Wohnstallhaus, Alamannenmuseum Vörstetten (Foto: Wikimedia.org) |
Im Singener Wochenblatt findet sich ein Artikel, in dem es um die Entdeckung eines rund 1400 Jahre alten, alamannischen Friedhofs in Hilzingen (Baden-Württemberg) geht. 14 Gräber mit 17 Toten wurden freigelegt. Klick mich
Nach Aussage der verantwortlichen Archäologen, wurden aus einigen der Gräber bereits relativ kurze Zeit nach der Bestattung die wertvolleren Grabbeigaben entnommen (ich schreibe hier bewusst nicht von Grabraub, da der Begriff "Raub" hier gänzlich unpassend ist).
Folgendes möchte ich zu diesem Fund noch anmerken: Ob ein Grab bereits wenige Jahre nach der Bestattung geöffnet wurde, oder erst nach Jahrhunderten, kann man beispielsweise an der Verteilung der Knochen erkennen. Liegen diese wild durcheinander (z.B. das Fersenbein im Bereich des Kopfs), dann weiß man, dass die Leiche zum Zeitpunkt als das Grab durchwühlt wurde, bis auf das Skelett nahezu völlig vermodert war.
Fand die Entnahme der Wertgegenstände allerdings zu einem Zeitpunkt statt, als sich die Leiche noch im Sehnenverband befand (der sich normalerweise nach 5-10 Jahren auflöst), dann ist das Durcheinander bei den Knochen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sehr ausgeprägt;
Wurde der Boden des Friedhofs bzw. des Gräberfelds wahllos mit einer Eisenstange sondiert (Spuren so eines Vorgehens können archäologisch festgestellt werden), dann deutet dies darauf hin, dass die einzelnen Gräber an der Oberfläche nicht mehr erkennbar waren und demnach bereits eine geraume Zeit zwischen der Bestattung und der Öffnung des Grabs verstrichen ist.
Man glaubt heute, dass viele der Graböffnugen gar nicht heimlich, sondern systematisch und am Tage stattfanden; und zwar mehr oder weniger durch die ansässigen Bevölkerung.
Doch was waren die Motive? Natürlich vor allem der Wunsch sich zu bereichern. Auffällig ist aber, dass man häufig Schmuckgegenstände mit christlichen Motiven in den Gräbern zurückließ. Es gibt deshalb die Theorie, dass die im 7. Jh. verstärkt christianisierte, alamannische Bevölkerung, sich einfach weniger genierte, die heidnischen Vorfahren auszunehmen, da die ja ohnehin in der Hölle schmorten ;) Nur bei den Rechtgläubigen hielt man in seiner Gier ein wenig inne.
Bei etlichen Gräbern dürfte die Öffnung und die Entnahme von Beigaben, sogar durch die eigene Familie erfolgt sein. Und zwar dann, wenn beispielsweise in einem Steinplattengrab eine Nachbestattung stattfand. Kurz gesagt: Andere Zeiten, andere Sitten.
Der Sprachgebrauch orientiert sich eben nicht immer an den juristischen Feinheiten. Und je nach Befundlage ist der Begriff "Raub" schon angebracht: ohne "Gewalt" ist so ein Grab nicht zu öffnen, und wenn danach die Knochen entsprechend durcheinander sind, kann man auch von einer Gefahr für den "Leib" sprechen ;-) Ich habe mal ein Grab gesehen, da lag der Schädel anschliessend zwischen den Knien...
AntwortenLöschenNa ja, es gibt ja auch noch den probateren Begriff "Störung der Totenruhe" - wiewohl der natürlich wiederum philosophische Fragen aufwirft...
LöschenBei Raub muss die Gewalt, bzw. ihre Androhung, schon im Zusammenhang mit einem lebenden Opfer stattfinden. Denn wenn man zwischen Toten und Lebenden nicht mehr unterscheidet, dann kommt so etwas dabei raus wie bei Papst Stephan VI., der sich nicht zu blöd dafür war, seinen toten Vorgänger auszugraben, um ihn dann vor Gericht zu stellen :D