Dienstag, 5. Juni 2018

Videos: Legendäre Phantomzeit-Doku des BR -- Streit um rekonstruierte Altstadt -- Öffentlich-rechtliche Kinderverblödung

 Phantomzeit-Theorie - 300 Jahre erfundenes Mittelalter | Spieldauer 16 Minuten | Youtube | Stream & Info
Auch wenn Heribert Illig mit der sogenannten "Phantomzeit" zweifellos auf dem völlig falschen Dampfer ist (auf einige Fehler habe ich hier schon einmal hingewiesen), so hat er mit seiner zur Theorie gehörenden Methodenkritik doch auch Positives bewegt. Und das behauptet jetzt nicht bloß der olle Hiltibold, sondern das hat auch schon manch honoriger Universitätsprofessor eingeräumt (Video).

Die obige, geradezu legendäre Dokumentation über Illigs Phantomzeit, die irgendwann in der zweiten Hälfte der 90er-Jahre für längere Zeit im Nachtprogramm ("Space Night") des Bayerischen Rundfunks lief, ist mir noch sehr gut in Erinnerung. Als Halbwüchsiger habe ich damals zwar einiges nicht so ganz verstanden, aber fasziniert hat mich die Idee, dass angeblich gut 300 Jahre des Mittelalters gar nicht existierten, trotzdem. Wesentlich interessanter war für mich aber, hier zum ersten Mal etwas über die modernen Datierungsmethoden der Archäologie zu erfahren. Und daran sieht man: Auch eine etwas verrückte Theorie kann, wenn man sie nicht arrogant beiseite schiebt, sondern sich stattdessen fair und ehrlich mit ihr auseinandersetzt, für Medienkonsumenten bildend sein.

Streit um rekonstruierte Frankfurter-Altstadt - Stahl, Beton, bodentiefe Fenster oder lieber Zuckergussfassade? | Spieldauer 7 Minuten | ARD | Stream & Info
Ein Kritiker dieser Teilrekonstruktion ist sich nicht zu dumm, mit dem Lieblingsargument des modernen Rabulisten hausieren zu gehen: Er pathologisiert Andersmeinende, indem er ihnen Angst unterstellt. Ja, richtig gelesen, wer auf Altes steht ist ein Hosenscheißer, der sich vor der Zukunft fürchtet. So ändern sich die Zeiten. Früher hätte man sich lediglich darauf beschränkt, einen angeblich schlechten Geschmack zu attestieren.

 Öffentlich-rechtliche Kinderverblödung: Der "Checker Julian" und sein Schwert-Check | Spieldauer 24 Minuten | ARD | Stream & Info
Diese Kindersendung ist dermaßen mit Bullshit Fehlern kontaminiert, dass einem die Haare zu Berge stehen. Gleich zu Beginn heißt es etwa völlig falsch, vor rund 400 Jahren seien Gewehre und Pistolen erfunden worden. Noch besser gefallen hat mir aber die Aussage, Schwerter im Frühmittelalter seien kurz gewesen, damit der "Ritter" es mit nur einer Hand führen konnte, ohne dabei das Gleichgewicht zu verlieren und umzufallen.
😂😂😂

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5 Kommentare:

  1. So falsch Illig und seine Kollegen auch mit seinem "erfundenen Mittelalter" liegt - denn diese Ansicht scheitert an fehlender Plausibilität, indem eine zu große, nicht mehr zweckgerichtete Verschwörung vorausgesetzt werden muss - so müssen doch seine und Heinsohns Überlegungen zur Chronologie der vorchristlichen Epochen der alten Kulturen davon unterschieden werden (vgl. die Titel "Wann lebten die Pharaonen?", "Die Sumerer gab es nicht", "Wer herrschte im Industal?"). In den letzteren Fällen geht es nicht um die Kritik an einer überlieferten, sondern wissenschaftlich konstruierten Chronologie, deren Haltlosigkeit zum Teil auch von der Fachwissenschaft eingeräumt wird (nämlich die Begründung mit mehrdeutigen oder falsch interpretierten astronomischen Nachrichten). Leider fehlt mir die Kompetenz, Heinsohns übrige Argumente im Einzelnen zu würdigen (abgesehen von seinen modernistischen Interpretationen, verbunden mit ärgerlichen Hieben auf die falschen Synchronisationen angeblicher Bibelfundamentalisten, die aber keine solchen sind, was ich als echter Bibelfundamentalist beurteilen kann). Dass dies von Seiten der Fachwissenschaft je geschehen wäre, ist mir nicht bekannt. Dabei scheint es, dass Heinsohn zumindest gute Fragen stellt. Dass der Vater der Geschichte, Herodot, für weiter zurückliegende Ereignisse im Lichte der Chronologie des alten Orients als bloßer Phantast zu gelten hat, mag man noch schlucken. Wie aber kann Xenophon als Zeitgenosse in seiner Anabasis Assyrien als reiche Provinz beschreiben, die ein ganzes Heer ernähren kann, während von den entsprechenden Städten in jener Epoche archäologisch gar nichts nachzuweisen ist (so Heinsohn, der anerkannte fachwissenschaftliche Literatur zitiert)? Usw. Sollten wirklich alle griechischen Autoren bloße Phantasten gewesen sein, oder stimmt etwas mit der (wissenschaftlich konstruierten) Chronologie nicht? Heinsohn (und Illig) argumentieren hier etwa entgegengesetzt zu ihrer Mittelalterkritik: Die historisch überlieferten Reiche wie das der Meder oder die persische Provinz Assyrien haben bestanden, deren archäologische Überreste liegen aber in einer Schicht, die von der Fachwelt als zu alt datiert wird. Folgt man Heinsohn (der vorgibt in dieser Sache belesen zu sein) liegen - rein stratigraphisch betrachtet - die Reste der Mittelassyrischen und altbabylonischen Epoche (konventionell 2. Jtsd. v. Chr.) überall direkt unter den hellenistischen Schichten! Für Heinsohn stellen sich die mittelassyrischen Herrscher als die Perserkönige in assyrischem Gewand, in ihrer reichsten Provinz Assyrien dar. Und die bisher unauffindbaren Meder mit ihrer unbekannten Hauptstadt Ekbatana sind die längst bekannten Mitanni mit ihrer schon ergrabenen Hauptstadt. Die Stratigraphie ist, wie es mir scheint, das stärkste Argument Heinsohns und daher wäre ich sehr daran interessiert, ob diese Prämisse wirklich stimmt, oder ob er hierbei Entscheidendes unterschlagen hat. Doch leider - wie gesagt - findet eine Auseinandersetzung und Widerlegung durch fachlich gebildete Altorientalisten nicht statt. Dabei denke ich keineswegs daran, jede von Heinsohn (bzw. Illig) vorgenommen Identifikation zu übernehmen; Heinsohns glaubenswidrige Postulate einer evolutiven Religionsgeschichte im biblischen Zusammenhang, womit er seine Thesen immer wieder zu untermauern versucht, sind selbstverständlich abzulehnen.
    Leser

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    1. Apropos Stratigraphie: Heinsohns Buch dazu soll auch recht interessant sein. Titel: Wie alt ist das Menschengeschlecht?
      Inwieweit er mit seinen Überlegungen darin richtig liegt, kann ich allerdings nicht beurteilen.

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    2. Dieses Buch Heinsohns kann weit eher als die vorgenannten Bücher von ihm empfohlen werden, da ihm nicht mehr der antichristliche Affekt zugrundeliegt. Ich beurteile ihn als Autor im Allgemeinen nach dem Motto "Auch ein blindes Huhn findet ab und an ein Korn". Unbedingt zu empfehlen ist zu dieser Thematik aber das wissenschaftliche Werk von Brandt: Wie alt ist die Menschheit?
      https://www.amazon.de/Wie-alt-Menschheit-Steinwerkzeuge-%C3%BCberraschenden/dp/3775144870
      Anders als Heinsohn prüft Brandt alle wesentlichen denkbaren Einwände von Seiten der herrschenden Lehre; seine Schlussfolgerungen sind dabei zurückhaltend, aber wissenschaftlich dafür unanfechtbar. Heinsohns Darstellung bestätigt und ergänzt Brandts für viele überraschende Ergebnisse.
      Leser

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  2. Dass die sich nicht schämen, so eine Ansammlung von Blödsinn Kindern vorzusetzen. Da lobe ich mir im Vergleich dazu die "Sendung mit der Maus´".

    Guinevere

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    1. Was kann man von einer Sendung die "Checker Julian" heißt auch anderes erwarten? :-)

      Der Wanderschmied

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