Freitag, 21. November 2014

Krimskrams am Freitag: Wunderlicher Campus Galli, Prozesshansel Wikimedia Foundation und Schafe als Waffe

Ein Quell regelmäßiger Verwunderung

Beim Campus Galli  - (jaja, ich weiß: Video) - baut man eine angeblich temporäre frühmittelalterliche Holzkirche und stellt diese zur allgemeinen Verwunderung nicht nur auf wuchtige Mörtelfundamente - nein, man zieht in eben diese Fundamente auch noch moderne Stahlarmierungen ein.
Der Finanzberater des Projekts rechtfertigte nun diese wenig historische Bauweise mit nicht näher erläuterten Vorschriften, die angeblich irgendwie mit der Statik des Gebäudes in Zusammenhang stehen sollen. Hielte man sich nicht daran, dürften Besucher das Gebäude "in aller Zukunft"  nicht betreten.
Das ist aus folgenden zwei Gründen interessant: 1. Die kleine Holzkirche sollte ursprünglich bereits nach wenigen Jahren an gleicher Stelle durch eine deutlich größere Steinkirche ersetzt werden. Eine Begehbarkeit des "Übergangsbaus" für "alle Zukunft" wäre daher gar nicht nötig - es sei denn, man glaubt insgeheim selbst nicht mehr so ganz an die Errichtung der Steinkirche... 2. Die mit dem Campus Galli vergleichbaren frühmittelalterlichen Gebäuderekonstruktionen des Freilichtmuseums Bajuwarenhof Kirchheim sollen - wie die Anfrage eines Lesers ergab - auch Jahre nach der Errichtung ohne weiteres begehbar sein, obwohl sie laut Auskunft nicht einmal auf einem massiven Mörtelfundament ruhen, geschweige denn Stahlarmierungen besitzen. Die Betreiber verwiesen stattdessen darauf, dass eventuelle Restrisiken die Haftpflichtversicherung deckt.
Aber gehen wir einmal davon aus, für die baden-württembergischen Bauvorschriften und deren Auslegung zeichnen tatsächlich lauter vernagelte Korinthenkacker pingelige Beamte verantwortlich. Wieso wählte Bert M. Geurten, der Initiator des Campus Galli, dann ausgerechnet dieses deutsche Bundesland für sein Vorhaben aus? War das eine Entscheidung mit Weitblick?
Klar ist jedenfalls: Wer neue und alte Arbeitsmethoden bzw. Materialien wild durcheinandermischt, der kann schwerlich guten Gewissens von diesem Projekt behaupten: "Es geht darum [...] auszuprobieren und  zu zeigen, wie solche komplexen Bauvorhaben mit einfachsten Mitteln im Mittelalter realisiert wurden." (Quelle: Campus Galli)
Moderne Stahlarmierungen sind gewiss keine "einfachsten Mittel" des Mittelalters. Wer so baut, betreibt keine Experimentelle Archäologie, sondern errichtet eine zweitklassige Kulisse. Wieso hören die Verantwortlichen also nicht endlich damit auf, aus Marketinggründen potentiellen Besuchern Märchen zu erzählen? Ist es dermaßen schwierig, die Unzulänglichkeiten der Rekonstruktionen - egal ob hausgemacht oder "fremdverschuldet" -  unmissverständlich bzw. wahrheitsgetreu zu kommunizieren?

Brisant ist auch, dass die Gaststätte des Campus Galli aus hygienischen Gründen bereits ein Jahr nach ihrer Eröffnung wieder dicht gemacht werden muss. Auf einen gastronomischen Betrieb werden die Projektbetreiber allerdings kaum verzichten können, da dieser wichtige Einnahmen generiert.
Es ist anzumerken, dass Herrn Geurten schon vor langer Zeit der Rat gegeben wurde, die Besuchergastronomie baulich klar vom Rest der Mittelalter-Baustelle zu trennen. Stattdessen setzte er auf die nun gescheiterte "Erlebnisgastronomie".
Doch wer wird die allfälligen Mehrkosten für Neu- bzw. Umbauten - oder vielleicht die Anschaffung eines Imbisswagens(?) - tragen? Der bereits jetzt tief in den roten Zahlen steckende Campus Galli? Oder vielleicht doch wieder der Steuerzahler?
Und wie lange darf der für all die teuren Fehleinschätzungen und Malversationen verantwortliche Bert M. Geurten noch an seinem Sessel kleben und beim Campus Galli die Rolle des Vereinsvorsitzenden spielen? Werden hier der Öffentlichkeit Vertragsklauseln verheimlicht, die eine Entfernung dieses Mannes verhindern?
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Prozesshansel Wikimedia Foundation

Die Weihnachtszeit steht quasi vor der Tür, und somit dürfen wir uns beim "Ansurfen" von Wikipedia vielleicht bald wieder über mehr oder weniger zudringliche Spendenaufrufe freuen. Was passiert jedoch mit den eingesammelten Geldern genau? Nun, man führt z.B. einen sinnfreien Prozess wegen angeblichen Verletzungen von Markenrechten und verliert diesen auch noch mit Getöse. Die wahren Beweggründe für diese Klage könnten überdies moralisch höchst fragwürdig sein: Klick mich
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Schafe als Waffe

Gelegentlich schaue ich in der Blogsoftware nach, über welche Suchbegriffe die Leute auf mein Blog kommen. Darunter befinden sich immer wieder recht lustige Beispiele. Vorige Woche etwa, stöberte jemand bei Google nach "Schafe als Waffe im Mittelalter"  :)
Zuerst dachte ich mir freilich: Wtf!?  Wie kann man ein Schaf als Waffe benutzen?
Allerdings hatte ich bereits im nächsten Moment den "Geistesblitz", dass es hier um das Verschießen von Tierkadavern mit Katapulten gehen könnte. Und tatsächlich, gibt man bei Google obige Suchanfrage ein, dann werden einige Einträge ausgespuckt, die in diese Richtung weisen.
Ich habe zwar nie etwas zu diesem speziellen Thema geschrieben, jedoch zur Schafzucht und natürlich dem Mittelalter. Irgendwie hat dann Google aus diesen völlig unterschiedlichen Beiträgen einen Treffer zusammengestoppelt...


9 Kommentare:

  1. Nicht nur der Bajuwarenhof Kirchheim und das Museumsdorf Düppel (bei Berlin) kommen ohne stahlarmierte Mauerfundamente aus, sondern auch die wie der CG im schönen Baden-Württemberg gelegene keltische Siedlung Heuneburg. Ich war allerdings noch nicht da, weiß also nicht, ob man in die Häuser rein darf.
    Auch die Gebäude im neu erstellten karolingischen (!!!) Freilichtmuseum Lauresham (Lorsch / Hessen) sind offensichtlich begehbar, wie das YouTube-Video zeigt:
    http://www.youtube.com/watch?v=oR6P1TtZJO4

    - Exilwikingerin -

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  2. Ich dachte zu Anfangs, genau solche Themen sind dann ein Fall für den Wissenschaftlichen Beirat. Von diesem Beirat hat man bisher noch nichts gehört! Ach ja bis auf den Vorschlag, am CG eine Bushaltestelle zu errichten....

    Ansonsten: Ohne Worte !

    LG,
    Cassandra

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    1. Wenn die Beiräte nur sporadisch oder auch gar nicht um ihre Meinung zu einer konkreten Fragen bzw. Problemstellungen gebeten werden, dann ist es wenig verwunderlich, dass aus der Ecke wenig zu hören ist. Da muss man sich nur einmal mit einem der zahlreichen Ex-Beiräte unterhalten...

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  3. Ja, auch in die Häuser der Heuneburg kann man hineingehen, sie sind sogar belebbar, also voll benutzbar.

    Angesichts der Tatsache, dass das ganze erste Jahr noch nicht mal eine Baugenehmigung der Holzkirche vorlag, weil man sich dazu wohl erst nach Projektbeginn Gedanken gemacht hat, frag ich mich: Was ist hier eigentlich überhaupt passiert in der Vorlaufphase?

    "Ist es überhaupt möglich, historisch zu bauen und diese Bauten auch Besuchern zugänglich zu machen?" Das ist doch die allererste Frage, die ich mir stelle, wenn ich nur über so ein Projekt nachdenke! Ein Projekt bitteschön, dessen Produkt, USP und großes Aushängeschild und überhaupt das HISTORISCHE BAUEN ist??? Und jetzt scheitert man schon am ersten richtigen Gebäude, das überhaupt gebaut wird. Und da kommt man nach 2 Jahren Bautätigkeit und hunderttausenden verjubelten EUR des Steuerzahlers drauf.
    Ja sag mal, wie soll das denn dann bitte weitergehn bei einer Kathedrale samt zugehörige Wirtschaftsgebäude aller Art? Wenn das so nicht geht, dann ist doch das Projekt komplett gescheitert oder nicht?

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    1. Was ist hier eigentlich überhaupt passiert in der Vorlaufphase?

      In dieser Phase scheint nur eine der involvierten Personen seine Hausaufgaben sorgfältig gemacht zu haben: Andreas Sturm. Von seinem Recherchematerial zehren Geurten und Konsorten wohl heute noch.
      Der ebenfalls früh dazu gestoßene Haus- und Hofhistoriker des Projekts, dürfte hingegen nach allen bisherigen Erfahrungen zum Krenreiben sein. Aber er war günstig zu haben und daher Geurtens Mann.

      Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Projekt sicher gescheitert, schließlich war "Bauen wie im Mittelalter" das Alleinstellungsmerkmal schlechthin. Und jetzt erreichen sie hier nicht einmal das Niveau anderer Freilichtmuseen.

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  4. wegen der schlechten statik, die mittelalterliche baumethoden angeblich grundsätzlich mit sich bringen, muss stahl im fundament mitverbaut werden? wieso ist dann aber das ganze land mit mittelalterlichen kirchen übersät, die seit vielen jahrhunderten ganz ohne diese bewehrungen bombenfest stehen, während moderne stahlbetonkonstruktionen oft schon viel früher sanierungsbedürftig sind?
    in wirklichkeit fehlt es dem cg doch nur an echten spezialisten, die das professionell durchziehen.
    die sollten sich außerdem lieber sorgen um die haltbarkeit des daches machen, denn wenn der bau nicht regelmäßig mit offenen feuern beheizt wird und der wald in der umgebung auch noch für ein feuchtes mikroklima sorgt, dann schimmelt es ihnen in null komm nichts zusammen. die unauthentischen fundamente waren dann völlig umsonst.
    aber das wissen die sicher schon alles ;-) chris

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    1. Genau, die mittelalterlichen Baumeister und Handwerker waren Profis. Die hatten ihr Handwerk gelernt. Die Baustellen wurden von erfahrenen Baumeistern geleitet. Auf dem CG dagegen werkeln wohlmeinende Amateure vor sich hin, ohne vorher besonders recherchiert zu haben, wie es scheint. Es gibt ja angeblich eine Architektin, aber die scheint sich nicht so viel blicken zu lassen, denn die für sie vorgesehene Tunika wurde ja bekanntlich auf den Festveranstaltungen von dem jonglierenden Kind übernommen.

      Jetzt steht erst mal ein Teil des Holzrahmens der Kirche da rum, und vielleicht baut im Winter jemand weiter daran. Ich habe hier noch ein paar Fotos auf diesem Blog eines offensichtlichen CG-Fans gefunden:
      https://bodenseenotizen.wordpress.com/tag/campus-galli/

      Ein eichenes Fachwerk kann man übrigens auch mal längere Zeit so rumstehen lassen, dem macht Wind und Wetter nicht viel aus. Das war z.B. beim Nachbau des Globe Theatre in London genauso, da standen 2 Seiten Fachwerk da, bis das Geld für den Rest beisammen war. Ich wiederhole: das war Eiche. Ich weiß nicht, was die beim CG so an Holz verwenden.

      - Exilwikingerin -

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    2. So ein Holzrahmen kann in der Tat ruhig in freier Natur herumstehen. Wenn das durch Tau und Regen feucht gewordene Material aber nicht immer wieder trocknen kann, etwa aufgrund des Schattenwurfs naher Bäume, dann wirkt sich das sehr nachteilig auf die Lebensdauer aus. Das gilt übrigens auch für die bei einigen Gebäuden/Unterständen verbauten Dachschindeln. Diese werden aufgrund ihrer Lage im Schatten nicht einmal annähernd 20 Jahre halten. Es hat eben seine Gründe, warum Siedlungen im Mittelalter auf großen gerodeten Freiflächen errichtet wurden und nicht mitten im tendenziell eher feuchten Wald, wie es beim Campus Galli der Fall ist.

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    3. Das Oktogon der Pfalzkapelle in Aaachen, das nach Ansicht der meisten Öeute (mit Ausnahme von Heribert Illig und Konsorten) karolingisch ist, wurde ja unter Verwendung des karolingischen Mörtels gebaut, dessen Rekonstruktion uns vom CG als das Nonplusultra der Living History aufs Butterbrot, will sagen die Kalksteinbrocken, geschmiert wird. Und das Oktogon steht jetzt auch schon seit 1200 Jahren. Ohne Stahl. Aber mit sorgfältig behauenen Steinen, da gibt's dann auch keine Probleme mit der Statik. Irgendwie habe ich manchmal das Gefühl, daß der Steinsockel hauptsächlich der Verwendung des besagten karolingischen Mörtels wegen existiert. Die Behauptung, es sei wegen Sicherheitsbedenken, kennen wir ja schon von der ahistorischen stählernen Wagenachse.
      Nun ja, eigentlich sollte jetzt ja schon der gesamte Holzrahmen fertig sein, siehe
      http://www.gea.de/nachrichten/politik/campus+galli++eigentlich+ganz+schoen+cool+hier.3832811.htm
      »Und bis Ende dieser Saison steht der Holz-Rohbau der Kirche.«


      - Exilwikingerin -

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