Wie kaum eine andere Hinterlassenschaft Roms verkündet das weit ausgreifendes Straßennetz von der einstigen Größe des Imperiums. An unzähligen Orten in Europa, Nordafrika und dem Vorderen Orient stößt man auch heute noch auf diese Zeugnisse antiker Ingenieurskunst, die geschickt den jeweiligen Anforderungen und topographischen Besonderheiten angepasst wurden. Das führt freilich dazu, dass römische Straßen in der Realität oft nicht unseren Vorstellungen entsprechen. Keineswegs besteht die Fahrbahnoberfläche immer aus einer sorgfältigen Pflasterung; weitaus häufiger ist nämlich eine festgestampfte Kiesdecke anzutreffen; und in Wüstengegenden hat man es nicht selten mit einfachen Pisten zu tun, die von Geröll befreit wurden. Wer hätte außerdem gedacht, dass es bereits lange Straßentunnel gab, in denen zwecks Beleuchtung unzählige Fackeln brannten?
Diese und viele weitere Details werden in Lebensadern des Imperiums - Straßen im Römischen Reich (Theiss, 2010) von der Archäologin Margot Klee erläutert. Neben den technischen und Handwerklichen Aspekten finden auch die Verwaltung, die Finanzierung und der alltägliche Betrieb auf den Straßen Beachtung: Wie sahen die Raststationen aus? Welche Personen durfte den staatlichen Transport- und Nachrichtendienst cursus publicus benutzen? Was stand auf den Meilensteinen geschrieben? Wie gebräuchlich waren Land- bzw. Straßenkarten? Welche Wagenarten wurden verwendet (z.B. Schwerlasttransporter mit 6 Achsen, um damit bis zu 200 Tonnen schwere Säulen zu transportieren!)? Gab es Wegweiser? Usw. usf.
Das Buch enthält viele schöne Fotografien und Grafiken, die den Text auflockern. Und das ist auch dringend notwendig, denn der Schreibstil der Autorin ist staubtrocken. Vor allem ihre relativ langen, lustlosen Beschreibungen von Straßenverläufen brachten mich immer wieder dazu, leicht genervt ganze Absätze zu überspringen. Das bloße Einbinden einer schlichten Landkarte hätte in vielen Fällen ausgereicht. Überhaupt habe ich den Eindruck gewonnen, dass der Text teilweise unnötig aufgeblasen wurde. Z.B. wäre es dem Lesevergnügen sicher nicht abträglich gewesen, wenn man etliche der Quellenangabe in Fuß- oder Endnoten ausgelagert hätte. In Summe hat mich das alles dermaßen gestört, dass ich versucht war 'nur' drei Punkte zu vergeben. Da eine solche Bewertung allerdings dem durchaus hohen Informationsgehalt des Buches nicht gerecht wird, habe ich darauf verzichtet (Anmerkungen: In der Regel bespreche ich hier nur mehr Bücher mit einer Bewertung von 4 oder 5 Punkten).
FAZIT: In Lebensadern des Imperiums - Straßen im Römischen Reich wird ein wichtiger Aspekt der römischen Antike in all seinen Facetten sehr ausführlich behandelt. Der Schreibstil der Autorin ist mitunter allerdings ein wenig ermüdend. Das geht definitiv besser, wie z.B. Karl-Wilhelm Weeber in seinen unzähligen Publikationen zeigt. Andererseits sind 20 Euro Kaufpreis für dieses großformatige, schön illustrierte Buch recht günstig.
Inhaltsverzeichnis (gekürzt)
- Straßen schreiben Geschichte!
- Verschiedene Straßen - unterschiedliches Recht
- Der römische Straßenbau
- Wegebau in schwierigem Gelände
- Meilen- und Leugensteine an römischen Straßen
- Straßen der Macht, Straßen der Pracht
- Alltäglicher Betrieb auf römischen Straßen
- Wie fand man den richtigen Weg
- Das Straßennetz in der römischen Welt
- Epilog: Schreiben Straßen Geschichte
- Glossar
- Weiterführende Literatur
- Register
- Bildnachweis
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Weiterführende Informationen:
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