentationes)
Drittens reichte das ausgegebene Getreide (später das Brot) keinesfalls aus, um sich auf die faule Haut legen zu können. Frauen, Kinder, Ausländer und Sklaven (also die Nichtbürger) hatten keinen Anspruch auf eine eigene Ration. Ein männlicher Römer erhielt pro Monat lediglich 5 Scheffel Korn, was umgerechnet einem Nährwert von ca. 3000-4000 Kalorien pro Tag entspricht. Viel zu wenig, um davon eine ganze Familie zu ernähren.

Ab Kaiser Augustus († 14 n. Chr) waren für die nächsten Jahrhunderte immer ca. 200 000 Menschen in Rom berechtigt, Getreide auf Staatskosten zu beziehen. Sie mussten dazu aber erst einmal persönlich bei der zuständigen Behörde vorstellig werden, um auf die betreffende Liste gesetzt zu werden und eine Getreidemarke (tesserae frumentariae) zu erhalten. Manch einem besser Gestellten, der als Bürger mit Wohnsitz in Rom durchaus berechtigt gewesen wäre, vom Staat Getreide zu erhalten (z.B. Senatoren oder Equites), dürfte diese öffentliche Prozedur aber zu entwürdigend gewesen sein.

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