Olivenbaum (Foto: Tbc / Wikimedia.org) |
Dass in England je Ölbäume (Olivenbäume) gediehen, Mittelalterliche Warmzeit hin oder her, habe ich ehrlich gesagt noch nirgendwo gelesen. Leider wird dieser Satz mit keiner konkreten Quelle belegt.
Freilich, das Klima in England war damals sehr mild, und theoretisch wäre es deshalb eventuell möglich, dass dort Olivenbäume wuchsen. Ein einziger, kalter Winter kann jedoch schon ausreichen, um den gesamten Bestand zu vernichten, da diese Bäume sehr frostempfindlich sind.
Interessant finde ich die Sache vor allem aus folgendem Grund: Im St. Galler Klosterplan (auch im 9. Jh. angefertigt) ist eine Ölpresse eingezeichnet. Darüber habe ich mich im Rahmen dieses Blogs schon schwer gewundert (Stichwort "Campus Galli"). Denn die bei uns wachsenden Ölpflanzen, wie etwa Mohn oder Flachs, wurden, soweit bekannt, erst Jahrhunderte später im größeren Maßstab in Ölmühlen verarbeitet. Außerdem eignet sich dieses Öl in mancherlei Hinsicht kaum für die typischen Anwendungsbereiche in Klöstern. Grundlage für Salböl war nämlich Olivenöl, das, anders als Mohn- oder Leinöl, nicht so leicht ranzig wird. Und auch für die großen, klösterlichen Radleuchter, soll Olivenöl als Brennstoff verwendet worden sein. Dieses Olivenöl wurde normalerweise für viel Geld aus Italien und Südfrankreich importiert. Aus all diesen Gründen machte eine Ölpresse (für Oliven) in einem frühmittelalterlichen Kloster nördlich der Alpen wenig Sinn.
Doch jetzt stellt sich eben die Frage, ob in St. Gallen - oder zumindest auf der Insel Reichenau, dem Ort an dem der Klosterplan entstand - damals Olivenbäume wuchsen, wie in England? Gab es im 9. Jh. dort irgendwo weitestgehend frostfreie Flächen, die sich für Olivenbaumpflanzungen eigneten - Stichwort Mikroklima?
Doch jetzt stellt sich eben die Frage, ob in St. Gallen - oder zumindest auf der Insel Reichenau, dem Ort an dem der Klosterplan entstand - damals Olivenbäume wuchsen, wie in England? Gab es im 9. Jh. dort irgendwo weitestgehend frostfreie Flächen, die sich für Olivenbaumpflanzungen eigneten - Stichwort Mikroklima?
Heutzutage werden Versuche unternommen, Olivenbäume auch in unseren Breiten anzusiedeln; Köln scheint bisher das nördlichste Gebiet zu sein, in dem dies mit besonders robusten Sorten im eher kleinen Maßstab und recht bescheidenem Ernteertag gelingt. Ob allerdings die modernen Züchtungen punkto Kälteresistenz mit jenen des Mittelalters überhaupt vergleichbar sind?
Nachtrag: Mehr zu diesem Thema siehe auch hier
Literatur:
Nachtrag: Mehr zu diesem Thema siehe auch hier
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Literatur:
- Eberhard Büssem | Arbeitsbuch Geschichte. Mittelalter. Repetitorium: 3. bis 16. Jahrhundert | UTB |
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- Konrad Hecht | Der St. Galler Klosterplan | Thorbecke Jan Verlag | Infos bei Amazon
Ich kann mir nicht vorstellen, dass in England jemals Olivenbäume in vernünftigem Umfang gediehen sind. Klar war das Klima mild, aber mindestens ein frostiger Winter in 20 Jahren dürfte auch damals vorgekommen sein. Selbst in Italien und Spanien erleiden Olivenbäume immer wieder mal massive Frostschäden.
AntwortenLöschenUnd noch zur Ölpresse in St. Gallen: Lein wurde seit dem Neolithikum in Mitteleuropa genutzt, Mohn ebenso, dazu kommen diverse Nüsse. Und (ausgehärtetes) Leinöl wurde bei einer Seeufersiedlung am Bodensee nachgewiesen, was die reine Nutzung als Faserpflanze widerlegt. Auch wenn man für den Klosterbetrieb noch Olivenöl importierte, ist eine kleinere Ölpresse für die diversen Ölpflanzen also gut vorstellbar.
Leinöl wurde auch als normaler Rostschutz verwendet. Und, etwas anspruchsvoller, zum Brünieren.
LöschenPunkto Anwendungsgebiete in Klöstern: Als Salböl würde es sich nicht eignen, da es viel zu schnell ranzig wird (unangenehmer Geruch).
Und als Brennstoff für Lampen? Sogar die Römer haben es dazu wohl teilweise genutzt. Allerdings ist es meiner Meinung nach recht problematisch, das aufs Frühmittelalter umzulegen. Die Quellen geben nichts her, was darauf schließen ließe, dass Leinöl in dieser Zeit im größeren Maßstab gewonnen wurde (bloß von Olivenöl ist die Rede). Und nur größere Mengen dürften Sinn machen, wenn man es als Brennstoff für die großen, klösterlichen Radleuchter verwenden wollte.
Ein Anwendungsgebiet wird gerne vergessen: Pflanzenöl wurde auch viel in der Küche gebraucht, da an all den Fastentagen tierisches Fett tabu ist. Da ist Leinöl als qualitatv hochwertiges Speiseöl ja auch heute noch beliebt. Zudem muss es ja nicht gleich hektoliterweise genutzt worden sein, aber eine Ölpresse lohnt sich auf Dauer ja auch bei geringeren Mengen.
LöschenInwieweit speziell Leinöl damals als Nahrungsmittel Anwendung fand, vermag ich nicht zu sagen. Lagern lässt es sich jedenfalls nicht sehr lange, da es kaum haltbar ist. Man müsste es demnach immer nur anlassbezogen hergestellt haben. Ob sich das auszahlt? Vielleicht.
LöschenIch könnte mir schon vorstellen, dass es möglich wäre - besonders in Gegenden, in denen auch Wein angebaut werden kann, Stichwort Oberrheingraben.
AntwortenLöschenWenn es dort im Mittelalter noch wärmer war als heute, dann kann es auch frostfrei gewesen sein.
Auf einer Insel ist das Klima in der Regel milder als auf dem Lande, vielleicht hat das auch eine Bedeuting.
Es wäre interessant.
Wenn man bedenkt, dass in bestimmten Gegenden Englands sogar Palmen in freier Natur die Winter überstehen...
LöschenEbenso in Wiesbaden!
LöschenAlso von meinem Besuch auf der Reichenau kann ich mich erinnern, dass das dort eine Art Mini-Paradies für Pflanzen war. Und Wikipedia bestätigt mir gerade: "Durch die temperaturausgleichende Wirkung des Bodensees, die positiven Auswirkungen des Alpenföhns und die daraus resultierende hohe Zahl an Sonnentagen ist das Klima auf Reichenau besonders mild."
AntwortenLöschenMöglich ist es also durchaus. Und auch die Britischen Inseln sind ja dafür bekannt, dass es zwar viel regnet, aber ansonsten recht mild ist (liegt ja auch im Golfstrom-Gebiet). Mit viel Glück halten sich dort auch ein paar robuste Ölbäume, wenn auch die Ernte nicht grandios gewesen sein wird.
Ja, dass das Klima dort besonders günstig ist, habe ich auch schon irgendwo mal gelesen (oder gehört). Die Klostergründer haben sich demnach den Platz sehr sorgfältig ausgesucht.
LöschenAuch die teils eher südländischen Pflanzen, die in den Capitulare de villis aufgelistet werden, und die für Gebiete nördlich der Alpen eigentlich seltsam anmuten (z.B. Feigen), erscheinen so in einem ganz anderen Licht.
Es gibt neuerdings einige Klimaforscher, die der Meinung sind, dass man die Durchschnittstemperatur der mittelalterlichen Warmzeit bisher sogar noch als zu niedrig eingeschätzt hat (Was Wikipedia zur mittelalterlichen Warmzeit schreibt, ist leider größtenteils Schrott. Allerdings wurden deren Berichte zur Klimaforschung ja auch über Jahre hinweg von einem an höchster Stelle sitzenden Admin frisiert, den man mittlerweile auch aus dem Verein hinauskomplimentiert hat).