Freitag, 8. November 2013

Der (Off-Topic?)-Freitagabend: Hiltibold im falschen Film(-Verzeichnis)


Irgendwie scheine ich in einem Verzeichnis der Filmwirtschaft gelandet zu sein. Innerhalb von acht Wochen bekam ich drei E-Mails von diversen Agenturen, in denen angefragt wurde, ob ich denn nicht den einen oder anderen redaktionellen Beitrag zu im Mittelalter bzw. der Renaissance angesiedelten Filmen bzw. Serien verfassen möchte. 
Nein, dazu habe ich natürlich absolut keine Lust. Schon gar nicht, wenn es dabei - wie zuletzt - um die ZDF-Verfilmung eines Romans von Iny Lorentz geht. Diese Art von teils pseudo-feministischer Unterhaltungsliteratur weckt weder in gedruckter Form, noch in Gestalt eines "Online-Screenings", mein Interesse. 
Mich außerdem um eine fachliche Einschätzung der filmischen Umsetzung - genauer gesagt, deren Authentizität - zu bitten, dürfte wenig zielführend sein. Denn 1. ist das Spätmittelalter, in dem die zuletzt angefragte Verfilmung angesiedelt ist, nicht "meine" Zeit (ich könnte da bestenfalls besonders groben Unfug erkennen) und 2. erscheint es mir überaus sinnlos, Fehler, etwa bezüglich der Kostümierung, zu benennen, wenn die Schmonzette doch längst fertiggedreht ist...
Allerdings - und das las ich bei Marcus Junkelmann - ist genau dies die übliche Vorgehensweise der Filmleute. Legendär ist in diesem Zusammenhang die berühmte Ben-Hur-Verfilmung aus dem Jahr 1959. Nachdem(!) die Kulisse mit immensem Aufwand errichtet worden war, führte man eine wissenschaftliche "Beraterin" stolz über das Set und fragte sie, wie man noch Verbesserungen hinzufügen könne. Ihre beredte Antwort lautete, man müsste alles verbrennen...

Weitere Beiträge zu diesem Thema:
Der (halbe) Off-Topic-Freitagabend: Werbeagenturen und der Ölpreis
Der Off-Topic-Freitagabend: Past Imperfect und kuriose Mobilitätsratschläge


21 Kommentare:

  1. Wo Iny Lorentz draufsteht, sind Schmalz und Anachronismen drin.
    Moderne Charaktäre werden in pseudomittelalterlicher Kulisse platziert und als historisch bezeichnet. Das würde ich mir auch nicht ansehen.
    Ich glaube, dagegen ist selbst Ironclad noch ganz brauchbar.
    ;-)



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    1. Man kann getrost davon ausgehen, dass man sich punkto Ausstattung auf Mittelaltermarkt-Niveau bewegen wird. Siehe die im Netz kursierenden Bilder dieser Produktion.
      Das Übliche also.

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    2. Iny Lorentz ist bzw. sind ein "Phänomen". Ich glaube bei dieser Charakterisierung sollte man es belassen ;-)
      PS: Du meinst die "Die Pilgerin"?

      Liebe Grüße,

      Britta

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    3. Könnte gut sein, dass diese Verfilmung gemeint war ;)

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  2. Als abschreckendes Beispiel hier zwei Artikel:
    http://www.thecrimson.com/article/2008/3/3/ovid-meets-hollywood-classicist-john-k/
    http://www.thecrimson.com/article/2001/2/28/latin-professor-who-consulted-on-pwhen/

    Kathleen Coleman hat über ihre Erfahrungen bei "Gladiator" auch selbst einen Artikel geschrieben, der in einem Essayband veröffentlicht wurde, aber nicht online ist.

    - Exilwikingerin -

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    1. Interessante Artikel, unter anderem steht da: Coleman told the studio not to list her in the credits.

      Ich würde mich für diesen Film als wissenschaftlicher Berater ehrlich gesagt auch schämen.

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    2. Man sollte das wohl nur machen, wenn man das Geld wirklich dringend braucht, und sich entweder Anonymität zusichern lassen oder die Möglichkeit offenhalten, hinterher ein Buch über seine Erlebnisse zu schreiben. Oder über die Dreharbeiten zu bloggen, aber ich glaube, wenn man das macht, ist man den Beraterjob gleich wieder los.

      - Exilwikingerin -

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  3. Also ich würd mir nicht nehmen lassen, auf diesen Anlass hin einen Artikel dazu zu schreiben, der alles ausdrückt, was ich drüber denke ^^ Ist natürlich die Frage, ob sie das dann auch veröffentlichen wollen ^^

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    1. Mich wundert eh, dass man mich zuletzt überhaupt angeschrieben hat. Denn wie ich über diese Filme denke, haben die doch sicher beim Lesen/Überfliegen des erst kurz davor veröffentlichten Ironclad-Beitrags mitbekommen (hoffe ich zumindest).
      Aber vielleicht stehen die ja auf SM und wollten sich von mir Tiernamen und ähnliches geben lassen ;)

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    2. Die haben wahrscheinlich einen Praktikanten beauftragt, mal Leute aus dem Internet rauszusuchen, die was übers Mittelalter wissen. Vermutlich wurden außer Dir noch andere angeschrieben.

      - Exilwikingerin, anonym bleibend -

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    3. Es gibt doch sicher genug "gefälligere" Autoren, die gerne einen Beitrag nach Wunsch verfassen? Warum will man sich Leute anheuern, wo es sicher schlechte Kritik gibt?

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    4. @Exilwikingerin: Das ist natürlich eine Möglichkeit. Auch wenn mich die zuletzt aufgetretene Häufigkeit dieser Anfragen schon ein wenig wundert.

      @Agi: Das ist in der Tat das Seltsame an der Sache. Denn es ist ja wirklich nicht so, dass es nicht genügend einschlägige Blogs gibt, die sich mit dem Mittelalter befassen.

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    5. Man sucht sich natürlich schon Blogs heraus, auf denen etwas los ist. Wenn, im Gegensatz zu diesem Blog, nur alle paar Wochen etwas gepostet wird, dann bringt schließlich auch ein redaktioneller Beitrag nicht viel, da man damit kaum jemanden erreicht. Wahrscheinlich sind die Macher der Meinung gewesen, dass ihre Film so gut ist, dass du ihm ein gutes Zeugnis ausstellen wirst ....
      Der Film wird aufgrund der bisher veröffentlichten Bilder, und das sind nicht viele, aber auch schon von den einschlägigen Kreisen kritisiert:
      http://www.tvtoday.de/tv_aktuell/neu_im_tv/zdf-zweiteiler-die-pilgerin-keine-alten-zoepfe,5705234,ApplicationArticle.html
      LG,
      Erwin


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    6. Danke für den Link.
      Einen dieser Kritiker, kenne ich sogar. Der wollte mir einmal anderenorts erklären, wie der Begriff "Authentizität" zu definieren sei :)

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    7. Ich hab da so eine Ahnung, wen du meinst :-) Ich kenn die Herrschaften alle (nicht persönlich, aber aus dem Netz) Ist aber obwohl oft missverstanden harmlos für Nicht-Deppen, der Gute ^^

      Apropos, finde interessant, was Erwin hier sagt. "Ein Blog wo was los ist". Du hast ja direkt schon einen gewissen Ruf und Ruhm im Netz erlangt. Ich nehme an, das hängt mit einem ganz bestimmten Thema zusammen :-)

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    8. Wahrscheinlich hängt es damit zusammen ;)
      Dabei war der/das Blog eigentlich als Ort geplant, in dem Kritik weitestgehend ausgespart wird. Aber irgendwie hat es sich dann doch anders ergeben...

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    9. "Der wollte mir einmal anderenorts erklären, wie der Begriff "Authentizität" zu definieren sei "
      So etwas ist wirklich der "Burner" schlechthin ;-)
      LG,
      Erwin

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    10. Falls es dich tröstet: Ich les auch deine anderen Artikel und find sie sehr gelungen, du hast irgendwie so eine Art, schwierige Dinge einfach zu erklären, so dass jeder es versteht :-)

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    11. @Agi: Danke :) Letztendlich schreibe bzw. formuliere ich die Beiträge in einer Art und Weise, wie ich sie auch selbst gerne lesen würde.

      @Erwin: So ist es ;)

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  4. @Erwin: Er führt die Diskusion öfter mit allen möglichen Leuten, es geht darum, das authentisch ja glaubwürdig bedeutet und man meint doch in der ewigen A-Debatte eigentlich historisch belegbar oder historisch korrekt usw usf

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  5. Wer immer das ist: es ist egal, was "authentisch" in der Umgangssprache bedeutet. Eine Fachsprache definiert ihre Begriffe selbst, ob das jetzt die Fachsprache der Atomphysik, des Fußballs oder des Reenactment ist. "Einwurf" heißt im Fußball auch was anderes als in der Umgangssprache, und unter "Kern" versteht der Nuklearphysiker auch nicht die kleinen braunen Dinger, die innen im Apfel drin sind. Ebenso können Reenactors ihre Fachsprache definieren, neue Begriffe erfinden ("Burgbelebung") oder bestehende Begriffe auf bestimmte Weise verwenden("Gewandung", "Veranstaltung" im Sinne von Museumsfest, MA-Markt etc.). Die fachliche Community hat nun mal auf eine bestimmte Bedeutung von "authentisch" entschieden. Da mag ein gewisser Spielraum sein, aber in der Grundzügen dürfte Übereinstimmung herrschen.

    - Exilwikingerin, die linguistische Ausbildung erinnernd -

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